Die Corona-Pandemie setzt die Führungskräfte in österreichischen Unternehmen unter Druck. Sie müssen auf sich verändernde Rahmenbedingungen reagieren, die richtigen Prioritäten setzen und ihre Teams durch die Krise steuern. Laut Deloitte werden dabei aber wichtige Aspekte wie Mitarbeitermotivation übersehen. [...]
Dem Zusammengehörigkeitsgefühl und der Mitarbeitermotivation werden tendenziell zu wenig Beachtung geschenkt. Auch am Vertrauen in die eigene Belegschaft müssen viele Unternehmensvertreter noch arbeiten. Trotz allem hat die Mehrheit jedoch ihre virtuellen Leadership-Qualitäten in den letzten Monaten unter Beweis gestellt.
Die Führungskräfte stehen derzeit mehr denn je auf dem Prüfstand.„Führungspersonen müssen derzeit besonders vielen Erwartungen gerecht werden. Einerseits sind sie maßgeblich für das wirtschaftliche Überleben ihrer Unternehmen verantwortlich, andererseits sollen sie Orientierung geben und Innovation forcieren. Dieser Spagat ist nicht einfach“, sagt Gudrun Heidenreich-Pérez, Senior Managerin bei Deloitte Österreich.
Für 54 Prozent der befragten Unternehmensvertreter hat das wirtschaftliche Fortbestehen jetzt oberste Priorität. Die Sicherstellung des Zusammengehörigkeitsgefühls (23 Prozent) und der Mitarbeitermotivation (26 Prozent) sowie die Organisation der Zusammenarbeit (30 Prozent) stehen hingegen weniger im Fokus. Dabei wären das wichtige Hebel. „Gerade in Zeiten des Lockdowns und verstärktem Home Office sollte der Teamgeist noch bewusster durch die Führung gestärkt werden. Das braucht es, damit im Unternehmen alle an einem Strang ziehen“, sagt Heidenreich-Pérez.
Theorie versus Praxis
Auch die Fähigkeit, Verantwortung abgeben zu können, ist laut Umfrage essenziell. Mit 66 Prozent wird Vertrauen in die Mitarbeiter mit Abstand als wichtigste erforderliche Führungseigenschaft in Krisenzeiten genannt. Auch die Offenheit, Neues auszuprobieren, erachten 51 Prozent der Befragten als sehr wichtig. In beiden Punkten herrscht in der Praxis jedoch Aufholbedarf.
„Im eigenen Unternehmen ist das Vertrauen der Führungskräfte in die Kompetenzen anderer mit lediglich 23 Prozent nicht besonders stark ausgeprägt. Auch bei der Experimentierfreude gibt es laut 37 Prozent der Unternehmen noch Luft nach oben. Diese Eigenschaft wäre in der Krise besonders wichtig, um die angestrebte Innovation erfolgreich voranzutreiben“, so Gudrun Heidenreich-Pérez.
Virtuelle Fitness
Die durch COVID-19 bedingte Verlagerung des Arbeitsalltags ins Home Office war für viele Unternehmen ein Kraftakt. Laut 72 Prozent der Befragten sind die Führungskräfte in puncto virtueller Mitarbeiterführung jedoch ausreichend bis bestens vorbereitet. Mehr als die Hälfte gibt an, dass der interne Informationsfluss in der Corona-Krise erfolgreich aufrechterhalten und eine gute Verbindung zu den Mitarbeitern gehalten wurde. Gerade den Umgang mit digitalen Kommunikationsformen haben viele Führungskräfte rasch gelernt und werden diese auch in Zukunft intensiv einsetzen.
Leadership auf Distanz sollte jedoch nicht auf die Fertigkeit im Umgang mit technologischen Tools reduziert werden. „Technologie ist ein Hilfsmittel, um in Verbindung zu bleiben – für reale Verbundenheit braucht es mehr. Resilienz, Weitblick und Wertschätzung sind hier wichtige Attribute“, ergänzt Heidenreich-Pérez.
Verstärkter Support für Führungskräfte
In den letzten sechs Monaten wurden die Führungskräfte bei fast der Hälfte der befragten Unternehmen mittels E-Learnings, Webinaren und individuellen Coachings besonders unterstützt. In genauso vielen Fällen gab es jedoch kein spezielles Angebot. 57 Prozent der Unternehmen wollen hier in Zukunft verstärkt Maßnahmen setzen. Dabei soll besonders auf individuelle Bedürfnisse eingegangen werden.
„Die Corona-Krise wird noch länger andauern und die Führungsebenen weiter fordern. Den Unternehmen ist das laut unserer Umfrage auch weitgehend bewusst. Sie wollen nun verstärkt in individuelle Entwicklung und Begleitung der Führungskräfte investieren. Das ist der richtige Schritt um die Krise erfolgreich zu meistern“, sagt Gudrun Heidenreich-Pérez.
Führungskräfte optimistisch, aber…
Grundsätzlich zeigen sich Österreichs Führungskräfte aber zuversichtlich, dass Österreich die Krise rasch und gut meistern wird. Welche Maßnahmen das Hochfahren der Wirtschaft jetzt am besten unterstützen können, darüber sind sich die Wirtschaftsbosse laut dem „Deloitte Austrian Tax Survey“ großteils einig: Drei Viertel der Führungskräfte wünschen sich eine Reduktion der Lohnnebenkosten. 43 Prozent der Befragten sehen außerdem die Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes als dringliche Maßnahme für die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes. Im Jahresvergleich ist auch die Ökologisierung des Steuersystems auf der Wunschliste nach oben gewandert.
Was die Entwicklung des Standortes betrifft, ist jedoch mehr als die Hälfte der Unternehmen vor dem Hintergrund der Corona-Krise eher zurückhaltend. Die Auswirkungen der Pandemie selbst, aber auch die oftmals noch unzureichende Digitalisierung sowie der Klimawandel bereiten den heimischen Führungskräften beim Blick in die Zukunft neben den klassischen Steuerthemen große Kopfzerbrechen.
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