Design Thinking im IT-Service-Management

Die zentrale Regel lautet, immer den Anwender in den Mittelpunkt des Denkens zu stellen und erst dann die Funktionalitäten zu erörtern. Für das ITSM-Team ist das ein wesentlicher Erfolgsfaktor. [...]

Design Thinking ist weniger Neuerfindung des Rades als die sinnvolle Anordnung verschiedener - oft bekannter und bewährter - Werkzeuge, um Innovationsprozesse zu vereinfachen (c) pixabay.com

Die Rolle der IT wird sich erheblich verändern. Bis heute sind die IT-Abteilungen vor allem darauf ausgerichtet, die Anforderungen der bestehenden Geschäftsprozesse zu verstehen und als unterstützende Funktion entsprechende Leistungen zu liefern. Der Fokus liegt dabei auf Wirtschaftlichkeit und Zuverlässigkeit. Derzeit ändern sich allerdings die Erwartungen des Business an die IT-Abteilung.

Die IT wird im Zuge der Digitalisierung mehr und mehr zu einem zentralen Unternehmensprozess und neue Geschäftsmodelle hängen zu einem wachsenden Anteil von ihr ab. Deshalb wird es zukünftig nicht mehr reichen, Anforderungen umzusetzen. Die IT ist gefragt, zu einem Innovationsmotor im Unternehmen zu werden. In Zukunft wird sie immer mehr ins Zentrum der Unternehmensprozesse rücken und die Geschäftsmodelle maßgeblich mit gestalten. Das bedeutet, die CIOs müssen Wege finden, Innovation zu fördern und zu institutionalisieren. Design Thinking kann eines der Mittel sein, um das zu leisten.

Die von der Firma IDEO entwickelte und besonders in Deutschland von der School of Design Thinking am Hasso-Plattner-Institut (HPI) in Potsdam propagierte Methodik setzt nicht darauf, jede Komponente neu zu erfinden. Die einzelnen Bausteine sind bewährt und alles andere als Unbekannt. Es wird ein Prozess für Innovation beschrieben, der sicherstellt, dass Problemstellungen wirklich erkannt, möglichst viele Ideen gesammelt, potenzielle Lösungen schnell gefunden und in ersten Versionen implementiert werden können.

Die folgenden sechs Phasen beschreiben die Kernelemente des Innovationsprozesses im Design Thinking. Sie können sich gegenseitig beeinflussen. Springen ist ausdrücklich erlaubt. Auch ganz an den Anfang, um die Problemdefinition bei Bedarf anzupassen. Der größte Aufwand entsteht erfahrungsgemäß bei der Analyse des jeweiligen Problems. Zumindest dann, wenn die Lösung wirklich gut sein soll.

Wenn man mir eine Stunde Zeit geben würde, ein Problem zu lösen, von dem mein Leben abhängt, würde ich 40 Minuten dazu verwenden, es zu studieren, 15 Minuten dazu, Lösungsmöglichkeiten zu prüfen, und fünf Minuten, um es zu lösen.“ (Albert Einstein)

Phase 1: Verstehen

Weit vor dem ersten Gedanken an Lösungsansätze geht es darum, die Problemstellung wirklich zu durchdringen und zu verstehen und die richtigen Fragen zu stellen, um nicht die Analyse schon durch die Fragestellung unnötig einzugrenzen. Beispielsweise hat sich die Automobilindustrie sehr lange mit der Fragestellung nach der Reduzierung des Schadstoffausstoßes herkömmlicher Motoren befasst, statt zu fragen, wie eine praktikable und wirtschaftliche Antriebstechnik in Zukunft aussehen könnte.

Ist die Fragestellung gefunden, folgt eine gründliche Analyse der Problemstellung. Iterationen sind hier gewünscht. Es ist möglich, dass während der Analyse die Fragestellung angepasst wird. Im Zentrum stehen immer die Nutzer, also die Menschen, die zukünftig von der geplanten Innovation profitieren sollen. Lösungen und Lösungsansätze spielen in dieser Phase noch keine Rolle. Eine Reihe Werkzeuge hat sich für diese Aufgabe als erfolgversprechend erwiesen.

