Der kleine Knigge für Video-Calls

Videokonferenzen sind gelernt, darüber muss man nicht mehr reden. Oder vielleicht doch? Uns sind da noch einige Dinge aufgefallen. [...]

Wenn Sie in einer größeren Gruppe einen Wortbeitrag einbringen wollen, dann geben Sie ein digitales Handzeichen (c) pixabay.com

Microsoft Teams, Zoom, Skype, Google Meet, Bluejeans, Teamviewer, Webex – wir kennen sie alle. Jedes dieser Progrämmchen hat in den vergangenen Monaten Spuren hinterlassen, auf unseren Rechnern und in unseren Köpfen. Das ganze Netz ist gut gefüllt mit wohlmeinenden Ratgebern, aber manchmal entsteht der Eindruck, hier wird gesendet ohne Empfänger. Deshalb hier nochmal das Wichtigste zur Erinnerung.

Zeigen Sie Gesicht!

Schalten Sie ihre Kamera ein, solange die Übertragungsqualität nicht leidet! Nichts ist für Ihre Gesprächspartner demotivierender und ermüdender, als eine dunkle Kachel anzustarren. Menschen im Bewegtbild zu sehen, gibt der virtuellen Konferenz einen Human Touch. Es schafft Verbindung unter den Teilnehmern und hilft übrigens auch dem Organisator schnell zu erkennen, wer gerade spricht.

Wenn Ihnen die Vorstellung zuwider ist, dass andere mitbekommen könnten, wie Sie in der Nase bohren oder Fingernägel knabbern, dann können sie den Hintergrund vernebeln (Blur-Effekt) oder die Kamera doch ausschalten. Dann allerdings wäre es gut, wenn Sie wenigstens mit einem netten Foto zu sehen wären, nicht mit Ihren nackten Versalien.

Ist das Hintergrundbild okay?

Videokonferenz-Dienste bieten oft eine Auswahl an Hintergrundbildern an oder die Möglichkeit, sich ein eigenes Hintergrundbild hochzuladen. Wer von dieser Möglichkeit Gebrauch machen (und die miesere Bildqualität in Kauf nehmen) möchte, sollte sich für ein seriöses Motiv entscheiden, gerne für ein Bild oder Logo des eigenen Unternehmens.

Warum? Private Motive senden oft ungewollt Signale aus. Das Urlaubsbild sagt: Warum nur muss ich jetzt hier sein und dieses Gespräch führen? Das Bild von der eigenen Yacht oder dem neuen Tesla wirkt protzig, die Radtour in Funktionskleidung spießig und die Bücherwand gewollt belesen. Auch wenn sie gut gemeint sind: Solche Bilder lenken ab und setzen das Kopfkino der Gesprächspartner in Gang.

Privat bleibt privat!

Wer sich gegen ein statisches Hintergrundbild und für eine Live-Aufnahme aus seiner Arbeitsumgebung entscheidet, sollte sich erst einmal gründlich im eigenen Zimmer umschauen, bevor die Konferenz losgeht. Vielleicht findet es zum Beispiel der Kunde aus dem Mormonenstaat Utah nicht so lustig, wenn im Hintergrund gewagte Partybilder die Wand zieren, Karl Marx‘ gesammelte Werke ins Auge stechen, oder das ungemachte Doppelbett auftaucht.

Achten Sie auf die Lichtverhältnisse!

Am besten sind Lichtquellen, die den Raum gleichmäßig und nicht zu hell ausleuchten. Dann kann die (hoffentlich halbwegs hochwertige!) Kamera Farben und Kontraste optimal darstellen. Zudem empfiehlt es sich, direkte Sonneneinstrahlung zu vermeiden, die Folge wäre ein unnatürlich dunkles Gesicht. Eine Videokonferenz muss auch nicht zwangsläufig mit dem grobkarierten Sofa im Hintergrund stattfinden, da solche unruhigen Muster zu einer gestörten Wahrnehmung führen können.

Was soll ich bloß anziehen?

Die ewige Frage „Was soll ich bloß anziehen“ stellt sich im Homeoffice neu – wie die letzten Monaten gezeigt haben, allerdings nicht jedem. Muscle-Shirts, uralte Hoodies, Trainingsjacken, sogar der nackte Oberkörper – was haben wir nicht schon alles zu sehen bekommen. Warum zeigen sich Menschen, die noch vor ein paar Monaten im schicken Top oder Sakko bei der Arbeit aufkreuzten, im Video plötzlich in einer Worst-of-Kleiderschrank-Edition? Lassen Sie sich nicht gehen! Kleiden und schminken Sie sich wie in der Arbeit! Kleiner Trost: Ihre Hausschuhe können Sie anbehalten.

Kinder und Haustiere sind süß, aber…

Die Kolleginnen und Kollegen sind wahrscheinlich nicht so fasziniert und gerührt, wie Sie es gerne hätten. Natürlich: Jeder hat in diesen schwierigen Zeiten Verständnis dafür, dass Haustiere, Kinder, Schwiegermütter etc. in der Nähe sind. Aber Dienst ist Dienst: Wenn es möglich ist, sollten private Dinge auch im Homeoffice von beruflichen getrennt werden. Vermeiden Sie Ablenkungen für die Menschen in Ihrer virtuellen Konferenz, es sei denn Sie treffen sich außer der Reihe zu einem Social Event – etwa zum Feierabendbier, wo Sie ohnehin eher Privates besprechen.

