Der CIO muss KI-Kompetenz im Unternehmen aufbauen

Künstliche Intelligenz (KI) birgt auch für die IT-Organisation von Unternehmen große Potenziale. Um sie auszuschöpfen, sollte der CIO Knowhow auf mehreren Ebenen aufbauen. [...]

Rund acht Milliarden Dollar haben Anbieter aus dem Bereich Artificial Intelligence (Künstliche Intelligenz) 2016 weltweit umgesetzt, schätzen die Marktforscher von IDC. In den kommenden drei Jahren werde sich das Umsatzvolumen verfünffachen, immer mehr Unternehmen investierten in Künstliche Intelligenz. Neben den disruptiven Veränderungen, die beispielsweise Cloud- und Analytics-Konzepte mit sich bringen, sollte mittlerweile auch KI auf der Prioritätenliste von CIOs weit oben stehen, fordert Diana Bersohn, Managing Director bei Accenture Strategy – Technology.
Der Siegeszug intelligenter Systeme und Maschinen in Unternehmen und Behörden weltweit wird anhalten, ist Bersohn überzeugt. Höchste Zeit also, dass sich Führungskräfte in der IT damit auseinandersetzten. Ihr geht es dabei vor allem um die Auswirkungen der Künstlichen Intelligenz auf das IT-Personal. Dem CIO obliege die Aufgabe, die IT-Belegschaft auf das KI-Zeitalter vorzubereiten und entsprechendes Knowhow in der Organisation aufzubauen. Um die Potenziale von Künstlicher Intelligenz und Machine Learning auszuschöpfen, empfiehlt sie fünf „Kompetenzgruppen“, die der CIO im Unternehmen etablieren sollte.
1. Machine Management
Unter Führungskräften und ihren Mitarbeitern herrsche große Verunsicherung, wenn es um den Einsatz von intelligenten Maschinen gehe, beobachtet die Accenture-Managerin. Die vielfältigen Potenziale von KI für die Organisation und jeden einzelnen würden dabei oft übersehen. Bersohn nennt in diesem Kontext etwa eine neue Software-Generation für „Robotic Process Automation“ (RPA), aber auch physische Roboter.
CIOs und andere IT-Verantwortliche täten gut daran, ihre Organisation schon jetzt darauf vorzubereiten. Karrierewege, Weiterbildung und Personalentwicklung dürften sich nicht länger nur am klassischen IT-Betrieb nach dem Motto „Keep the Lights on“ orientieren. Vielmehr sollten Unternehmen einen Paradigmenwechsel anstreben, der davon ausgeht, dass Künstliche Intelligenz in nahezu jeder Branche und Organisation zu massiven Veränderungen führt und am Ende die Produktivität der gesamten Belegschaft verbessert.
Beispiele für neue Kompetenzen sind in diesem Zusamenhang RPA-Management (Robotic Process Automation) und KI-Varianten und Einsatzszenarien.
2. Process Consulting
Geht es um die Verbesserung von Unternehmensprozessen, wurden die Kompetenzen der IT-Abteilungen viel zu lange nicht genutzt, kritisiert die Accenture-Expertin. Ihre Empfehlung: CIOs sollten ihre Mitarbeiter sowohl in puncto Business Process Management als auch Richtung Machine Learning gezielt weiterbilden. So ließen sich beispielsweise Prozesse im Finanzsektor, die Geldwäsche verhindern können, mithilfe von KI erheblich beschleunigen. Einschlägige Software erlaube es, mehrere große Datenströme gleichzeitig zu verarbeiten.
Von Menschen getroffene Entscheidungen könnten unterstützt werden, indem KI-Software Daten zusammenführe und aufwändige Vorarbeiten automatisiere. Schon jetzt würden KI-Systeme kundenzentrierte und interne Prozesse in einer Weise transformieren, die Menschen bislang nicht zugänglich war. Bersohn sieht denn auch eine klare Konvergenz zwischen dem traditionellen Business Process Management (BPM) und Robotic Process Automation (RPA). Als Beispiel nennt sie die Übernahme des RPA-Spezialisten OpenSpan durch den Business-Software-Anbieter Pegasystems. Auf diesen Trend müssten sich IT-Verantwortliche einstellen.
Beispiele für neue Kompetenzen sind dabei Geschäftsprozesse und Branchenwissen.
3. Plattformen und Daten-Management
Die IT-Belegschaft muss fundiertes Knowhow in Sachen Big Data aufbauen, so eine weitere Forderung. Die prädiktiven Modelle, die sich mithilfe von Machine-Learning-Methoden entwickeln ließen, könnten nur so gut sein wie die dafür genutzten Daten. Fehlten den internen Mitarbeitern die Fachkenntnisse, um mit solchen Methoden und Plattformen umzugehen, würden sie schnell zum Flaschenhals in KI-Vorhaben.
