Die Umsetzung eines Business Prozessmanagements erfordert es, verschiedene Bausteine festzulegen und miteinander zu kombinieren. Ein strukturiertes Raster zur Einordnung der Aktivitäten des Prozessmanagements ist dafür eine sichere Methode. [...]
Die Umsetzung eines Business Prozessmanagements erfordert es, verschiedene Bausteine festzulegen und miteinander zu kombinieren. Ein strukturiertes Raster zur Einordnung der Aktivitäten des Prozessmanagements ist dafür eine sichere Methode.
Von den Mitarbeitern im Prozessmanagement werden oftmals Wunder erwartet.
Sie müssen
- die grundsätzliche Ausrichtung des Geschäftsprozessmanagements (GPM) steuern,
- die operative Umsetzung planen und realisieren,
- die fachlichen Arbeiten zur Erfassung und Optimierung der Prozesse im Griff behalten und möglichst auch noch
- die IT mit implementierungsrelevanten Inhalten versorgen.
Also ein weitläufiges und aufgabenreiches Betätigungsfeld für Prozessmanager.
Im Detail müssen sie entscheiden
- welche Kernprozesse zu betrachten sind,
- welche Methoden und Werkzeuge eingesetzt werden,
- wie die Analyse und Optimierung von Prozessen erfolgt,
- welche IT-Inhalte betroffen sind und
- welche anderen Managementmethoden wie zum Beispiel das Qualitätsmanagement eingebunden werden.
Dabei kann der Überblick schnell mal verloren gehen.
Um den Durchblick nicht zu verlieren, hat sich die Gliederung nach Inhaltstypen des Geschäftsprozessmanagements als hilfreich erwiesen (s. Abb. 1).
Die X-Achse bildet die ganzheitliche Sicht auf das Prozessmanagement in der betrachteten Organisation von der strategischen Planung bis zur operativen Umsetzung ab. Dort werden die primären Leistungen (Ergebnistypen) des Prozessmanagements beschrieben.
Die Y-Achse stellt die sekundären Leistungen (Ergebnistypen) der Methoden und Werkzeuge dar, die erforderlich sind, um die primären Ergebnistypen bereitzustellen.
Vereinfacht gesagt beschreibt die X-Achse das WAS und die Y-Achse das WIE.
Neben der grundsätzlichen Transparenz ermöglicht diese Trennung, die individuellen Ergebnisse abzugrenzen. Sind die für eine Organisation relevanten GPM Leistungen eindeutig zugeordnet, entsteht eine Datenbasis, um die Komplexität des eigenen Prozessmanagements schnell abschätzen zu können. Bei der Strukturierung sind die folgenden vier Bereiche zu unterscheiden:
1. Strategisches Prozessmanagement
Dieser Bereich beinhaltet alle Arbeiten, um die Strategie der Organisation in eine Strategie des Prozessmanagements zu überführen. Dies umfasst unter anderem die Festlegung der zentralen Prozesse der Organisation und deren Form der Beschreibung. Ein Beispiel kann eine End-2-End-Struktur sein, wie in diesem Artikel beschrieben.
Das strategische Prozessmanagement dient dazu, die langfristigen Ausrichtung, Ausgestaltung und Ausstattung des GPM zu definieren, sowie der Identifizierung und dem Auf- und Ausbau der prozessbezogenen Erfolgspotentiale und der Etablierung der prozessorientierten Ausrichtung der Organisation. Die Tätigkeiten schaffen die Voraussetzungen, um ein kontinuierliches GPM in der Organisation zu verankern.
2. Operatives Prozessmanagement
Dieser Bereich befasst sich mit den Themen der operativen Nutzung des Geschäftsprozessmanagements. Häufig werden als Bestandteile die Prozessmessung, Prozesssteuerung und Prozessverbesserung genannt.
Diese Betrachtung ist aber nicht hinreichend, denn das operative Prozessmanagement ist kein Selbstzweck. Es muss immer operative Ziele der Organisation unterstützen. Darunter fällt zum Beispiel die Begleitung des Qualitätsmanagements, des Risikomanagements oder der Ressourcensteuerung durch die Verwendung der im Prozessmanagement erfassten Inhalte. Erst dort entsteht der operative Nutzen für die Organisation.
