Der Stand der Automatisierung in Lieferketten

Die Automatisierung hat das Potenzial, Logistikabläufe zu revolutionieren. Während die Möglichkeiten aufgrund sinkender Kosten zunehmen, fördern schnellere Kapitalrenditen (ROI) den Einsatz von Automatisierung. Prologis Research hat einen Special Report veröffentlicht, der über den Stand der Automatisierung in Lieferketten informiert. 
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Die Einführung der Automatisierung ist derzeit in Logistikimmobilien aufgrund hoher Kosten, geringer Flexibilität und langsamer Kapitalrendite begrenzt. (c) Pixabay
Die Einführung der Automatisierung ist derzeit in Logistikimmobilien aufgrund hoher Kosten, geringer Flexibilität und langsamer Kapitalrendite begrenzt. (c) Pixabay

Das Zusammenspiel von drei Trends hilft dabei, dass ein höherer Automatisierungsgrad in Immobilien erreicht wird. Erstens hat COVID-19 zu mehr Fehlzeiten geführt, was die Bedeutung der Verfügbarkeit von Arbeitskräften noch einmal betont hat. Zweitens verbessert sich die Technologie weiter, wodurch die Möglichkeiten erweitert und die Kosten gesenkt werden. Drittens nehmen arbeitsintensive Prozesse, insbesondere durch E-Commerce, rasch zu. Diese Nutzer profitieren in hohem Maße von dieser Technologie und sind Vorreiter bei deren Einsatz, so die Studie von Prologis Research.

Dieser einschneidende Wandel kann nicht hoch genug eingeschätzt werden: Was Jahre dauern sollte, bis es sich durchsetzt, findet in nur wenigen Monaten statt. Infolgedessen investieren einige Unternehmen erheblich in die Automatisierung. In diesem Report, dem ersten einer Reihe, untersucht Prologis Research den aktuellen Stand der Lagerautomatisierung, wie sie sich verändert und welche Auswirkungen sie auf die gewünschten Gebäudeeigenschaften hat:

Die Einführung der Automatisierung ist derzeit in Logistikimmobilien aufgrund hoher Kosten, geringer Flexibilität und langsamer Kapitalrendite begrenzt. Die Einzugskosten bei vollautomatisierter Immobilienausstattung sind 4 bis 5 Mal höher als die Einzugskosten bei einer nicht oder nur gering automatisierten Einrichtung. Weitere Faktoren sind Schwierigkeiten bei der Planung und der Bedarf an betrieblicher Flexibilität sowie die Herausforderungen im Zusammenhang mit Ausfallzeiten und Integration während der Implementierung.

Die Automatisierung konzentriert sich auf das E-Fulfillment. E-Commerce ist dreimal arbeitsintensiver als herkömmliche Logistikprozesse; die Schwankungen im Verkauf sind doppelt so hoch wie im stationären Einzelhandel. Die Branche wächst schnell, was sie zu einem vielversprechenden Bereich für Investitionen macht, die die Arbeitsproduktivität verbessern und Spitzen ausgleichen können.
Durch Automatisierung können hochwertige Standorte in der Nähe der Endverbraucher erschlossen werden, was eine erweiterte Direktlieferung nach Hause erleichtert. In vielen Fällen ist die Standortwahl heute ein Kompromiss zwischen der Verfügbarkeit von Arbeitskräften und der Nähe zum Endverbraucher. In einer Welt der Automatisierung kann der zweite Faktor Vorrang haben, der es unseren Kunden ermöglicht, schnellere Lieferzeiten anzubieten und die Transportkosten zu optimieren.

Der Report befasst sich mit den drei wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit dem aktuellen Stand der Automatisierung und ihren Zukunftsaussichten:

  • Was ist Automatisierung?
  • Wie hoch ist die Akzeptanz der Automatisierung und wie verändert sie sich?
  • Wie verändert die Automatisierung die Anforderungen an Logistikimmobilien?
  • Was ist eine Automatisierung?

