Der lange Atem von Apple-CEO Tim Cook

Tim Cook fiel als Nachfolger des Apple-Gründers Steve Jobs eine übergroße Aufgabe zu. Der Konzern, der sich um einen genialen Produkt-Visionär drehte, muss als Mannschaft funktionieren. Im Herbst zeigen erste Produkte der Ära nach Jobs, wie der Wandel läuft. [...]

Als Tim Cook vor zwei Jahren die Apple-Spitze vom todgeweihten Gründer Steve Jobs übernahm, war das Vertrauen der Investoren noch ungebrochen. Apple kitzelte die Fantasie der Börse mit Milliarden-Gewinnen, Beobachter malten sich ein stetes Feuerwerk von Innovationen aus, die immer weitere Branchen umkrempeln.
Zwei Jahre später muss Cook gegen eine Atmosphäre von Ernüchterung ankämpfen. Seinem Unternehmen wird vorgeworfen, nur Fortentwicklungen bisheriger Geräte herauszubringen, die Aktie ist weit von ihren Rekordständen entfernt – und es ist immer noch kein Apple-Fernseher auf dem Markt. Der US-Fernsehsender Fox News berichtete jüngst unter Berufung auf Verwaltungsratskreise, das Apple-Aufsichtsgremium wolle von Cook mehr Innovationen sehen.
In dieser Stimmung wird der 52-Jährige bald die wohl wichtigste Produkt seiner bisherigen Karriere auf den Markt bringen: Das neue Betriebssystem iOS 7 für iPhone und iPad mit den größten Veränderungen seit dem Start des Apple-Handys 2007. Es dürfte das erste Aushängeschild der Ära nach Steve Jobs werden. Doch im Gegensatz zu seinem Vorgänger und Übervater hat Cook nicht selbst alle Details bis hin zum Farbton der App-Symbole höchst persönlich festgelegt. Der neue Chef delegiere stattdessen, heißt es in Cupertino.
Hinter den Kulissen stellte Cook die Weichen für ein neues Apple, in dem ein Team die Rolle des Produkt-Visionärs Jobs übernehmen soll – ein Experiment am lebenden Organismus, denn schließlich muss der Konzern täglich gegen starke Rivalen wie Samsung und Google ankämpfen. Cook setzte auf Chefdesigner Jony Ive als neuen starken Mann, indem er ihm auch die Verantwortung für das Aussehen der Software übertrug. Er brachte frisches Blut ins Apple-Hauptquartier mit überraschenden Neueinstellungen wie dem bisherigen Chef des Modelabels Yves Saint Laurent oder einem der Entwickler von Nikes Fitness-Armband FuelBand.
Cook ist unverkennbar anders als sein Ziehvater Jobs und hat Apple in den zwei Jahren an der Spitze verändert. Zum einen sorgte die langjährige Nummer zwei für mehr Transparenz. Apple veröffentlichte erstmals eine Liste seiner Zulieferer und trat als erster Elektronik-Riese einer unabhängigen Organisation bei, die eigene Kontrollen in chinesischen Fabriken durchführt. Im Gegensatz zu Jobs ging Cook auf Investoren zu teilt mit ihnen Apples Milliardenschatz über Dividenden und Aktienrückkäufe im Gesamtvolumen von 100 Milliarden Dollar. Damit öffnete er einen Türspalt: Aktionäre wie der berüchtigte Finanzhai Carl Icahn wollen immer noch mehr.


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