Strategisches Prozessmanagement – End-2-End Prozesslandkarte – Digitalisierungsfelder – Prozess-Potential-Analyse – Digitaler Reifegrad – Methoden und Werkzeuge zur Prozessdigitalisierung | Operatives Prozessmanagement Standardisiert dokumentierte Inhalte zu: – fachlichen Datenstrukturen – technischen Datenstrukturen – Organisationsbeschreibungen – IT-Infrastrukturen als Zulieferung zum: – Process-Monitoring – Wissensmanagement – Risikomanagement – Infrastrukturmanagement – ITSM / ITEL |
Fachliches Prozessmanagement – Detaillierte Fachprozesse verschiedener Domänen – Digitalisierungsprozesse (fachlich) – Prozesskennzahl- und -risikomodelle – Arbeitsanweisungen – Mensch-Maschine-Interaktionen | (IT-)Technisches Prozessmanagement – Digitalisierungsprozesse (technisch) – Prozessorientiertes IT-Anforderungsmanagement – Prozessdokumentation zur Systemkonzeption – Dienste- / Service-Modell |
Die Tabelle zeigt exemplarische Leistungen der jeweiligen Bereiche.
Für eine Organisation, die ein Prozessmanagement einführt oder neu organisiert, empfiehlt es sich die Tabelle mit ihren individuellen Ergebnistypen individuell zu erstellen und auf Vollständigkeit und Inkonsistenzen zu prüfen. Dadurch entsteht mit minimalem Aufwand ein gutes Verständnis, die eigene Struktur des Prozessmanagements bewerten und steuern zu können.
Auf den ersten Blick wirkt die Einteilung in das strategische und operative Prozessmanagement vollständig. Sie alleine würde aber zwei weitere zentrale Bereiche des Geschäftsprozessmanagements vernachlässigen, die zur ganzheitlichen Einordnung aller GPM Themen erforderlich sind. Es handelt sich dabei um die beiden folgenden Bereiche:
3. Fachliches Prozessmanagement
Das fachliche Prozessmanagement beinhaltet alle Tätigkeiten, die direkt mit der Ermittlung, Dokumentation, Analyse und Optimierung von Prozessen in Verbindung stehen. Es umfasst den „handwerklichen“ Teil der Arbeiten des Prozessmanagements ohne Informationstechnologie.
4. (IT-)Technisches Prozessmanagement
Das (IT-)Technische Prozessmanagement erweitert die Ermittlung, Dokumentation, Analyse und Optimierung von Prozessen um IT-relevante Inhalte. Durch die wachsende Bedeutung der Digitalisierung ist es gerechtfertigt, für die Informationstechnologie einen eigenen Bereich im Prozessmanagement zu definieren. Es handelt sich dabei um den „handwerklichen“ Teil der IT-Abteilungen in der Zusammenarbeit mit dem Prozessmanagement.
Sowohl das fachliche wie auch das (IT-)Technische Prozessmanagement bündeln die eigentlichen „Arbeitsbereiche“. Nur durch GPM-Tätigkeiten im fachlichen und technischen Prozessmanagement wird die operative Umsetzung der GPM-Strategie möglich.
Häufig erfolgt beim Aufbau der Prozessmanagementstruktur einer Organisation keine klare Trennung dieser Bereiche. Das führt dazu, dass unterschiedliche Methoden, Werkzeuge und Zielsetzungen nicht genau gesteuert werden. Natürlich werden Tätigkeiten des fachlichen und technischen Prozessmanagement in einer Organisation zumindest zum Teil auch dann abgedeckt, wenn sie nicht gesondert herausgestellt sind. Ein solches „verstecktes“ Vorgehen hat aber den Nachteil, dass es die Bedeutung des fachlichen und technischen Prozessmanagements innerhalb des Aufbaus und der langfristigen Organisation des GPM nicht deutlich genug hervorhebt.
Zum Beispiel kommt es in Organisationen, die keine eindeutige Transparenz in diesen Bereichen herstellen, oftmals zu dem Effekt, dass verschiedene operative Themen des Prozessmanagements unterschiedliche Modellierungen nutzen, nur weil keine transparente Information darüber vorliegt, wie Tätigkeiten in den „Arbeitsbereichen“ fachliche und technische Modellierung zu erfolgen haben. Durch die Trennung und Zuordnung der Themen ist es einfacher möglich, das Prozessmanagement transparent zu planen, abzustimmen und zu steuern. Es entsteht eine Transformationsschicht zwischen dem strategischen und operativen GPM, die als „Klebstoff“ ein abgegrenztes und dennoch integriertes Gesamtbild der GPM Aktivitäten erstellt.
*Dirk Stähler befasst sich seit vielen Jahren mit der innovativen Gestaltung von Organisationen, Prozessen und IT-Systemen. Er unterstützt privatwirtschaftliche Unternehmen und öffentliche Verwaltungen in Europa, dem Mittleren Osten und Nordamerika dabei, Mehrwert durch die kreative Nutzung ihrer Informationstechnologie zu gewinnen. Ein besonderes Augenmerk seiner Arbeit liegt auf den Chancen und Risiken, die sich aus der Verwertung öffentlich verfügbarer Inhalte des Internets ergeben. Die „Wissensmaschine“ Internet und den Wert ihrer Inhalte für jeden zugänglich zu machen, ist sein erklärtes Ziel.
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