Konsortium-Blockchains bieten neue Möglichkeiten für die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen. Es gilt jedoch vorher, klare Regeln festzulegen. [...]
Der Hype um die Blockchain hat der Frage Platz gemacht, welche Probleme die Technologie eigentlich lösen könne. Das Buzzword allein zieht nicht mehr und es müssen Ergebnisse her. Passende Einsatzgebiete gibt es aber zweifelsohne, beispielsweise bei der Übertragung von Rechten.
Auch im Unternehmenskontext gehen allmählich die ersten Ideen in den Produktivbetrieb. Insbesondere über Unternehmensgrenzen hinweg, wenn also mehrere Unternehmen als sogenanntes Konsortium auf einen gemeinsamen Datenbestand zugreifen müssen, können Blockchains ihr Potential entfalten.
Bitte nicht zu offen
Dabei liegt eine der Herausforderungen nicht in der Technik, sondern darin, offenkundig gegenläufige Interessen von mitunter konkurrierenden Unternehmen unter einen Hut zu bringen. Nirgends sonst zeigt sich dies so deutlich wie bei der Verhandlung von Verträgen, welche den Einsatz solcher Konsortial-Blockchains regeln.
So gilt es beispielsweise, den Schutz der eigenen Unternehmensgeheimnisse, die Abhängigkeit von Dritten oder das Risiko bei einem Systemausfall zu betrachten. Diese und ähnliche Punkte sind für Unternehmen wichtig und lassen sich nicht alleine durch die Blockchain-Technologie lösen.
Bei solchen Fragen geht es um die Fundamente des eigenen Wirtschaftens. Die der Blockchain zugrundeliegenden Demokratisierungsgedanken treten zurück. Es geht den Unternehmen typischerweise nicht darum, eine öffentliche Blockchain wie etwa Bitcoin zu betreiben, die jeder nutzen kann. Sie möchten vielmehr die eigenen Geschäftsinteressen mit Hilfe einer Blockchain verfolgen, auf die ein nur begrenzter Kreis anderer Unternehmen, das Konsortium, Zugriff hat.
Klare Regeln
In der Praxis scheitert der Betrieb einer Konsortial-Blockchain mitunter daran, dass sich Unternehmen nicht darauf einigen können, wie die gemeinsame Infrastruktur aufgesetzt werden soll. Vor größeren Anfangsinvestitionen in diese neue Technologie schrecken die Teilnehmer zurück, zumal das Versprechen lautet, dass im laufenden Betrieb weitere Unternehmen problemfrei hinzustoßen können.
Doch weshalb benötigt man für Konsortial-Blockchains überhaupt Verträge, wenn doch die Bitcoin-Blockchain auch ohne solche läuft? Blockchains sind zwar eine Idee mit sehr viel Potential, aber selbst eine solche Technologie kann daran nichts ändern, dass Geschäftsbeziehungen auf Regeln basieren und auch bei unerwarteten Ereignissen stabil funktionieren müssen.
Beispielsweise sollte klar sein, wie bei fehlerhaften Transaktionen verfahren wird, wie Updates eingespielt werden und wer eine Node betreiben muss. Zudem gilt festzuhalten wie der Schutz von Angriffen sichergestellt wird, wie mit personenbezogenen Daten umgegangen wird und wer welche Rechte hat. Für den professionellen Einsatz ist es daher unumgänglich und praktisch üblich, Verträge zum Betrieb von Konsortial-Blockchains zu schließen.
Zwei Modelle für Verträge
Es gibt viele Möglichkeiten, wie solche Verträge strukturiert werden könnten. Zwei Modelle haben sich dabei in der Praxis als sinnvoll erwiesen:
Zum einen lassen sich multilaterale Verträge zwischen allen beteiligten Unternehmen schließen. Solche Verträge enthalten dann Klauseln zur Governance und etwa dazu, wie neue Parteien aufgenommen und andere ausgeschlossen werden können. Schwierig ist bei dieser Konstruktion die Einbindung etwaiger Dienstleister, zum Beispiel zur technischen Pflege der Blockchain. Wer ist bei einem multilateralen Vertrag deren Auftraggeber, wer überwacht sie und wer erteilt ihnen Weisungen?
Als praxistauglicher hat sich daher erwiesen, eine neue Entität zu gründen. Das kann zum Beispiel eine Stiftung sein, die keine Gesellschafter hat, sondern „sich selbst gehört“, mit welcher dann jedes Unternehmen einen Vertrag schließt. Solch ein Vertrag ist dann vergleichbar mit Nutzungsbedingungen, die zur Teilnahme an der Blockchain berechtigen. Die Stiftung selbst ist der zentrale Ansprechpartner zum Betrieb der dezentralen Technologie. Sie legt Governance-Regeln fest, schaltet Dienstleister ein und ist für den Betrieb der Konsortial-Blockchain formal verantwortlich. Die Stiftung selbst wird dann durch die teilnehmenden Unternehmen gesteuert, etwa auf Grundlage von Mehrheitsentscheidungen oder rotierender Rollen im Stiftungsrat.
Standards bleiben wichtig
Steht die Struktur des Vertrages, geht es darum, alle Besonderheiten von Blockchains rechtlich abzubilden. Wie auch bei der herkömmlichen Client-Server-Technologie muss schließlich auch bei Blockchains klar sein, wer sie betreibt, wann die kritische Masse an Nodes erreicht ist und wie Transaktionen ausgestaltet sein müssen. Standards zu setzen ist hier sehr wichtig. All dies erfordert weitreichende Kenntnisse der Technologie, führt aber dazu, dass Unternehmen rechtlich geschützt sind.
*Rechtsanwalt Dr. Markus Kaulartz, CMS Deutschland, hat sich auf IT-Recht IT-Sicherheit und Datenschutz spezialisiert. Er widmet sich besonders Rechtsfragen im Kontext der Industrie 4.0 und berät beispielsweise zu den Themen Smart Contracts und Blockchain. Zu seinen Mandanten zählen börsennotierte Unternehmen ebenso wie Start-ups.
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