Cyberpsychologie: Verlust von Geheimnissen wiegt schwerer als früher

Kaspersky-Studie zum Umgang deutscher Nutzer mit digitalen Geheimnissen: Es besteht eine Diskrepanz zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit. [...]

Die Wahrung von Privatheit und persönlichen Geheimnissen ist schwieriger als noch vor einigen Jahren. (c) Edler von Rabenstein - Fotolia
Die Wahrung von Privatheit und persönlichen Geheimnissen ist schwieriger als noch vor einigen Jahren. (c) Edler von Rabenstein - Fotolia

Wieso posten Nutzer private Details auf Instagram und Co., obwohl 84 Prozent der Deutschen betonen, wie wichtig ihnen die Wahrung von Geheimnissen ist? Warum achtet nur die Hälfte der Deutschen (51 Prozent) darauf, welche persönlichen Informationen sie über soziale Medien teilen – und behaupten überwiegend (76 Prozent), dass es in der heutigen vernetzten Welt wichtiger ist als je zuvor, dass Geheimnisse bewahrt werden? Eine aktuelle Kaspersky-Studie – bestehend aus einer repräsentativen Umfrage und einer medienpsychologischen Experteneinschätzung – gibt Antworten auf die Cyberpsychologie deutscher Nutzer im Umgang mit ihren Geheimnissen und zeigt, warum persönliche Heimlichkeiten in Zeiten von Social Media und Co. sogar an Wert gewinnen.

Frank Schwab, Medienpsychologe und Lehrstuhlinhaber des Instituts Mensch-Computer-Medien an der Universität Würzburg, erklärt den signifikanten Unterschied, den die Kaspersky-Studie zwischen Selbstwahrnehmung und Verhalten der Nutzer in puncto Wahrung der Privatsphäre offenbart: „Wir lassen uns von persönlichen Gewohnheiten lenken und sind darauf konditioniert, dass immer alles sehr schnell gehen muss – etwa spontan ein Bild aus dem Urlaub posten – ohne ständig mögliche Konsequenzen zu bedenken. Adäquater Schutz würde mehr Aufwand bedeuten, auch wenn für uns Datensicherheit und die Wahrung von Geheimnissen ein hohes Gut sind. Eine ähnliche Diskrepanz zeigt sich am Beispiel des Umweltschutzes. Menschen, die die ,Fridays for Future‘-Bewegung unterstützen, sind nicht davor gefeit, Kaffee aus dem Pappbecher zu trinken oder Auto zu fahren.“

Die Umfrage zeigt zudem, dass es für die Deutschen wichtig ist, Geheimnisse zu haben und vor allem, diese entsprechend vor Dritten zu schützen:

  • 14 Prozent verheimlichen Einkäufe vor ihrem Partner;
  • 19 Prozent geben nicht Preis, welche Partei sie wählen;
  • 24 Prozent erzählen ihren Kindern oder Enkeln, dass es den Weihnachtsmann gibt.

85 Prozent der Befragten empfinden Geheimnisse als etwas Positives, beispielsweise ein heimliches Geburtstagsgeschenk oder eine Überraschungsparty. Darüber hinaus ist für 87 Prozent der Deutschen die Wahrung der Privatsphäre so wichtig, wie noch nie – diese Aussage wird im Übrigen von den Baby-Boomern (1945 bis 1964 geboren) mit 91 Prozent signifikant häufiger getätigt als von der Generation Z (1996 bis 2000 geboren) mit 83 Prozent.

„Während sich früher ein Geheimnis erst nach Tagen oder Monaten ausgebreitet hat, passiert das in der heutigen vernetzten Welt in Echtzeit. Die Konsequenz: die Wahrung von Privatheit und persönlichen Geheimnissen ist definitiv schwieriger als noch vor einigen Jahren“, erklärt Schwab. „Dadurch sind Geheimnisse heute möglicherweise kostbarer geworden als in der Vergangenheit, weil ihr Verlust teurer geworden ist – über das Internet und Social Media drohen private Informationen ständig verloren zu gehen.“

Wie sich digitale Geheimnisse auf das reale Leben auswirken

Die Kaspersky-Studie offenbart ebenso, wie tiefgreifend das digitale Verhalten auch das Privatleben beeinflusst: Demnach halten lediglich 21 Prozent der Deutschen Passwörter und PIN-Nummern vor ihrem Partner geheim. „Wem ich ein Geheimnis anvertraue, ist immer auch eine Abwägung, wie sehr ich meinem Gegenüber traue – meinem Partner vertraue ich mehr Geheimnisse an, als meinem Arbeitskollegen; allerdings ist das immer auch abhängig vom Thema – während ich meine PIN gerne mit meinem Partner teile, offenbare ich eine heimliche Affäre eher dem Kollegen“, so Frank Schwab.

Wie Nutzer mit der ständigen Gefahr umgehen, möglicherweise sehr Privates zu verlieren, wird ebenfalls durch die Kaspersky-Studie deutlich: Käme ein Geheimnis im engen Familienkreis ans Licht, würde fast ein Viertel (23 Prozent) der Befragten sich verletzt fühlen. 31 Prozent machen sich Sorgen, dass der Arbeitgeber nach der Entdeckung eines Geheimnisses schlecht von ihnen denken könnte und 22 Prozent fürchten in diesem Fall sogar um ihren Job. Allerdings sagen auch 24 Prozent, dass Ihnen ein enthülltes Geheimnis nichts ausmachen würde, da sie zum Beispiel auf das Verständnis der Familie vertrauen würden.


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