Schon wieder „gemutet“

In Video-Calls machen sich viele Kolleginnen und Kollegen nicht nur unsichtbar, sondern schalten sich auch stumm. „Herr X, Sie sind gemutet!“ – den Satz hat jede/r schon vielfach gehört – mal sehen, wann „to mute oneself“ vom Duden aufgenommen wird. Stellt sich die Frage, warum die Leute eigentlich ihren Ton ausstellen. Lärmt eine Baustelle im Hintergrund? Schreiende Kinder? Musik? Schnupfen? Wenn all das nicht der Fall ist, kann das Mikrofon getrost offenbleiben. Andererseits: In manch einem Meeting ist es auch ganz schön, den Kollegen X mal nicht zu hören…

Nicht erlaubt: der Chat nebenbei

Im Meeting nebenbei E-Mails zu beantworten, zu chatten oder eine WhatsApp-Nachricht zu schreiben, ist grob unhöflich, vor allem, wenn es die anderen registrieren. Solange Bild und Ton ausgeschaltet sind, ist es allerdings auch wieder egal. Dann schlägt die eine Unhöflichkeit die andere. Entscheiden Sie selbst, was Sie Ihren Gesprächspartnern zumuten wollen.

Laden Sie nicht jede/n ein!

Nie war es so einfach zu meeten, wie in diesen digitalen Zeiten. Nicht wenige redselige GesellInnen animiert dieser Umstand dazu, ein digitales Treffen nach dem anderen anzuberaumen. Eingeladen wird großzügig, denn je größer der Adressatenkreis, desto wichtiger der Initiator. Mal ehrlich: Halten Sie die Teilnehmergruppe so klein wie möglich! Und sorgen Sie für eine kurze, klare, vorab zugängliche Agenda. Keine schlechte Idee ist es auch, die Dauer der Veranstaltung von vornherein zu begrenzen.

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Pünktlichkeit ist die Tugend der Könige

Nichts ist ärgerlicher und peinlicher, als wenn ausgerechnet der Initiator eines Meetings zu spät kommt. Nein – es ist definitiv nicht so, dass Spätankömmlinge als besonders wichtig wahrgenommen werden. Vielmehr fühlen sich die Teilnehmer nicht respektiert und wundern sich spätestens beim zweiten Mal über das schlechte Zeitmanagement und Benehmen des Kollegen. Wer ein Terminproblem hat, kann das den anderen auch noch kurzfristig vorher mitteilen und das Meeting verschieben. Wozu haben wir denn alle unsere schicken Smartphones in den Taschen?

Suchen Sie Augenkontakt

Zugegeben, das ist nicht ganz einfach. Wenn vor ihnen zehn KollegInnen auf dem Bildschirm zu sehen sind und die Diskussion in vollem Gange ist, dann fällt es schwer, die Augen nicht auf die Sprecher, sondern auf einen ganz anderen Punkt, nämlich die Kamera, zu richten. Aber man kann es versuchen, und das richtige Arrangement des Equipments hilft dabei. Die Kamera sollte stets auf Augenhöhe oder leicht darüber angebracht sein. Für Notebook-Nutzer heißt das, zwei oder drei Bücher unter das Gerät zu legen. Und wenn Sie zwei Bildschirme nutzen: Lassen Sie die Konferenz auf dem Screen laufen, über dem die Kamera angebracht ist.

Erst aufzeigen, dann reden!

Wenn Sie in einer größeren Gruppe einen Wortbeitrag einbringen wollen, dann geben Sie ein digitales Handzeichen. So einfach wie es scheint, ist das allerdings nicht: Wir kennen all die Meetings, in denen fünf Kollegen etwas sagen wollen und jede Kontrolle über die Reihenfolge verlorengeht. Dennoch sorgt dieses Verfahren in der Regel dafür, dass auch die Schweigsameren (irgendwann) zu Wort kommen. In kleineren Calls ist das nicht nötig, da nimmt die Diskussion sogar eher Fahrt auf, wenn sich alle so verhalten, wie in einem realen Meeting.

Peinlichkeiten im Livestream

Der Worst Case kommt zum Schluss: Sie streiten in Ihrem Büro mit einem Mitarbeiter oder dem Chef und vergessen dabei, dass die Videokonferenz noch läuft und Sie aktiv zu sehen und zu hören sind. In diesem Falle – können wir Ihnen auch nicht mehr helfen.

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*Heinrich Vaske ist Editorial Director von COMPUTERWOCHE und CIO. Seine wichtigste Aufgabe ist die inhaltliche Ausrichtung beider Medienmarken – im Web und in den Print-Titeln. Vaske verantwortet außerdem inhaltlich die Sonderpublikationen, Social-Web-Engagements und Mobile-Produkte und moderiert Veranstaltungen.


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