Das Auto von morgen ist ein Computer auf Rädern

Im Zuge der zunehmenden Elektrifizierung und Vernetzung muss die Automobilindustrie immer stärker in Software investieren. Bis zum Jahr 2030 könnten die jährlichen Ausgaben laut Roland Berger von 26 Milliarden in 2021 auf 59 Milliarden ansteigen. [...]

Foto: rolandberger.com

Der Ausweg: Neue Designkonzepte, bei denen das Fahrzeug von Beginn an rund um eine Softwareplattform aufgebaut wird. Dadurch lassen sich ab 2030 jährlich fast 16 Milliarden US-Dollar einsparen.

Das sind Kernergebnisse der jüngsten Veröffentlichung aus der Roland Berger-Studienserie „Computer on Wheels (4): The future of the automotive software industry: Spend, trends and how to transform“.

„Die Automobilindustrie kann sich die Software, die sie in Zukunft braucht, nur leisten, wenn sie ihre Kosten an anderer Stelle senkt“, sagt Wolfgang Bernhart, Partner bei Roland Berger. „Die wichtigste Voraussetzung dafür ist die Abkehr vom bisherigen Designansatz, bei dem die Software und technische Funktionen in ein bestehendes Fahrzeugkonzept integriert werden, zugunsten eines neuen, Software-definierten Fahrzeugaufbaus. Das Auto von morgen ist ein Computer auf Rädern – dies muss sich bereits in den ersten Schritten der Fahrzeugkonzeption widerspiegeln.“

Die Umstellung ist für die Branche von existenzieller Bedeutung. Die Autoren beziffern die jährliche Wachstumsrate der Softwarekosten auf 6 Prozent. Damit würden sich die heutigen Ausgaben bis zum Jahr 2030 auf 59 Milliarden US-Dollar mehr als verdoppeln. Mit dem Konzept des Software-Defined Vehicle (SDV) steigen sie dagegen lediglich um 70 Prozent auf 43 Milliarden US-Dollar.

Betrachtet man die Kosten für jeden Schritt im Entwicklungszyklus, erfordert der SDV-Ansatz zunächst den Aufbau von komplexeren Software-Architekturen was zu höheren Entwicklungsausgaben von circa 7 Milliarden US-Dollar führt.

Dieser Anstieg wird jedoch mehr als ausgeglichen durch erhebliche Kostensenkungen bei der agileren Softwareproduktion: im Bereich Testing können 11 Milliarden US-Dollar eingespart werden, bei der Integration 8 Milliarden US-Dollar und Kosten für Software Maintenance beziehungsweise Wartung sinken um 3 Milliarden US-Dollar. Dies spielt auch Ressourcen für die Entwicklung von neuen Softwareinhalten frei.

Software-Patente werden zum Wettbewerbsfaktor

Der SDV-Ansatz bietet viele Vorteile; der Übergang zu diesem neuen Designkonzept erfordert jedoch idealerweise branchenweite Kooperation. OEMs und Zulieferer müssen ihre Software-Wertschöpfungskette und ihr Geschäftsmodell überdenken.

Die Branche müsste sich zunächst auf gemeinsame Normen für Fahrzeugarchitekturen und die Nutzung von Open-Source-Software einigen. Indem die Unternehmen erprobte Softwareinhalte als Produkt anbieten, können sie Software wiederverwerten, Größenvorteile erzielen und Investitionen refinanzieren.

„Während die Wiedervermarktung von geistigem Eigentum für Zulieferer und spezialisierte Softwareanbieter bereits zum Kerngeschäft gehört, ist sie für Fahrzeughersteller noch weitestgehend Neuland“, so Bernhart.

„Um das kommerzielle Potenzial des Handels mit Intellectual Property auszuschöpfen, müssten die Automobilunternehmen unter anderem verstärkt auf Partnerschaften mit Zulieferern setzen und aufkommende Software-Marktplätze nutzen.“

Die vollständige Studie kann hier geladen werden (PDF, direkter Download).

*Bernhard Lauer ist unter anderem freier Redakteur der dotnetpro und betreut hier beispielsweise die Rubrik Basic Instinct. Mit Visual Basic programmiert er privat seit der Version 1.0.


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