Commerzbank baut Partnerschaft mit Google aus

Nach Microsoft Azure vereinbart die Commerzbank auch mit Google eine strategische Cloud-Partnerschaft und forciert so ihre Multi-Cloud-Strategie. [...]

Für die Commerzbank brechen schwere Zeiten an. In einem zunehmend schwierigeren Marktumfeld steht ein radikaler IT-Umbau an (c) pixabay.com

Die Commerzbank AG und Google Cloud wollen ihre Zusammenarbeit ausbauen und eine fünfjährige strategische Partnerschaft eingehen. Mithilfe von Google Cloud werde die Commerzbank eine signifikante Anzahl ihrer Bankanwendungen in die Cloud ver­lagern, hieß es in einer Mitteilung. Beide Unternehmen sprechen von einer strategischen Partnerschaft für die digitale Transformation des Bankinstituts.

Commerzbank und Google arbeiten eigenen Angaben zufolge bereits seit 2017 gemeinsam an der Entwicklung einer umfassenden Strategie zur Transformation und Migration von Anwendungen in die Cloud. Ziel der Kooperation sei es, die digitale Transformation zu beschleunigen und neue innovative Lösungen für die Bankkunden zu entwickeln. Bis 2024 wollen die Commerzbank-Verantwortlichen 85 Prozent ihrer dezentralen Anwendungen in der Cloud betreiben.

Jörg Hessenmüller, Chief Operating Officer (COO) und Vorstandsmitglied der Commerzbank, kün­digte an, vor allem in Sachen Da­ten­ana­lysen und Machine Learning mit Google zusammenarbeiten zu wollen. „Google Cloud ist einer der Vorreiter in der Cloud-Technologie“, sagte Hessenmüller. „Deshalb ist Google Cloud auf unserem Weg in die Cloud ein wichtiger strategischer Partner.“

Der Bank geht es dem Commerzbank-COO zufolge vor allem um die Modernisierung der Infrastruktur. Im Rahmen des erweiterten Vertrags bietet Google Cloud dem Finanzinstitut Plattform-Services an. Entwickler könnten damit einen Continuous-Integration- und Continuous-De­livery-Ansatz (CI/CD) nutzen, der es ihnen ermöglicht, Code-Updates nahtloser umzusetzen. Anwendungen ließen sich so schneller und einfacher erstellen und warten.

Mit der digitalen Kontoanalyse würden die Kunden der Commerzbank bereits eine erste auf der Google-Cloud-Plattform entwickelte Anwendung nutzen, teilte die Bank mit. Damit ließen sich Kreditanträge gemeinsam schneller bearbeiten, Einnahmen und Ausgaben für jedes Kundenkonto aufstellen sowie historische Finanzdaten besser nachverfolgen. So könnten die Kunden ihr Einnahmen- und Ausgabenverhalten im Laufe der Zeit optimieren, versprechen die Commerzbank-Verantwortlichen.

Auch Microsoft sitzt mit im Cloud-Boot

Die Cloud-Kooperation mit Google ist für die Commerzbank allerdings nicht exklusiv. Das Finanzinstitut arbeitet in Sachen Cloud auch eng mit Microsoft zusammen. Erst Anfang 2021 wurde dafür eine ebenfalls strategische Partnerschaft vereinbart. Davon versprechen sich die Verantwortlichen mehr Automatisierung und Standardisierung bei insgesamt niedrigeren Kosten. In den kommenden fünf Jahren soll ein „signifikanter Teil der Anwendungen“ auf die Azure-Plattform migriert werden.

Die Commerzbank nutzt bereits seit 2018 Cloud-Angebote von Microsoft, sagte COO Hessenmüller. „Das ist effizient, weil wir so flexibel sind und nur die Rechenleistung zahlen, die wir auch tatsächlich benötigen.“ Microsofts Cloud-Dienste unterstützen das Geldinstitut unter anderem bei Datensimulationen, die detaillierte Einblicke in die Datenbestände über verschiedene Systeme hinweg ermöglichen sollen. Ein Ergebnis der Partnerschaft sei das Liquiditätsmanagement-Tool „CashRadar“, hieß es. Es prognostiziert mithilfe von automatisierten Datenanalysen die zukünftige Liquidität von Unternehmen und bietet einen Überblick über die Entwicklung aller Geschäftskonten. Zudem soll es die Kontrolle von Einnahmen und Ausgaben erleichtern.