Automatisierung zielt auf die Verbesserung der Effizienz ab. Wenn sie gut geplant sind, sind automatisierte Standorte produktiver, laufen reibungsloser, haben schnellere Bearbeitungszeiten, verbessern die Sicherheit der Arbeitnehmer und sind bezüglich der Gesamtkosten (Betriebs- und Investitionsausgaben) effizienter. Die logistischen Arbeitsprozesse umfassen in der Regel Folgendes:

  • Entladung/Annahme
  • Einlagerung
  • Lagerung
  • Picking
  • Verpackung
  • Verladung/Versand

Alle Logistikakteure müssen ihre Anforderungen und Fähigkeiten für diese Funktionen bewerten und entsprechend investieren. Seit Längerem setzt die Logistikbranche produktivitätssteigerndes Equipment wie Regale und Gabelstapler ein, um diese Funktionen zu erfüllen.

Das Hauptmerkmal bei der Definition und Unterscheidung von Automatisierungstechnologien von anderen Gerätetypen ist die Autonomie der menschlichen Kontrolle. Auch hier sind einige dieser produktivitätssteigernden Technologien, einschließlich komplexer Fördersysteme, pneumatischer Rollen und fahrerloser Transportsysteme, für Logistikprozesse nicht neu.

Automatisierungstechnologien können in zwei Kategorien eingeteilt werden:

Feste Automatisierung: Bei diesen Arten der Automatisierung handelt es sich in der Regel um große, maßgeschneiderte oder halb maßgeschneiderte, feste Kapazitäten mit begrenzter Flexibilität und um hochpreisige Anlagen. Gängige Typen umfassen:

  • Förderbänder
  • automatische Sortiermaschinen
  • Palettierer
  • Paletten-Shuttles
  • Automatisierte Lager- und Bereitstellungssysteme (AS/RS).

Mobile und semi-mobile Automatisierung: Bei diesen Arten der Automatisierung handelt es sich in der Regel um eigenständige Robotik-Lösungen, die in verschiedenen Umgebungen einsetzbar sind und eine größere Flexibilität für die bedarfsgerechte Skalierung nach oben/unten bieten. Zu den gängigen Arten gehören:

  • Automated Guided Vehicles (AGV) wie z.B. autonome Gabelstapler
  • Autonomous Mobile Robots (AMR) wie einige Co-Bots
  • Spezialisierte/Nischenautomatisierung wie automatisiertes Verpacken und automatisierte Entladevorrichtungen für Anhänger

Es gibt keine Patentlösung

Viele Automatisierungslösungen zielen auf eine oder zwei der sechs Kernfunktionen des Lagers ab. Jeder Schritt beinhaltet Aktionen, Bewegungen, Variabilität und Komplexitätsgrade, die sich grundsätzlich voneinander unterscheiden. Darüber hinaus erfordert jeder Schritt spezielles Equipment. Integrationen zwischen den Kernfunktionen und Integrationen über Automatisierungstechnologien hinweg sind besonders komplex und teuer. Beispielsweise bewerkstelligen pneumatische Rollen nur die Einlagerung und Kommissionierung mit jeweils eigenen Bahnen. Mobile Technologien und Co-Bots zielen auf die Funktionen ab, die am einfachsten zu automatisieren sind.

Zudem bieten sie die schnellste Kapitalrendite und eine einfachere Integration. Gleichzeitig ermöglichen sie es den Anwendern, im Kern des Betriebs auf das menschliche Talent zu setzen.

Wie hoch ist der Grad der Einführung von Automatisierung und wie verändert er sich?

In erster Linie investieren Unternehmen in Automatisierung, um die Arbeitsproduktivität und den Durchsatz zu verbessern, und nicht, um die benötigte Lagerfläche zu reduzieren. Folglich ist der Einführungsgrad der Automatisierung an die Arbeitskräfte gekoppelt. Unternehmen aus dem E-Commerce-Bereich beschäftigen in der Regel mehr als drei Mitarbeiter pro 1.000 Quadratfuß (ca. 93 Quadratmeter). Die Mehrheit der befragten Kunden, die Mitte 2020 etwa 15 Prozent der Logistikfläche ausmachten, hat eine oder mehrere Formen der Automatisierung eingeführt. Im Gegensatz dazu beschäftigt der traditionelle Fulfillment-Betrieb im Durchschnitt einen Mitarbeiter pro 1.000 Quadratfuß (ca. 93 Quadratmeter). Der Einführungsgrad von Automatisierung ist bei diesen Anwendern sehr gering. Zusammengenommen liegt der Einsatz einer oder mehrerer Arten von Automationstechnologien zwischen 20 und 25 Prozent bei allen Logistikimmobilien. Obwohl die Betriebsdichte ein Nebeneffekt der Automatisierung sein kann, ist sie nicht das Hauptziel und ist auch nicht üblich. Tatsächlich ist die Verringerung von Verzögerungen in der Anlage ein wichtiger Vorteil vieler Arten von Automatisierung.

