Den Lebenslauf für Algorithmen optimieren

Größere Unternehmen setzen zunehmend auf Algorithmen bei der Vorsortierung von Bewerbungen. Bewerber sollten sich dadurch nicht abschrecken lassen. Sie können das System auch zu ihrem Vorteil nutzen. [...]

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Eine Umfrage hat ergeben, dass ein Großteil, nämlich etwa zwei Drittel der sich Bewerbenden, sich gar nicht über den Einsatz von Algorithmen im Bewerbungsprozess bewusst sind. Auch wenn sich dies mittlerweile schätzungsweise zu etwa einem Gleichgewicht verschoben haben dürfte, gibt es dennoch viele, denen dies nicht bewusst ist. Merken Sie sich daher zunächst die Faustformel: Je größer das Unternehmen, desto höher die Chance, dass Algorithmen bei der Bewertung Ihrer Bewerbung involviert sind. Dies gilt vor allem für einfache Algorithmen, die z.B. ein Matching vornehmen oder bestimmte Aspekte sortieren, sowie kategorisieren und katalogisieren.

Denn sobald ein Algorithmus im Rahmen des Prozesses auch aktiv eine „Entscheidung trifft“, ist nach DSGVO die Zustimmung der betroffenen Person erforderlich und Sie haben das Recht, Informationen über die zugrundeliegende Entscheidungslogik zu erhalten. Lesen Sie daher im Idealfall vor der Bewerbung aufmerksam die Datenschutzbestimmungen des Unternehmens.

Wenn Sie nun aber wissen oder davon ausgehen, dass ein Unternehmen Algorithmen für die Bearbeitung von Bewerbungen einsetzt, dann gibt es eine ganze Menge Tipps und Kniffe, wie Sie dies zu Ihrem Vorteil nutzen können.

Klare Struktur und Betitelung

Algorithmen verarbeiten Informationen vor allem dann besonders zuverlässig, wenn Sie klar strukturiert und innerhalb dieser Struktur logisch angeordnet sind. Versehen Sie daher sämtliche Teilbereiche Ihres Lebenslaufs mit entsprechenden Überschriften, wie „Ausbildung“, „Berufserfahrungen“ etc. Achten Sie anschließend darauf, dass Sie diese Struktur stringent einhalten und die Sortierung einheitlich ist. Üblich ist mittlerweile eine antichronologische Auflistung. Verzichten Sie aus diesem Grund auch lieber auf allzu ausgefallene und kreative Designs, schräge Anordnungen, sowie Tabellen, Logos oder Piktogramme, da diese die Dokumentenstruktur unterlaufen.

Geben Sie Beschäftigungszeiten niemals nur in Jahren an – offen gesagt hassen das bereits die menschlichen Personalerinnen und Personaler –, sondern immer mit den dazugehörigen Monaten. Haben Sie diese vergessen? Dann finden Sie die Information im jeweiligen Arbeitszeugnis. Sie möchten damit Lücken kaschieren? Das ist sowieso die Vermutung des Personalers oder der Personalerin.

Geben Sie stattdessen lieber auch beschäftigungsfreie Zeiten monatsgenau mit „arbeitssuchend“, „Sabbatical“, „private Weiterbildung“ oder ähnlichem an. Zudem sollten Sie nicht nur rein Ihre Beschäftigungszeiten, Arbeitgeber und Positionstitel nennen, sondern mindestens bei den Beschäftigungen der letzten zehn Jahre auch in Stichpunkten Ihre Aufgaben und Verantwortungen. Benutzen Sie hierbei eine fachlich versierte und dennoch einfach und klar strukturierte Sprache.

Stichworte sinnvoll einsetzen

In aller Regel „achten“ Algorithmen in einer Bewerbung auf bestimmte Stichworte, die Sie in der Regel in der Stellenausschreibung finden. Allerdings liegt der Fokus hierauf vor allem auf fachlichen Anforderungen, weniger auf persönlichen. Kaum ein Algorithmus wird Ihre Bewerbung beispielsweise nach „Kommunikationsfähigkeit“ oder „Kundenorientierung“ durchleuchten.

Wenn in der Ausschreibung aber bestimmte, fachliche Anforderungen genannt werden, wie z.B. bestimmte Technologien und Programmiersprachen bei IT-Positionen, dann müssen diese unbedingt in die Bewerbung mit aufgenommen werden, und zwar im exakten Wortlaut der Stellenanzeige. Weitere Informationen zu fachlich relevanten Themen und Stichworten, auf die auch der Algorithmus möglicherweise reagiert, finden Sie auf der Webseite des Unternehmens.

Achten Sie dabei darauf, dass für Ihre angestrebte Position sowohl lokale, als auch globale Begrifflichkeiten gebräuchlich sein könnten und versuchen Sie entsprechend, alle Optionen zu berücksichtigen. Wenn Sie eine Skill-Liste erstellen, ergänzen Sie die einzelnen Fähigkeiten bestenfalls um Ihr Kenntnisniveau. Hierzu sollten Sie Begriffe nutzen, bei denen Sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen können, dass der Algorithmus diese interpretieren kann – wie z.B. „Expert“, „fortgeschritten“ usw.

