Corona als Turbo für den Online-Handel

In Deutschland und Österreich erreichen die Online-Shopping-Werte ein Rekordhoch. Trotz Skepsis steigt auch der Online-Bezug von Medikamenten. [...]

Im Netz entwickelt sich das Smartphone inzwischen zum zweitwichtigsten Shopping-Gerät. (c) Pixabay
Im Netz entwickelt sich das Smartphone inzwischen zum zweitwichtigsten Shopping-Gerät. (c) Pixabay

Die Zahl der Online-Shopper wächst nicht nur, die Menschen bestellen im Zuge der Corona-Pandemie auch deutlich mehr im Netz, so das Ergebnis einer repräsentativen Studie im Auftrag des Digitalverbands Bitkom, die im Oktober und November 2020 durchgeführt wurde. Insgesamt 96 Prozent der deutschen Internetnutzer ab 16 Jahren shoppen online. Dieser Anteil ist in allen Altersgruppen nahezu gleich hoch: 96 Prozent der 16- bis 29-jährigen Onliner, 97 Prozent der 30- bis 49-jährigen, 96 Prozent der 50- bis 64-jährigen sowie 93 Prozent der so genannten Silver Surfer der Generation 65 plus kaufen im Internet ein. Insgesamt entspricht der Anteil der Online-Shopper in Deutschland 83 Prozent der Bevölkerung ab 16 Jahren oder 57 Millionen Menschen.

Viele gehen regelmäßig online auf Einkaufstour. Fast 4 von 10 Online-Shoppern (37 Prozent) kaufen mindestens einmal pro Woche Waren oder Dienstleistungen im Netz, 4 Prozent tun dies sogar täglich. Gefragt danach, inwiefern sich das eigene Einkaufsverhalten seit der Corona-Pandemie verändert hat, gibt mehr als jeder Dritte (36 Prozent) an, seither mehr online einzukaufen. 13 Prozent shoppen nach eigenen Angaben „deutlich mehr“ im Internet und 23 Prozent „etwas mehr“. Das Einkaufsverhalten wird sich auch über die Corona-Pandemie hinaus wandeln: So sagen 84 Prozent derjenigen, die seit Corona mehr im Internet shoppen, dies auch nach der Pandemie beibehalten zu wollen. „Viele Menschen, die jetzt die Vorteile des Online-Handels genießen, wollen darauf künftig nicht mehr verzichten. Auch im jetzt startenden Weihnachtsgeschäft werden sich viele Verbraucher nicht dem Gedränge in Shopping-Centern und Kaufhäusern aussetzen wollen“, meint Rohleder. „Ein großer Teil des Geschenkekaufs wird sich noch mehr als in den vergangenen Jahren ins Netz verlagern. Einen Vorgeschmack erwarten wir demnächst am Black Friday.“

Online-Shopper schätzen Komfort, große Auswahl und günstige Preise

So ist für jeden dritten Online-Shopper (33 Prozent) einer der wichtigsten Vorteile, dass beim Einkauf im Netz die Gefahr minimiert wird, sich mit dem Coronavirus anzustecken. Für einen Großteil spielen allerdings Komfort und Bequemlichkeit die größte Rolle: Drei Viertel (74 Prozent) schätzen die Lieferung direkt nach Hause, fast ebenso viele (73 Prozent) die Unabhängigkeit von Öffnungszeiten. Für 61 Prozent ist die Zeitersparnis entscheidend, 6 von 10 Online-Shoppern (60 Prozent) nennen das große Angebot als wichtigen Vorteil. Fast jeder Zweite (45 Prozent) ist außerdem der Ansicht, dass die Preise im Netz oft günstiger seien. Außerdem nimmt der Onlinehandel insbesondere für Menschen in ländlichen Regionen mittlerweile eine Versorgungsfunktion ein: So sagen 43 Prozent der Online-Shopper in Orten mit weniger als 5.000 Einwohnern, dass es in ihrer Nähe keine oder nur wenige Geschäfte gebe und sie deshalb im Internet einkaufen. Unter den Großstädtern nennen nur 8 Prozent diesen Grund.

Österreichische Nutzer ziehen mit

Die Coronakrise war ein „Turbo“ für den Onlinehandel, so Markus Inzinger, Gründer und Geschäftsführer von Otago. 22 Prozent gaben bei einer Online-Umfrage unter österreichischen Nutzern an, während der Pandemie mehr im Web zu shoppen, bei den Unter-30-Jährigen waren es sogar drei von zehn. Gleichzeitig meinten aber 62 Prozent, Corona habe keinen Einfluss auf ihr Kaufverhalten. Die Maskenpflicht ist nur für zehn Prozent ein Grund, online statt im Geschäft zu kaufen.

