Im Industrie-4.0-Zeitalter entwickelt sich aus der Lieferkette ein digitales Netzwerk mit Echtzeitdatenflüssen und Performance-Gewinnen, prognostiziert Deloitte. [...]
„DSNs integrieren Information aus vielen verschiedenen Quellen und Orten, um den physischen Akt von Produktion und Verteilung voranzutreiben“, schreiben die Deloitte-Analysten Adam Mussomeli, Doug Gish und Stephen Laaper in einem gemeinsamen Artikel für das Hausmedium Deloitte University Press. In ihrem Text definiert und beschreibt das Trio, was DSNs ausmacht und von herkömmlichen Lieferketten unterscheidet. Überdies erläutern die Autoren die aus Anwendersicht wichtige Frage, wie man so ein Netzwerk implementiert und aufbaut.
So viel Optimismus ruft unweigerlich auch Skepsis hervor. Wenn Liefernetzwerk statt Lieferkette beispielsweise auch heißt, dass einzelne, bislang nicht miteinander in Kontakt stehende Akteure – möglicherweise überall in der Welt verstreut – nun permanent miteinander kommunizieren und dies zur Performance-Optimierung auch sollen, erscheint das keineswegs als triviale Angelegenheit. Dass hier enormes Potenzial schlummert, glaubt man gerne. Dass Unternehmen beim Management eines derartigen Netzwerks völlig überfordert sein können, hat man aber auch bildlich vor Augen.
Geldwerter Nutzen stellt sich insbesondere durch eine Senkung der Transaktionskosten und durch Innovation ein. Voraussetzungen dafür sind ein dynamischer und in Echtzeit stattfindender Datenfluss und sowohl effiziente als auch prädiktive Netzwerke, in denen Querverbindungen zwischen Prozessen und Subprozessen bestehen.
Technologisch geht es um die Nutzung diverser Technologien der digitalen Ära. Konkret und exemplarisch: Videoüberwachung weit entfernter Arbeitsstätten durch Drohnen, was den Einsatz von Site Optimization Analytics und Rapid Issue Detection ermöglicht – also von Analyse-Software zur Optimierung der Arbeitsstätte und von schneller Problementdeckung. Ein anderes Beispiel sind 3D-Drucker, die durch schnelle Herstellung von Ersatzteilen für geringere Ausfallzeiten sorgen.
Alles in allem charakterisieren nach Deloitte-Definition fünf Merkmale ein DSN:
- 1. „Always on“-Agilität: Die digitalen Liefernetzwerke ziehen fortwährend Daten – traditionelle und solche, die auf Sensoren und anderen ortsbezogenen Tools basieren. Diese Datengrundlage ermöglicht eine integrierte Sicht auf das Netzwerk und schnelle Antworten auf sich verändernde Situationen ohne Latenzen.
- 2. Connected Community: Nahtlose und multimodale Echtzeit-Kommunikation verbessert die Zusammenarbeit mit Zulieferern, Partnern und Kunden. Die gesamte Wertkette profitiert von zentralisierten, standardisierten und synchronisierten Daten.
- 3. Intelligente Optimierung: Menschen und Maschinen arbeiten nicht nur reibungslos zusammen, sondern lernen voneinander. Das geht einher mit datengetriebenen Analysen, die Entscheidungsfindung und Ergebnisse optimieren.
- 4. Völlige Transparenz: Sensoren und ortsbezogene Services sorgen für sofortige Sichtbarkeit auch von kritischen Aspekten. Möglich werden dadurch die Verfolgung des Materialflusses, die Synchronisierung von Terminplänen, ein Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage sowie finanzielle Vorteile.
- 5. Ganzheitliche Entscheidungen: Besser informierte Entscheidungen werden möglich, weil über alle funktionalen Silos hinweg Informationstransparenz herrscht.
Bevor sich Entscheider an die Entwicklung eines DSN machen, sollten sie sich den Prozess aus Informationsgenerierung, Analyse und Handlung als Schleife vorstellen, so Deloitte. Als einen Kreislauf, in dem sich permanent drei Schritte wiederholen:
- Physisch zu digital: Aus der physischen Welt werden Informationen gesammelt und digital aufgezeichnet.
- Digital zu digital: Informationen werden geteilt und wichtige Erkenntnisse gewonnen. Dies geschieht durch Advanced Analytics, Scenario Analysis und Künstliche Intelligenz.
- Digital zu physisch: Algorithmen übersetzen Entscheidungen aus der digitalen Sphäre in effektive Daten, aus denen sich sinnvolle Handlungen in der physischen ableiten lassen.
Für den Aufbau eines DSN haben die Analysten drei Tipps parat:
- 1. Groß denken: Unternehmen sollten in Innovation „eintauchen“ und mit dem Aufbau ihres Ökosystems beginnen, nachdem sie ihre digitale Reife bewertet haben.
- 2. Klein anfangen: Es kann Sinn ergeben, erst einmal kleine Schritte zu unternehmen. So lassen sich Strategien testen – bei relativ geringen Konsequenzen. Deloitte empfiehlt, erste Projekte am Rand des Unternehmens zu wählen. Dadurch könne auch Mitarbeitern die Angst vor einem Scheitern genommen werden, was letztlich mehr Innovation ermögliche. Sinnvoll sei es auch, mit ein oder zwei strategisch wichtigen Transformationen zu beginnen.
- 3. Schnell beginnen: Auch kleine Erfolge können als Belege dafür funktionieren, dass der eingeschlagene Weg sich lohnt. Erfolgsgeschichten können den Wert und die Bedeutung von DSNs beweisen – sollten dazu aber auch entsprechend vermarktet werden. „Erfolg generiert Erfolg“, schreiben die Autoren. „Das Teilen von Beispielen erfolgreichen digitaler Liefernetzwerke kann Skeptiker innerhalb der Organisation bekehren.“ Und auch den Kunden zeigen, dass man hier an der Spitze des Fortschritts steht.
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