Von immer aggressiveren Cyber-Attacken über IoT bis hin zur Digitalen Transformation: so viele Veränderungen gab es für die IT wohl noch nie. [...]
Viele Unternehmen sind dadurch überfordert. Sie brauchen zuverlässige IT-Partner, die sie durch das Dickicht führen. Aber auch sie müssen umdenken.
Egal, was eine Firma auf der Welt tut, egal, wie groß sie ist oder in welchen Märkten sie agiert: ohne IT ist sie vollkommen hilflos. Sie kann nicht mehr entwickeln, nicht mehr kommunizieren, nicht mehr verkaufen, sie kann sich nicht mehr gegen den Wettbewerb wehren. Die IT hat sich vom Unterstützungs-Werkzeug zum strategischen und unverzichtbaren business enabler entwickelt. Die Geschäftswelt hängt am Datentropf.
Und genau das ist das Problem, denn in der Unternehmens-IT gibt es so viele Veränderungen wie noch nie. Von außen und von innen prasseln Herausforderungen aller Couleur massiv auf sie nieder, und viele Unternehmen sind allein durch deren schiere Menge völlig überfordert.
Änderungen, wo man hinsieht
Eine der größten Herausforderungen ist die erschreckend schnelle Zunahme von Cyber-Bedrohungen. In Mode gekommen ist gerade Ransomware, die Anzahl von DDoS-Attacken explodiert geradezu, die klassischen Viren- und Firewall-Angriffe sind sowieso an der Tagesordnung, und sogenannte fortschrittliche Threats sind immer schwerer aufzuhalten. Hacker geben die Taktrate vor, und Unternehmen hinken hinterher. Auf dem Spiel steht nicht nur der Klau von Daten, sondern auch der Stillstand der IT, mit all den möglichen negativen Folgen wie Imageschaden oder Umsatzeinbruch.
Aus einem ganz anderen Bereich kommt die nächste große Herausforderung: das veränderte Verhalten von Kunden. Zwei Drittel der deutschen Internetsurfer nutzen mittlerweile Smartphones, so das Ergebnis der aktuellen ARD-ZDF-Onlinestudie 2016 – und der Anteil steigt, zu Lasten der klassischen Notebooks und Desktops, weiter an. Surfer, also Kunden, geben sich nicht mehr zufrieden mit mittelmäßigen Apps, einer komplizierten Navigation oder zu langen Wartezeiten, sondern wollen eine intuitive und reibungslose customer experience. Für die IT bedeutet diese neue Anspruchshaltung die nächste Herkulesaufgabe, nämlich die komplette Überarbeitung des Internetauftritts und Neugestaltung aller Apps.
Dabei ist höchste Konzentration gefragt, denn gerade mit der zunehmenden Nutzung von mobilen Devices sind so gut wie alle Märkte international geworden: Der Wettbewerb kommt heute nicht mehr nur aus Augsburg oder Bielefeld, sondern aus Shanghai, San Francisco oder Mumbai. Dort entwerfen clevere Start-ups Apps und Angebote, die klassischen Unternehmen das Wasser abgraben und sie massiv unter Druck setzen – der am Ende auch an die IT weitergegeben wird.
Immer schnellere Innovation, die Verfügbarkeit immer neuer Technologien und die Angebote immer neuer Anbieter, Produkte oder Dienstleistungen ist das nächste große Beschäftigungsfeld für die IT: Welche Lösungen von welchen Anbietern sind für das eigene Unternehmen sinnvoll? Diese Frage ist nicht mehr so einfach zu beantworten und setzt einen mittlerweile gigantischen Rechercheaufwand voraus.
Altbewährtes bremst die Unternehmen aus
Und dann gibt es noch die internen Herausforderungen. Jahrelang sind etwa Datensilos „historisch gewachsen“, wie es immer wieder heißt. Das ist eine freundliche Umschreibung für die Tatsache, dass die IT die Entstehung solcher Silos einfach zugelassen hat. Dieses Laissez faire rächt sich jetzt, denn Unternehmen sind, in einer schnelleren und globaleren Welt, immer mehr darauf angewiesen, präzise Entscheidungen auf der Grundlage umfassender Datenanalysen zu treffen. Mit isolierten Datenbeständen ist das alles andere als einfach: Die Auflösung der Silos steht an.
Damit ist mit der Silo-Thematik aber noch nicht Schluss, denn auch Sicherheits-Silos bestimmen den IT-Alltag. Auch sie sind im Laufe der Jahre entstanden, nicht zuletzt wegen des proprietären Aufbaus vieler Softwarelösungen. Es ist kein Geheimnis, dass etwa SAP und die allgemeine IT-Sicherheit zwei völlig getrennte Welten sind. So entsteht eine Ineffizienz, die angesichts der immer moderneren Sicherheitsbedrohungen ein großes Hindernis darstellt und deshalb mit allerhöchster Priorität behoben werden muss. Möglicherweise der wichtigste Punkt auf der Herausforderungsagenda der IT.
Dann gibt es auch noch zahlreiche andere Themen, die die IT beschäftigen, angefangen von Big Data über BYOD und Schatten-IT bis hin zum aufkeimenden Internet der Dinge, das schon in der nahen Zukunft eine fundamentale Rolle nicht nur für Produktionsbetriebe spielen wird: auch Banken und Versicherungen setzen sich intensiv damit auseinander, etwa um den Zustand von Immobilien oder zu versichernden Maschinen zu bestimmen.
Fast wird, angesichts dieser zahlreichen Herausforderungen, der operative Betrieb vergessen: Klingt nach wenig Aufwand, aber mit der Sicherstellung der Systemverfügbarkeit, der notwendigen Softwarepflege, unzähligen Administrationsaufgaben und dem Helpdesk verbringt die IT den mit Abstand größten Teil ihrer Zeit.