16 Prozent gaben an, mehr in Geschäften in der Umgebung einzukaufen, die Wiener taten das etwas weniger häufig (11 Prozent). Das Motto „fahr nicht fort, kauf im Ort“ habe sich während der Coronakrise verstärkt, sagte Petra Starecek vom Marktforschungsinstitut Integral. Vor allem in kleinen Gemeinden unter 5.000 Einwohnern neigten die Österreicher verstärkt dazu, regional einzukaufen, so Inzinger. Ob der während des ersten Lockdowns entstandene Boom, auch bei kleinen Händlern online zu kaufen, anhalten werde, hänge von den Shopbetreibern ab. Sie müssten es schaffen, aus den Einmalkunden Stammkunden zu machen.

Der neuerliche Lockdown werde den Trend zum Online-Kaufen weiter befeuern, glaubt Inzinger. Stationäre Händler erwarteten heuer kein rosiges Weihnachtsgeschäft. Für Online-Shopper sind jedenfalls Anlässe wie Weihnachten, aber auch der bevorstehende, mittlerweile auch in Österreich etablierte Black Friday oder generell der Ausverkauf Kaufanreize. Insgesamt sind die Österreicher aber beim virtuellen Einkaufen nicht so spontan: 43 Prozent planen ihren Einkauf, nur 11 Prozent lassen sich spontan dazu animieren.

Medikamente werden zunehmends online gekauft

Lebensmittel online zu kaufen, schließen nur noch 28 Prozent der Österreicher für sich aus, 2017 waren es noch 38 Prozent, so Inzinger. Ein Fünftel hat im letzten Jahr Lebensmittel online gekauft. Bei Medikamenten sind die Befragten geteilter Meinung: 29 Prozent kaufen Pillen und Co. bereits im WWW ein. 27 Prozent können sich hingegen nicht vorstellen, diese im Netz zu erstehen – 2017 waren es übrigens weniger, nämlich 20 Prozent. Trotz gestiegener Skepsis waren 2020 Medikamente der Umfrage zufolge schon auf dem sechsten Platz der meistgekauften Produkte im Netz.

Am häufigsten werden nach wie vor Bekleidung, Schuhe und Accessoires online geshoppt, gefolgt von Büchern, Kosmetik- und Pflegeartikeln sowie Haushaltsgeräten und Elektronik. Autos und Pflanzen wollen die Österreicher lieber in einem Geschäft kaufen, auch Online-Finanzberatung ist unbeliebt. Die herrschenden Geschlechterklischees bestätigten sich in der Umfrage: Frauen kaufen online viel öfter Kleidung, Kosmetik, Deko und Medikamente, Männer Elektronik, Computerspiele und Heimwerkerbedarf.

Die deutschen Top-10 der gefragtesten Produkte beim Online-Kauf

Zu den bei den deutschen Nachbarn beliebtesten Produkten im Internet zählen Kleidung, Schuhe und Accessoires, so die Bitkom-Umfrage: 92 Prozent der Online-Shopper geben an, diese Waren via Web zu erwerben. Elektronische Haushaltsgeräte folgen mit 81 Prozent auf dem zweiten Platz, Bücher bzw. Hörbücher (76 Prozent) auf dem dritten Rang. Dahinter liegen mit 73 Prozent Smartphones bzw. Handys sowie mit ebenfalls 73 Prozent Kosmetikartikel, Parfum und Pflegeprodukte. Auf dem fünften Platz liegen Möbel, die 71 Prozent der Online-Shopper im Internet kaufen, dahinter folgen Computer (70 Prozent). Medikamente bestellen 69 Prozent der Online-Shopper im Netz. Zwei Drittel (67 Prozent) kaufen auch Gutscheine online, fast ebenso viele (66 Prozent) Unterhaltungselektronik. Heimwerkerbedarf wie Schrauben, Dübel und anderes Baumarktmaterial bestellen 65 Prozent online. Immerhin 15 Prozent haben im Internet sogar schon einmal ein Auto erworben und dort den kompletten Kauf abgewickelt.

Smartphone ist das zweitwichtigste Shopping-Gerät

Im Netz entwickelt sich das Smartphone inzwischen zum zweitwichtigsten Shopping-Gerät. 54 Prozent der Online-Shopper (2019: 52 Prozent) kaufen per Smartphone ein – 2016 waren es lediglich 39 Prozent. Unter den 16- bis 29-Jährigen liegt der Anteil sogar bei 75 Prozent. Damit rangiert das Smartphone aktuell noch hinter dem Laptop (59 Prozent), aber bereits vor Desktop-PC (40 Prozent) und Tablet Computer (27 Prozent). Voice-Commerce über digitale Sprachassistenten wie Alexa oder Google Home bleibt mit zwei Prozent weiterhin ein Nischenphänomen.


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