  • Expertengespräche: Informationen beschaffen von jemandem, der das Gebiet kennt. Wenn ich Kuchen backen will, dann frage ich Mama wie das geht.
  • Extremnutzer: Denken Sie an extreme Nutzer, am besten für zwei Extreme. Das hilft, den typischen Nutzer in der Mitte zu finden und auch, Nischen zu identifizieren.
  • 5W: Fragen Sie so oft nach dem Warum, bis Sie die notwendige Iterationsstufe erreicht haben. Die „five why (5W)“ sind eine erprobte Methodik dafür.
  • Stakeholder Map: Analysieren Sie genau, wen die Innovation interessiert und wer von ihr betroffen sein könnte. Visualisieren Sie Beziehungen und Einflüsse und machen Sie Zusammenhänge sichtbar. Das hilft, die richtigen Menschen zur richtigen Zeit einzubinden.
  • Mind Mapping: Die klassische Methode ist hervorragend geeignet, Gedankenfäden im Team zu ordnen und in die Details einer Problemstellung vorzudringen.

Phase 2: Analysieren und Beobachten

Nachdem die Problemstellung identifiziert ist, wird die Zielgruppe genau beschrieben, denn sie spielt eine zentrale Rolle. Das ist die Grundlage dafür, die zukünftigen Benutzer sowie deren Wünsche und Bedürfnisse so gut wie möglich zu verstehen. Dazu soll deren tägliches Erleben und Verhalten so genau wie möglich beobachtet werden.

Es geht nicht nur um Anforderungen, sondern auch um Widersprüche und Spannungen, denn sie sind ein guter Hinweis auf Innovationspotential. Es wird zum Beispiel die Frage gestellt, warum die bisher vorhandenen Lösungen nicht ausreichend sind und was bisher besseren Lösungen im Weg stand. Im Einzelhandel ist Mystery Shopping, also der Einsatz unbekannter Testkäufer, die das Nutzererlebnis dokumentieren, heute schon Alltag.

  • Im Einzelhandel ist Mystery Shopping, also der Einsatz unbekannter Testkäufer, die das Nutzererlebnis dokumentieren, heute schon Alltag.
  • Auch die Begleitung der Zielgruppe im Alltag (Shadowing) ist ein mögliches Mittel. Das Augenmerk der Beobachtung liegt dort, wo der Kunde mit dem Service in Berührung kommt.
  • Die Betrachtung dieser Berührungspunkte (Customer Touchpoints) gibt Aufschluss darüber, wo der Service die Erwartungen erfüllt und wo das Ergebnis beim Anwender zu wünschen übrig lässt.

Phase 3: Sichtweise definieren – Point of View

Zum Abschluss der Problemanalyse werden die gesammelten Informationen geordnet, gewichtet und verdichtet. Alle im Team werden auf den gleichen Stand gebracht und Erfahrungen ausgetauscht. Dabei zählen nicht nur die gesammelten Fakten, sondern auch die gefundenen Zwischentöne und Emotionen. Die gesammelten Nutzerbedürfnisse und Einblicke in deren Erfahrungswelt werden später als Erkenntnisse für neue Designmöglichkeiten genutzt. Ergebnis dieser Phase ist eine gemeinsame Sichtweise als Grundlage für die weitere Arbeit an der Innovation.

Für die Festlegung des Point of View und Visualisierung kommt eine Vielzahl nützlicher Methoden infrage. Die folgende Liste soll nur einen kurzen Einblick liefern. Das „Institute of Design at Stanford“ zeigt im „d.school bootcamp bootleg“ einen guten Überblick der Methoden.

