"Es gibt kein Gratis-Service" - allzu oft werde Privatsphäre im Internet aus Bequemlichkeit und Zweckmäßigkeit aufgegeben, warnt die US-Cyber-Expertin Melissa Hathaway. [...]
„Ja, wir sind diesbezüglich naiv, aber vielleicht ist es uns auch egal. Vielleicht ist es uns nicht wichtig, weil wir lieber die Zweckmäßigkeit haben und mit unseren Freunden und der Familie kommunizieren können und Fotos posten“, sagte Hathaway am Rande der Politischen Gespräche des Forums Alpbach im Gespräch mit der Nachrichtenagentur APA.
„Unsere Bürger sollten die Frage stellen: Wie viele Daten sammeln Google, Facebook und die anderen Provider über uns, und ist das etwas anderes, ist es sogar mehr, als unsere Regierungen über uns sammeln? Und ich würde argumentieren, dass es ein Bürgerprofil von jedem von uns gibt, das Google oder Facebook oder eine andere Firma haben. Natürlich ist das für Marketing-Zwecke, um uns das nächste Produkt zu verkaufen, aber man sollte die Frage stellen, was von unserer Privatsphäre wir bereits zur kommerziellen Verwendung preisgegeben haben.“
Sie habe den Eindruck, dass die Medien in der Debatte über Datenschutz nicht verantwortungsvoll berichteten, sagte Hathaway. „Ich denke, die Medien sollten sich anschauen, wie viel von unserer Privatsphäre wir schon freiwillig aufgegeben haben, und wenn Google dieses Profil verkaufen wollen würde, wie es aussehen würde.“
Zudem dürfe man nicht vergessen, dass der Ex-US-Geheimdienstmitarbeiter und Enthüller Edward Snowden ebenso wie der Wikileaks-Informant Bradley Manning Informationen illegal kopiert hätten. „Ja, sie waren politische Aktivisten, aber sie haben wissentlich das Gesetz gebrochen, und alle unsere Nationen glauben an das Recht. Das ist es, was uns zu zivilisierten Staaten macht. Also, was würde passieren, wenn dasselbe hier in Österreich oder in Deutschland oder in Frankreich geschehen würde? Was würde mit so einer Person hier passieren, wenn sie wissentlich das Gesetz gebrochen hätte?“
Folgen aus der Causa Snowden sieht die Cyber-Expertin, die an der Universität Harvard tätig ist und immer wieder Regierungen wie die US-amerikanische berät, auf vielen Ebenen. In den USA werde verstärkt über Sicherheit und Privatsphäre diskutiert, weil es eine neue Transparenz hinsichtlich Aktivitäten gebe, die zwar weitgehend bekannt gewesen, aber gewissermaßen vergessen worden seien. „Der Foreign Intelligence Surveillance Act war in den Vereinigten Staaten immer ein kontroversielles Gesetz.“ Das Vorgehen Snowdens habe es nun wieder in den Vordergrund der Debatte gerückt.
International sieht die Expertin einen Bedarf an mehr Dialog. Die Bürger vieler Staaten seien über die Enthüllungen überrascht. Es werde nun wohl auch mehr Diskussionen darüber geben, „was macht meine Regierung“, auch in europäischen Ländern. Den Nachrichtendiensten erschwerten die Enthüllungen jedenfalls die Arbeit, meinte Hathaway. „Das gilt wahrscheinlich in zweierlei Hinsicht: Sie werden sich jetzt intern auf Kontrollen innerhalb der Organisationen konzentrieren, und im Äußeren wissen unsere ‚Gegner‘ jetzt viel mehr darüber, was sie tun.“ (apa)
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