Schwere Zeiten: Das Marktumfeld verschärft sich

Mit ihrer auf die Cloud ausgerichteten IT-Strategie will die Commerzbank bis 2023 weiteres Wachstum bei Kunden und Assets erreichen und die Erträge steigern. Doch das dürfte nicht einfach werden. Die Verantwortlichen sprechen von „einem sich nochmals verschärfenden Marktumfeld“. Das spiegelt sich auch in den jüngsten Maßnahmen wider. Nach einem Verlust von 2,9 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2020 kündigte Konzernchef Manfred Knof Anfang Februar dieses Jahres einen radikalen Sparkurs an. 10.000 Vollzeitstellen sollen gestrichen, die Zahl der Filialen in Deutschland von 790 auf 450 heruntergefahren werden. Auch das Auslandsnetz soll ausgedünnt werden. So will sich die Commerzbank unter anderem aus Luxemburg, Ungarn und Hongkong zurückziehen.

Zugleich kündigte der Bankvorstand an, Geschäftsprozesse „konsequent und durchgängig“ digitalisieren und automatisieren zu wollen. Dafür soll die Digitalisierung der Angebote konsequent vorangetrieben werden. 1,7 Milliarden Euro würden in die IT investiert, hieß es. Die Kosten im Konzern sollen bis 2024 um 1,4 Milliarden Euro verglichen mit dem Jahr 2020 sinken. Doch bis die Maßnahmen greifen, dürfte es noch dauern. Auch für 2021 rechnet die Bank mit tief roten Zahlen.

Um im Zuge des IT-Umbaus die damit verbundenen Risiken im Griff zu behalten, achten die Verantwortlichen der Commerzbank besonders auf Governance, Risk & Compliance (GRC) Aspekte. Im Zuge der Cloud-Partnerschaft mit Microsoft seien die regulatorischen Anforderungen hinsichtlich Sicherheit, Datenschutz und Compliance vertraglich festgelegt worden, beteuern die Bank-Manager.

Und auch Daniel Holz, Vice President, EMEA North Region bei Google Cloud, wies im Zuge der jüngsten Kooperationsankündigung explizit auf den Faktor Sicherheit hin. „Bei Google Cloud erfüllen wir nicht nur die hohen regulatorischen Anforderungen der Finanzindustrie, sondern arbeiten auch bei branchenweiten Initiativen wie der ‚Collaborative Cloud Audit Group‘ mit, um nachprüfbare Transparenz wichtiger Compliance-Standards in der Finanzdienstleistungsbranche zu gewährleisten.“

Die CCAG ist ein Zusammenschluss von europäischen Finanzdienstleistern. Sie führt kollektive Audits von Cloud-Anbietern wie Google Cloud durch, um die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften für ihre wesentlichen Outsourcing-Aktivitäten sicherzustellen.

*Martin Bayer: Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP; Betreuung von News und Titel-Strecken in der Print-Ausgabe der COMPUTERWOCHE.


Mehr Artikel

Gregor Schmid, Projektcenterleiter bei Kumavision, über die Digitalisierung im Mittelstand und die Chancen durch Künstliche Intelligenz. (c) timeline/Rudi Handl
Interview

„Die Zukunft ist modular, flexibel und KI-gestützt“

Im Gespräch mit der ITWELT.at verdeutlicht Gregor Schmid, Projektcenterleiter bei Kumavision, wie sehr sich die Anforderungen an ERP-Systeme und die digitale Transformation in den letzten Jahren verändert haben und verweist dabei auf den Trend zu modularen Lösungen, die Bedeutung der Cloud und die Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Unternehmenspraxis. […]

News

Richtlinien für sichere KI-Entwicklung

Die „Guidelines for Secure Development and Deployment of AI Systems“ von Kaspersky behandeln zentrale Aspekte der Entwicklung, Bereitstellung und des Betriebs von KI-Systemen, einschließlich Design, bewährter Sicherheitspraktiken und Integration, ohne sich auf die Entwicklung grundlegender Modelle zu fokussieren. […]

News

Datensilos blockieren Abwehrkräfte von generativer KI

Damit KI eine Rolle in der Cyberabwehr spielen kann, ist sie auf leicht zugängliche Echtzeitdaten angewiesen. Das heißt, die zunehmende Leistungsfähigkeit von GenAI kann nur dann wirksam werden, wenn die KI Zugriff auf einwandfreie, validierte, standardisierte und vor allem hochverfügbare Daten in allen Anwendungen und Systemen sowie für alle Nutzer hat. Dies setzt allerdings voraus, dass Unternehmen in der Lage sind, ihre Datensilos aufzulösen. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*