  • Persona: Sie dienen dazu, sich in die Rolle des Benutzers zu versetzen. Dazu werden die bisher gesammelten Erkenntnisse bezüglich einer Nutzergruppe zusammengetragen und auf eine fiktive Person projiziert. Je mehr detailliert beschriebene Eigenschaften, Wünsche und Bedürfnisse die Persona hat, desto mehr Erkenntnisse wird sie liefern.
  • Empathy Map: Ist eine Alternative zur Persona und stellt den Kunden ins Zentrum einer visualisierten Darstellung. Dabei werden verschiedene Perspektiven betrachtet: Was sagt und tut der Kunde? Was denkt und fühlt er? Was hört und was sieht er? Was tut ihm weh und wie könnten Verbesserungen erzeugt werden?
  • Customer Journey Map: Visualisiert die Reise eines Kunden entlang der Customer Touchpoints (Kundenkontaktpunkte) und versucht zu ergründen, was er bei den einzelnen Kontakten erlebt, welche Gedanken und Gefühle er hat, welche Aktivitäten durchgeführt werden und welche Designmöglichkeiten sich daraus ergeben könnten.
  • Story Boards: Das sind schlanke Bildergeschichten eines Ablaufs etwa in der Art eines Drehbuchs, die dabei helfen, den Status Quo und die Gedankenwelt dazu nachvollziehbar darzustellen.

Im klassischen IT-Service-Management bleibt es heute meist bei einfachen Zufriedenheitsbefragungen. Wer das einmal versucht hat, kennt die Ambivalenz der Ergebnisse. Die hier beschriebenen Mittel können eine gute Ergänzung sein, um ein deutlich besseres Bild der Anforderungen an den IT-Services erzeugen zu können.

Phase 4: Ideen finden

Zunächst geht es darum, eine möglichst große Zahl an Ideen zu sammeln, ohne sie zu werten oder zu gewichten. Erst im zweiten Schritt werden die gesammelten Ideen zu Clustern sortiert und die am besten geeigneten Ideen gemeinsam ausgewählt.

Das klassische Werkzeug für die Ideensammlung ist das Brainstorming, für das klare Regeln festgelegt werden müssen. Kritik ist während der Brainstorming-Phase ebenso tabu wie Fragen oder Diskussionen. Sich von den Ideen anderer inspirieren zu lassen ist dagegen ausdrücklich erwünscht. Nur so kann ein echter Brainstorm entstehen. Eine gute Ergänzung zum offenen Brainstorming sind Kartenabfragen, in denen jeder seine Ideen sammelt und anschließend der Gruppe vorstellt. So ist sichergestellt, dass jeder im Team zu Wort kommt. Für die Auswahl der besten Ideen, die weiterverfolgt werden sollen, hat sich eine einfache Wertung der Ideen-Cluster mit Klebepunkten bewährt.

Gedankenspiele und Szenarien können ein gut geeigneter Katalysator sein, besonders wenn das Brainstorming vielleicht noch nicht ausreichend Ideen geliefert hat. Es werden einfach Hindernisse und Einschränkungen gedanklich beseitigt. Fragen Sie, was wäre, wenn Geld keine Rolle spielen würde? Wenn es keine Schwerkraft gäbe? Oder bringen Sie Analogien ins Spiel, die aus einem völlig anderen Umfeld stammen: Was kann der IT Service vom Service in einem Restaurant lernen?

Phase 5: Prototyp entwickeln

Prototypen dienen dazu, die ausgewählten Ideen greifbar und erlebbar zu machen. Sie müssen nicht perfekt sein, sondern schnell und gut verständlich. Es ist erwünscht, dass sie während des Prozesses mehrfach verworfen, geändert und optimiert werden. Je weniger Aufwand in einen Prototyp gesteckt wurde, desto leichter fällt es, ihn zu aufzugeben. Wer sich in seine Prototypen verliebt, vergibt Chancen zur weiteren Innovation. Ganz besonders in dieser Phase gilt es, möglichst früh möglichst viele Fehler zu machen, um zu lernen und Erkenntnisse für die Realisierbarkeit zu gewinnen.

Prototypen sind etwas Haptisches. Bauklötze, Lego, Schere, Kleber, Papier, Rollenspiele – alles ist erlaubt. Die gewählte Lokation sollte mit ausreichend Material ausgestattet und entsprechend gestaltet sein.