Reine Skill-Listen ergeben jedoch ohnehin nur dann Sinn, wenn es um Aufgaben mit einer Vielzahl fachlicher Anforderungen geht, wie z.B. in der Softwareentwicklung. Achten Sie dann darauf, dass Sie die Liste auch für menschliche Augen ansprechend und nachvollziehbar ist. Sollten für Sie hingegen nur einige Kernfähigkeiten relevant sein, dann kann es mehr Sinn machen, die Fähigkeiten anhand praktischer Erfahrungen aufzuführen. Da viele Algorithmen Profile mittlerweile semantisch nach Inhalten durchleuchten, sollte dies der Erfassung Ihrer Fähigkeiten in aller Regel nicht schaden.

Sprachliche Gestaltung

In den letzten Jahren häufen sich in Bewerbungen sogenannte Management Summaries oder „Kurzprofile“. Diese sind mitunter gar nicht so kurz, wie der Name vermuten lässt. Doch ist hierbei Vorsicht geboten. Denn ausschweifende Formulierungen und irrelevante Informationen sorgen für eine möglicherweise ungenauere oder sogar falsche Klassifizierung durch den Algorithmus. Gleichzeitig sollten Sie darauf achten, die „Sprache des Unternehmens“ zu sprechen.

Auch hier bietet Ihnen bereits die Stellenanzeige wichtige Anhaltspunkte. Wenn es für einen Sachverhalt Ihrer Arbeit mehrere, unterschiedliche Formulierungen gibt, nutzen Sie immer diejenige, die auch in dem Unternehmen verwendet wird, in dem Sie sich bewerben.

Nehmen Sie übrigens lieber Abstand davon, Ihre Teamfähigkeit, Flexibilität, Kreativität, Belastbarkeit usw. in Ihrer Bewerbung zu betonen. Zum einen sucht kein HR-Algorithmus dieser Welt nach diesen Begriffen und zum anderen sind diese Worthülsen ohne konkrete Beispiele aus der Praxis für Ihre Bewerbung auch für den menschlichen Betrachter im Unternehmen nutzlos.

Penible Korrektheit

Der Tipp, Rechtschreibfehler in der Bewerbung zu vermeiden, ist sicherlich nicht erst seit dem Einsatz von Algorithmen gültig und wichtig. Doch während das menschliche Auge über manchen Rechtschreibfehler genauso flüchtig hinwegliest, wie er auch entstanden ist, oder der menschliche Leser diesen sanftmütig toleriert, wird ein Algorithmus in den meisten Fällen unverzeihlich aussortieren.

Der Begriff, den Sie ja eigentlich auch meinen, kommt für den Algorithmus im Dokument schlicht nicht vor. Wenn Sie beispielsweise anstatt „Kreditorenbuchhaltung“ laut Ihrem Lebenslauf Erfahrungen in „Kreditprenbuchhaltung“ haben, dann wird der Algorithmus Ihnen diese Fähigkeit einfach nicht zuerkennen.

Formale Tipps

Achten Sie unbedingt darauf, dass Ihr finales Dokument maschinenlesbar und das Kopieren von Text möglich ist. Verzichten Sie außerdem auf irrelevante Informationen, wie z.B. Namen, Geburtsdatum oder gar Beruf der Eltern, denn solche Informationen „verwirren“ den Algorithmus. Nehmen Sie übrigens auch lieber Abstand von dem Gedanken, Ihre Stichwortliste noch um ein paar interessante, aber nicht zutreffende Begriffe mit weißer Schrift auf weißem Grund zu ergänzen.

Manch ein Algorithmus erkennt mittlerweile sehr wohl auch die Textfarbe. Zudem werden Sie ja auch in möglicherweise anschließenden Gesprächen gezielt auf diese Kenntnisse hin befragt. Spätestens dann sollte ein solcher „Täuschungsversuch“ auffallen und Sie haben bei diesem Unternehmen keine Chancen mehr. Daher empfiehlt sich gegenüber dem Algorithmus schon im eigenen Interesse Ehrlichkeit bei der Bewerbung.

Befolgen Sie diese Kniffe bei der Erstellung Ihrer Vita, sollte Ihre Vita so aufbereitet sein, dass sie die erste Hürde im Recruiting-Prozess gut meistert – egal ob der erste Empfänger ein Mensch oder eine Künstliche Intelligenz ist.

*Sebastian von Rabenau ist seit 2004 in der Rekrutierung von Fach- und Führungskräften tätig und unterstützt und berät seitdem Unternehmen aller Größenordnungen bei der Besetzung von Schlüsselpositionen im Bereich IT.


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