Und dann steht auch noch die Digitale Transformation an, dieses Monstrum, mit dem sich jeder beschäftigt, das aber kaum zu fassen ist. Es gibt nicht einmal eine richtige Definition dafür, aber alle sind sich darüber einig, dass sie notwendig ist. Einhergehend damit müssen sich Unternehmen auch noch mit dem berüchtigten cultural change auseinandersetzen: Grenzen zwischen den Abteilungen kappen, die Organisation anpassen, interdisziplinär vorgehen und umdenken – was auch immer das heißen soll.
Unternehmen sind überfordert
Druck von außen und innen, ein Workload, der kaum noch zu bewältigen ist, eine IT der (mindestens) zwei Geschwindigkeiten, dazu knappe Budgets und fehlende Ressourcen: Wie soll das gehen? Kein Wunder, dass viele Unternehmen überfordert sind. Alleine werden sie die Herausforderungen kaum meistern können, sie sind auf externe Partner angewiesen, die sie zuverlässig durch dieses Dickicht führen.
Klassische IT-Dienstleister stehen ihnen mit Rat und Tat zur Seite. Aber auch sie stoßen mit ihrem bisherigen Wissen schnell an Grenzen: Wenn der Markt sich verändert, verändern sich auch Unternehmen, und am Ende müssen auch IT-Dienstleister diesen Prozess durchmachen.
Das ist gar nicht so einfach, denn es geht nicht mehr nur darum, weiteres Wissen über Produkte, Lösungen oder Verfahren zu akquirieren. Dienstleister müssen fortan tief in die Prozesse ihrer Kunden eintauchen und ihr Geschäft verstehen lernen. Sie müssen Zusammenhänge erkennen und einschätzen können, um mit ihrer IT-Expertise die technologisch zielführenden Lösungen und Strategien anzubieten.
Dafür reicht das Gespräch allein mit der IT-Abteilung nicht mehr aus, weil ein interdisziplinäres Vorgehen, das alle Abteilungen umfasst, notwendig ist. IT-Dienstleister spielen damit eine weitere Rolle: die des Moderators, der zwischen den unterschiedlichsten Bereichen eines Unternehmens vermittelt. Damit ist der cultural change endgültig auch bei ihnen angekommen.
Wie IT-Dienstleister am besten vorgehen
Wie gehen sie nun am besten vor? Einige Empfehlungen für IT-Dienstleister:
– Ziele festlegen. Angesichts aller neuen IT-Herausforderungen müssen IT-Dienstleister zunächst einmal in sich gehen: Welche Art von Dienstleistung wollen sie in welchem Umfang anbieten? Sollen Unternehmen tatsächlich ganzheitlich beraten werden? Was bedeutet die Tragweite, wenn ein solcher Schritt festgelegt wird: Gibt die Substanz des Unternehmens es her? Muss investiert werden? Am Ende sollte eine detaillierte Roadmap mit Zielen, Inhalten und Aufwand festgeschrieben werden.
– Status quo ermitteln. Was sind die bisherigen Stärken des Unternehmens: Klassische IT-Beratung, Technologieberatung, IT-Implementierung oder Softwareentwicklung? Welche Bereiche werden abgedeckt: Sicherheit, ERP, Big Data oder Business Intelligence? Wo gibt es, basierend auf der Festschreibung der Ziele, Nachholbedarf?
– Organisation anpassen. Je nach Ziel muss die Organisation des IT-Dienstleisters angepasst werden: Aufteilung nach Bereichen oder Technologie, möglicherweise Schaffung von virtuellen Teams aus mehreren Bereichen, die den Kunden interdisziplinär begleiten können.
– Know-how aufbauen. Sollen Prozesse bei Kunden optimiert oder sogar die Grundlagen von neuen Geschäftsideen mitentwickelt werden, ist zusätzliches Know-how notwendig. Sinnvoll sind dabei intensive und regelmäßige Produkt-, Technologie- oder Business-Schulungen.
– Moderieren lernen. Zur Moderation gehört nicht nur technisches oder formales Wissen, sondern auch die Fähigkeit, eine heterogene Gruppe zu leiten, die Gruppendynamik zu steuern, kreative Ideen freisetzen oder gegensätzliche Interessen zu vereinen. Moderieren heißt allerdings nicht unbedingt, selbst detaillierte Antworten auf Prozess-orientierte oder Business-Fragen der Kunden zu geben: das bessere Knowhow darüber haben immer noch deren Mitarbeiter. Im Vordergrund steht vielmehr die Formalisierung des Ablaufs. Gegebenenfalls kann entsprechendes Coaching von Moderationsspezialisten eingekauft werden.
– Personal-Skills aufbauen. Ein externer IT-Dienstleister kann Unternehmen auch dabei unterstützen, ihre Organisation anzupassen: etwa die Position eines CDOs neben dem CIO zu definieren und den richtigen Mitarbeiter dafür zu finden, oder Treiber für die Digitale Transformation in den unterschiedlichen Abteilungen zu identifizieren. Ein gutes Gespür ist dafür Voraussetzung.
Angesichts aller Herausforderungen, mit denen Unternehmen und ihre IT konfrontiert werden, ist das Business-Potenzial für IT-Dienstleister heute gigantisch. Und es wird in den nächsten Jahren weiterwachsen. Voraussetzung dafür ist, dass IT-Dienstleister, neben ihrer eigenen Veränderung, ihre Kunden proaktiv begleiten.
* Der Autor Henning von Kielpinski ist Leiter Business Development bei Consol Software in München.
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