„Coworking“: Kuschelstube für digitale Nomaden

Das Internet hebt Grenzen auf, in der Arbeitswelt auch die von Zeit und Raum. Es gibt aber auch eine entgegengesetzte Entwicklung: Beim "Coworking" finden digitale Nomaden einen Arbeitsplatz und eine gemeinsame Umgebung mit anderen Freiberuflern, Startups oder Home-Office-Angestellten. [...]

Ein neues Berliner Internet-Unternehmen hat eine Plattform entwickelt, die mehr als 1.000 Coworking-Angebote in 50 Ländern präsentiert, darunter allein 200 in Deutschland. „Wir finden diesen Trend hochspannend“, sagt Josephine Hofmann vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) in Stuttgart. Coworking sei ein Gegentrend zu den Prognosen, dass sich die Arbeitswelt immer mehr virtualisieren lasse, dass man sein Büro in Gestalt des Smartphones immer dabei habe. „Coworking kommt dem Grundbedürfnis des Menschen entgegen, in einem sozialen Miteinander zu arbeiten.“
Eines der größten Coworking-Projekte in Deutschland ist das 2009 gegründete betahaus in Berlin, inzwischen auch in Berlin, Hamburg und Köln sowie in der bulgarischen Hauptstadt Sofia und demnächst auch in Barcelona vertreten. Die Nutzer der im betahaus verfügbaren Plätze und Räume arbeiten oft selbstständig, „haben aber die Nase voll davon, alleine zu Hause zu sitzen und in der Isolation an ihren Projekten zu arbeiten“, wie es in der Selbstdarstellung heißt. Einen Schreibtisch im betahaus bekommt man für 12 Euro am Tag. Was man sonst so zum Arbeiten braucht, wird ebenfalls bereitgestellt, zum Teil gegen Aufpreis wie bei der „Kaffee-Flatrate“.
Inzwischen haben auch große Unternehmen damit begonnen, eigene Mitarbeiter in ein Coworking-Umfeld zu versetzen, um so einen Zugang zu der dort besonders lebendigen Kreativszene zu gewinnen, wie die Arbeitsweltforscherin Hofmann beobachtet. „Sie suchen durch die Begegnungen in solchen Räumen neue Inspiration für ihr eigenes Geschäft.“
„Das Zusammenarbeiten mit anderen erhöht die Produktivität, allein indem man das Haus verlässt und andere arbeiten sieht“, sagt Joel Dullroy, australischer Gründer der Berliner Firma deskwanted.com. Dort kann man sich einen Coworking-Arbeitsplatz auf die gleiche einfache Weise aussuchen und buchen wie den Urlaub bei einem Ferienhaus-Anbieter im Internet. Für jede Buchung nimmt Deskwanted.com 15 Prozent des Mietpreises. Weitere Einnahmen sollen mit der Bereitstellung von Online-Werkzeugen für die Organisation von Coworking-Häusern fließen. Berlin sei nach San Francisco und New York die drittgrößte Coworking-Stadt der Welt, sagt Dullroy.
In Berlin befindet sich auch das im Dezember 2010 gegründete Wostel – der Name ist eine Kombination von Work (Arbeit) und Hostel (Herberge). Dieser Coworking-Ort in einem früheren Ladengeschäft ist mit 25 Arbeitsplätzen auf 150 Quadratmetern sehr viel kleiner als das betahaus und soll auch so bleiben. „Unsere Räume sollen zu Kreativität anregen, das ist uns sehr wichtig“, sagt Mitgründerin Chuente Noufena. Auch Ebay und Nokia seien deswegen schon im Wostel gewesen. Um die Ideen der unterschiedlichen Coworking-Projekte zusammenzuführen, organisiert Noufena gemeinsame Veranstaltungen.
„Es geht uns um den familiären, freundschaftlichen Austausch.“
Deskwanted.com arbeitet zur Zeit noch im Startup-Zentrum „You Is Now“ der Internet-Firma ImmobilienScout. Bis Ende des Jahres will das Unternehmen dann eigene Kapitalgeber für sich gewinnen und auf eigenen Füßen stehen. Dann werde es auch Zeit für einen Umzug, sagt Dullroy – „natürlich in einen Coworking-Space“.

Mehr Artikel

News

Produktionsplanung 2026: Worauf es ankommt

Resilienz gilt als das neue Patentrezept, um aktuelle und kommende Krisen nicht nur zu meistern, sondern sogar gestärkt daraus hervorzugehen. Doch Investitionen in die Krisenprävention können zu Lasten der Effizienz gehen. Ein Dilemma, das sich in den Griff bekommen lässt. […]

Maximilian Schirmer (rechts) übergibt zu Jahresende die Geschäftsführung von tarife.at an Michael Kreil. (c) tarife.at
News

tarife.at ab 2026 mit neuer Geschäftsführung

Beim österreichischen Vergleichsportal tarife.at kommt es mit Jahresbeginn zu einem planmäßigen Führungswechsel. Michael Kreil übernimmt mit 1. Jänner 2026 die Geschäftsführung. Maximilian Schirmer, der das Unternehmen gegründet hat, scheidet per 14. April 2026 aus der Gesellschaft aus. […]

News

Warum Unternehmen ihren Technologie-Stack und ihre Datenarchitektur überdenken sollten

Seit Jahren sehen sich Unternehmen mit einem grundlegenden Datenproblem konfrontiert: Systeme, die alltägliche Anwendungen ausführen (OLTP), und Analysesysteme, die Erkenntnisse liefern (OLAP). Diese Trennung entstand aufgrund traditioneller Beschränkungen der Infrastruktur, prägte aber auch die Arbeitsweise von Unternehmen.  Sie führte zu doppelt gepflegten Daten, isolierten Teams und langsameren Entscheidungsprozessen. […]

News

Windows 11 im Außendienst: Plattform für stabile Prozesse

Das Betriebssystem Windows 11 bildet im technischen Außendienst die zentrale Arbeitsumgebung für Service, Wartung und Inspektionen. Es verbindet robuste Geräte, klare Abläufe und schnelle Entscheidungswege mit einer einheitlichen Basis für Anwendungen. Sicherheitsfunktionen, Updates und Unternehmensrichtlinien greifen konsistent und schaffen eine vertrauenswürdige Plattform, auf der sowohl Management als auch Nutzer im Feld arbeiten können. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*