Der Deloitte Radar analysiert jährlich auf Basis internationaler Rankings und Experteneinschätzungen die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich. Im globalen Vergleich schafft es Österreich seit Jahren nicht mehr unter die Top 15. Es braucht mehr Handlungsspielräume sowie den Fokus auf Talente und Innovationen. [...]
Österreich hat sich im vergangenen Jahr wirtschaftlich positiv entwickelt. Hohes Wachstum, sinkende Arbeitslosigkeit, Rekordexporte und die gute globale Konjunktur haben für erfreuliche Wirtschaftsdaten gesorgt. Dennoch liegt Österreich in allen aktuellen Standortvergleichen unverändert nur im Mittelfeld. Das Land punktet zwar mit Exportkraft, Wirtschaftswachstum und Lebensqualität. Die hohen Kosten, der Bürokratieaufwand und Defizite im Bildungsbereich bremsen allerdings die Wettbewerbsfähigkeit.
„Der Standort Österreich entwickelt sich solide, aber für eine dynamische Zukunft braucht es deutlich mehr. Unser Land muss den Anspruch haben, zu den Top 5 Nationen in Europa aufzuschließen. Nur so können wir unseren Wohlstand langfristig sichern“, betont Bernhard Gröhs, CEO von Deloitte Österreich.
Top 10 verfehlt
In den vier analysierten globalen Indizes bewegt sich Österreich seit mehreren Jahren rund um Platz 20. Deloitte hat heuer erstmals auch ein Europa-Ranking erstellt, das ähnlich unerfreulich ausfällt. „Österreich schafft es in Europa nur auf Platz 11. Das ist ernüchternd, wenn man vergleichbare Volkswirtschaften betrachtet. Die Schweiz, die Niederlande und Skandinavien zeigen uns wie es geht“, so Bernhard Gröhs.
Zu teuer und zu umständlich
Für eine Ursachenforschung braucht es eine Detailanalyse. Dazu werden im Deloitte Radar sieben Standortfaktoren untersucht. Beim Faktor „Kosten“ gibt es seit Jahren den dringendsten Handlungsbedarf. Österreich erreicht hier 2 von 5 möglichen Punkten. Die hohe Abgabenquote ist ein klarer Nachteil im europäischen Wettbewerb. Die angekündigten und teilweise bereits umgesetzten Entlastungen führen zu einer leichten Verbesserung im Deloitte Index. Aber nur mit einer Senkung der Abgabenquote in Richtung 40 % und einer KÖSt-Senkung auf 19 % könnte Österreich deutlich an Attraktivität gewinnen.
Auch beim Faktor „Regulatorisches Umfeld“ ortet der Deloitte Radar großen Handlungsbedarf. Bemühungen zur Reduktion von Gold Plating sind hier ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Zu wenig qualifiziert
Mehr als kritisch ist die Situation beim Faktor „Verfügbarkeit von Arbeitskräften“. Auch hier liegt das Land bei 2 von 5 Punkten. Gut ausgebildete Menschen sind eine zentrale Basis erfolgreicher Volkswirtschaften. In Österreich wird der anhaltende Mangel an qualifizierten Arbeitskräften aber zusehends zum Standortnachteil.
„Der Fachkräftemangel hemmt das Wachstum und die Zukunftsaussichten des Landes. Gleichzeitig bleibt jede Menge Potenzial am Arbeitsmarkt ungenutzt. Das hat zwei Gründe: Einerseits sind wir von echter Chancengleichheit weit entfernt, andererseits verlieren wir viele Talente bereits in einem unzeitgemäßen Bildungssystem“, meint Gundi Wentner, Partnerin bei Deloitte Österreich.
Forschungsstark, innovativ und lebenswert
Deutlich besser aufgestellt ist Österreich bei den Standortfaktoren „Digitalisierung, Innovation, Forschung und Technologie“ (4 Punkte), „Lebensqualität“ (4 Punkte) und „Unternehmensinfrastruktur und Umfeld“ (3,5 Punkte). Vor allem im Bereich Forschung und Innovation hat das Land zuletzt aufgeholt. Die hohe Forschungsquote sowie das Engagement der Unternehmen bei der digitalen Transformation sichern Wettbewerbsvorteile.
„Für Fortschritt am Standort braucht es Digitalisierung und Innovation auf höchstem Niveau. Eine gut ausgebaute Infrastruktur und entsprechende Rahmenbedingungen sind dafür die Grundvoraussetzung. Da haben wir noch einiges zu tun, etwa beim Ausbau der Breitbandnetze“, erklärt Deloitte Partnerin Barbara Edelmann.
Drei Hebel als Sprungbrett
In der Gesamtbetrachtung ist der Ausblick für den Standort Österreich bei aller Kritik vorsichtig positiv. Die Bundesregierung gibt Standortthemen Priorität und das konjunkturelle Umfeld bietet noch Spielraum für Veränderungen. „Das Zeitfenster für komplexe Reformvorhaben wird zunehmend kleiner. Jetzt entscheidet die Geschwindigkeit“, resümiert Bernhard Gröhs. „Wir müssen auf drei Hebel setzen: Handlungsspielräume für Unternehmen schaffen, Talente fördern und Innovationskraft weiter stärken.“
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