In vielen Unternehmen sei die IT-Organisation dabei, sich als interner Cloud-Provider neu zu erfinden, erläutert Berson. Entsprechende Technologien und Architekturkonzepte verlangten, dass sich die IT-Teams als „Enterprise Stewards“ für die die vielen unterschiedlichen Datentöpfe verstehen und Silos aufbrechen. Nur so ließen sich die Potenziale von Machine Learning ausschöpfen.
Beispiele für neue Kompetenzen sind hier Data Systems Management, API-Entwicklung und -Management sowie Information Strategy.
4. Algorithmen
Nicht jeder Kollege muss gleich zum Data Scientist mutieren, so die Accenture-Expertin. Dennoch hält sie es für essenziell, dass die Techniker im Unternehmen zumindest grundlegende Kenntnisse in Sachen Statistik und der Entwicklung von KI-Algorithmen erwerben. Unternehmen könnten davon in zweifacher Hinsicht profitieren. Zum einen lernten IT-Mitarbeiter, die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz auch den Kollegen in den Fachabteilungen zu erklären. In Zusammenarbeit mit Business-Experten könnten sie entsprechende Modelle kontinuierlich verbessern.
Zum anderen führten Kenntnisse der mathematischen Konzepte, auf denen Machine-Learning-Modelle basierten, generell zu einem höheren Qualifikationsniveau und schafften damit mehr Raum für die eigene Kreativität. Letztere könne die IT-Organisationen nutzen, um den Wertbeitrag der IT für das gesamte Unternehmen zu steigern. Bersohn verweist unter anderem auf eine Partnerschaft zwischen Accenture und dem Stevens Institute of Technology mit dem Ziel, Analytics-Kenntnisse in kritischen Bereichen von Kundenunternehmen aufzubauen.
Beispiele für neue Kompetenzen sind in diesem Bereich Data Set Selection, Regressions- und Klassifikationsmethoden sowie Model Accuracy Estimation.
5. Führung und Kompetenzen
Intelligente Maschinen entwickeln sich zu neuen „Arbeitskollegen“ und erledigen eine Menge administrativer Aufgaben, für die Menschen bisher viel Zeit aufwenden, erwartet die Accenture-Managerin. Mitarbeiter müssten nicht nur lernen, mit dieser Art von Arbeitsteilung zu leben. Es gehe künftig auch darum zu beurteilen, wo die maschinelle Intelligenz an Grenzen stößt und menschliches Entscheidungsvermögen gefragt ist. Dafür benötigten die Mitarbeiter eine höhere Problemlösungskompetenz und die Fähigkeit, Fragen in einer Weise zu formulieren, die für Maschinen verständlich ist. Am Ende soll der elektronische Kollege in der Lage sein, automatisierte Entscheidungen zu treffen, die sich innerhalb eines vorgegebenen Rahmens bewegen.
Beispiele für neue Kompetenzen sind dabei kommunikative und emotionale Intelligenz, Kollaboration und Cross-funktionales Wissen.
KI-Kompetenzen: was CIOs jetzt tun sollten
Was sollten CIOs als erstes tun, um einschlägige Fähigkeiten und Kompetenzen aufzubauen? Bersohn empfiehlt, mit einer internen Weiterbildungsinitiative zu starten, die sich auf das Erklären der Technologien und Vorteile konzentriert und dabei hilft, Ängste abzubauen. IT-Führungskräfte sollten demonstrieren, wie KI Mitarbeitern hilft, effizienter zu arbeiten und dass dabei zwar Aufgaben, nicht aber notwendigerweise Jobs wegfallen. Prototypen und Live-Demos von KI-Anwendungen könnten dabei helfen. Am Ende, so die Accenture-Expertin, sollten CIOs Workshops abhalten, um die Kreativität, Aufgeschlossenheit und Flexibilität der Mitarbeiter zu erhöhen. Diese sollten sich insbesondere an Führungskräfte richten.
* Wolfgang Herrmann ist Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO.

Mehr Artikel

News

Bad Bots werden immer menschenähnlicher

Bei Bad Bots handelt es sich um automatisierte Softwareprogramme, die für die Durchführung von Online-Aktivitäten im großen Maßstab entwickelt werden. Bad Bots sind für entsprechend schädliche Online-Aktivitäten konzipiert und können gegen viele verschiedene Ziele eingesetzt werden, darunter Websites, Server, APIs und andere Endpunkte. […]

Frauen berichten vielfach, dass ihre Schmerzen manchmal jahrelang nicht ernst genommen oder belächelt wurden. Künftig sollen Schmerzen gendersensibel in 3D visualisiert werden (c) mit KI generiert/DALL-E
News

Schmerzforschung und Gendermedizin

Im Projekt „Embodied Perceptions“ unter Leitung des AIT Center for Technology Experience wird das Thema Schmerzen ganzheitlich und gendersensibel betrachtet: Das Projektteam forscht zu Möglichkeiten, subjektives Schmerzempfinden über 3D-Avatare zu visualisieren. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*