Der derzeitige Einführungsgrad der Automatisierung ist je nach Technologie sehr unterschiedlich. Eine im Jahr 2019 bei US-Logistikkunden durchgeführte Umfrage ergab, dass etwa 30 Prozent der Befragten in Immobilien arbeiteten, die mit Förderanlagen oder Vertikalliften ausgestattet sind – diese sind die am häufigsten verwendeten Technologien. An ungefähr 8 bis 10 Prozent der Arbeitsplätze der Befragten werden AGVs/AMRs genutzt, wobei etwa der gleiche Prozentsatz Pick-to-Light- oder Pick-to-Voice-Technologien einsetzt. Feste Automatisierungssysteme (Regalbediengeräte, automatische Sortierung) werden mit 3 bis 5 Prozent der Befragten relativ selten genutzt. Bei diesen Technologien ist der Einsatz in größeren Immobilien-Einheiten konzentrierter: Beispielsweise waren Immobilien-Einheiten, in denen Robotik eingesetzt wird, 33 Prozent größer als der Durchschnitt. Einheiten, in denen Regalbediengeräte oder automatische Sortiersysteme genutzt werden, waren dreimal so groß wie die durchschnittliche Einheit.

Durchgängige Automatisierung ist heutzutage selten, und der Einführungsgrad ist insgesamt gering – insbesondere bei der stationären Automatisierung. Dafür gibt es verschiedene Gründe:

Hohe Kosten und lange Amortisationszeiten: Viele traditionelle Formen der Automatisierung sind stark auf spezifische Anwendungen zugeschnitten. Das kann sowohl die Einführungskosten erhöhen als auch die sekundäre Nutzung einschränken. Darüber hinaus verringert die geringe Anzahl von Mitarbeitern in vielen Logistikimmobilien den wirtschaftlichen Nutzen der Aufgaben- und Prozessautomatisierung durch Einsparungen bei Arbeitskräften.

Prozesskomplexität und Planungsherausforderungen: Die Automatisierung ist dort am weitesten verbreitet, wo sich die folgenden drei Merkmale überschneiden:

  • wiederholte Prozesse
  • hohes Volumen und
  • geringe Variabilität von Tag zu Tag und von Monat zu Monat.

Die größere Volatilität, die mit den E-Commerce-Geschäften einhergeht, vergrößert die Herausforderungen bei langfristigen Investitionen in die Automatisierung zusätzlich. Während der Feiertage und anderer Spitzenzeiten, wenn der Arbeitskräftebedarf sehr hoch ist, sind die Vorteile jedoch besonders deutlich zu erkennen.

Einschränkungen bei der Implementierung: Lieferkette wurden in der Vergangenheit aus Effizienzgründen aufgebaut. Es gibt nur sehr wenige Ausfallzeiten für System-Upgrades, und Unterbrechungen bestehender Prozesse bringen zusätzliche Kosten und Risiken für die betriebliche Stabilität mit sich.

Berücksichtigung von IT und schlechter Datenqualität: Die Komplexität von Automatisierungssystemen erfordert die Integration mehrerer bestehender Systeme (z.B. Bestellung, Lagerverwaltung). Das bedeutet, dass die traditionellen Hindernisse für die IT-Modernisierung auch für die Automatisierung gelten. Eine Umfrage der DC Velocity/ARC Advisory Group, die im ersten Quartal 2020 durchgeführt wurde, ergab, dass für 36 Prozent der Befragten die Lagerverwaltungssysteme nach wie vor die höchste Priorität bei Technologieinvestitionen haben.

Geringere Verfügbarkeit von Arbeitskräften: Eine historisch niedrige Arbeitslosigkeit, zunehmend komplexere Arbeitsplätze (z.B. Techniker) und abgelegene Standorte sind Hindernisse für die Umsetzung.

Neuere Technologien lösen die traditionellen Hindernisse bei der Einführung: Die Integration wird einfacher, althergebrachte Technologien werden zunehmend modularisiert, und zusätzlich zum Menschen wird die mobile Automatisierung eingeführt. Die Automatisierung kann eine ergänzende Technologie sein, die bestehende Prozesse verbessert, anstatt sie grundlegend zu ersetzen – auch hier liegt der Schwerpunkt darauf, die Arbeitsproduktivität zu steigern und nicht auf „verdeckten“, völlig autonomen Betriebsabläufen und/oder tiefgreifenden Veränderungen der Immobiliennutzung. Außerdem ist man sich einig, dass die Automatisierung finanzielle Vorteile bringen wird: Laut der DC Velocity-Umfrage gaben 96 Prozent der Befragten (vor dem Beginn von COVID-19) an, davon auszugehen, dass das Wertversprechen der Lagerautomatisierung in den nächsten drei Jahren zunehmen wird.

Wie verändert Automatisierung die Anforderungen an Logistikimmobilien?

Automatisierung ermöglicht eine größere Auswahl an Standorten. Außerdem können die meisten Varianten in jede moderne Anlage integriert werden. Prologis Research hat zwei Bereiche untersucht, in denen sich Logistikimmobilien verändern können: funktionale Anforderungen und Standortanforderungen.

Die physischen Anforderungen an die Automatisierung ändern nichts am Tempo der funktionalen Veralterung: Die Entwicklung hin zu mobiler Automatisierung und modularer stationärer Automatisierung bedeutet, dass die physischen Eigenschaften von Gebäuden weniger wichtig sind, da die Technologien flexibler werden. Die meisten erforderlichen Merkmale können nachgerüstet werden (z.B. erhöhter Energiebedarf).

Automatisierung ermöglicht neue und produktivere Standorte: Insbesondere ermöglicht Automatisierung es, in Märkte mit begrenzten Arbeitskräften zu expandieren. Auf den ersten Blick mag die Diskrepanz zwischen logistischen Abläufen und dem Arbeitskräftebedarf darin begründet zu sein, dass es sich um abgelegene Standorte handelt. Sinkende Transportkosten und kürzere Entfernung zu den Verbrauchern ist jedoch für die meisten Logistiknutzer von entscheidender Bedeutung. Folglich zeigen sie mehr Interesse daran, wie die Automatisierung dabei helfen kann, Infill-Standorte und städtische Lagen zu erschließen, wo Arbeitskosten und Verfügbarkeit von Mitarbeitern traditionell Hürden waren.

Fazit: Automatisierung ist eine Chance für Logistikdienstleister, ihre Immobilien zu optimieren

Automatisierung ermöglicht es Kunden, ihre Lieferkette aufgrund der Nähe zu besseren Standorten zu optimieren.

Zurzeit ist die Akzeptanz noch gering, aber sie nimmt zu – besonders in Segmenten, die sich schnell verändern, wie das E-Fulfillment. Im technologischen Bereich sind die am schnellsten wachsenden Automatisierungslösungen flexibler, mobiler und weniger an physische Gebäudemerkmale gebunden als in der Vergangenheit. Bemerkenswert ist, dass sich Automatisierung nicht auf die funktionale Veralterung von Logistikeinrichtungen auswirkt. Stattdessen verringert sie die Notwendigkeit, sich in der Nähe von Arbeitskräften anzusiedeln – dadurch können neue und produktivere Standorte in der Nähe der Endverbraucher erschlossen werden. Auf diese Weise hilft Automatisierung, Lieferkette schneller fit für die Zukunft zu machen – eine Zukunft, in der dynamische, produktive und gut gelegene Logistikimmobilien unseren Kunden dabei helfen, ihre Produkte im wahrsten Sinne des Wortes abzuliefern, so die Studie von Prologis Research abschließend.


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