Phase 6: Testen

Der Test der Prototypen erfolgt immer zusammen mit den potenziellen Nutzern, denn das Feedback von Außen ist das wesentliche Element der Tests. Was gefällt den Testern besonders gut? Welche Wünsche äußern sie? Welche Fragen werden gestellt? Haben die Tester neue oder ergänzende Ideen?

Alle diese Rückmeldungen sollten sorgfältig verarbeitet und in neue Iterationen umgesetzt werden. Es gibt keinen Grund, den Prototypen in dieser Phase gegen Kritik zu verteidigen. Testen ist nicht verkaufen! Es dient der Verbesserung der Prototypen entsprechend der Erfahrungen der Anwender. Ein Sprung zurück – auch bis in die Phase des Verstehens ist nichts Schlechtes, sondern Bestandteil des iterativen Prozesses.

Design Thinking im IT-Service-Management

Es wird deutlich, dass die Problemanalyse in den Phasen eins bis drei und die Lösungsentwicklung in den Phasen vier bis sechs klar getrennt sind. Wer sich mit ITSM Methoden wie ITIL befasst, weiß, dass der Prozess des Problem Management, der sich mit Fehlervermeidung sowie Analyse und Beseitigung unbekannter Fehlerursachen befasst, diese Struktur ebenfalls kennt. Mit der Problemanalyse befasst sich dort „Problem Control“ und mit der Lösungsentwicklung „Error Control“. Die Trennung wurde zwar im Zuge der ITIL-Aktualisierungen relativiert, sie war jedoch sicher nicht der Grund dafür, dass Problem Management in vielen IT-Abteilungen ein Stiefkind geblieben ist.

Die größten Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Problem Management erzeugen vielmehr zwei Faktoren, die beim Design Thinking direkt adressiert werden. Erstens liegt oft kein ausreichender Schwerpunkt auf der Analyse. In der Konsequenz werden Probleme schlecht identifiziert oder es werden insgesamt zu wenig Probleme gefunden. Zweitens orientieren sich Lösungen zu sehr an Technik und zu wenig an den Bedürfnissen der Anwender. Design Thinking in Verbindung mit dem klassischen operativen Service Management kann hier neue Impulse geben.

Vollständige Nutzererfahrung entscheidet über Erfolg oder Misserfolg von Services

Wenn jedoch Methoden wie Design Thinking in der IT eingesetzt werden, dann vor allem in den Entwicklungsabteilungen, die auf Agilität setzen. Die Rolle der Applikationsentwicklung wird für die Digitalisierung der Geschäftsmodelle bereits heute rasant an Bedeutung gewonnen. Und dieser Trend wird sich weiter verstärken. IT-Service besteht jedoch naturgemäß nicht nur aus Software. Überlässt man die Innovation allein der Software-Entwicklung, werden wichtige Aspekte für den Erfolg der IT bei der digitalen Transformation außer Acht gelassen.

Neben der funktionierenden Software als Basis wird das Design der vollständigen Nutzererfahrung über Erfolg oder Misserfolg von Services und Produkten entscheiden. Die Verantwortlichen für IT-Service-Management tun also gut daran, die IT-Services als Ganzes auf den Prüfstand zu stellen, um ihrer neuen Rolle als Innovationstreiber im Unternehmen gerecht werden zu können.

Design Thinking für Produkte und Services kann natürlich nicht automatisch besseren IT-Service erzeugen. Allerdings können der strukturierte Ablauf und einige einfache Regeln helfen, die Gedanken zu ordnen und die Aufmerksamkeit auf die Service-Innovation zu lenken. Design Thinking ist weniger Neuerfindung des Rades als die sinnvolle Anordnung verschiedener – oft bekannter und bewährter – Werkzeuge, um Innovationsprozesse zu vereinfachen.

Klare Regeln und Prinzipien fürs kreative Mindset

Mindestens genauso spannend wie der Prozess sind die Regeln und Prinzipien, die diesem Ansatz zugrunde liegen und das kreative Mindset der Design Thinking Teams fördern sollen. Grundsätzlich gelten drei wesentliche Maßstäbe, an denen sich Innovationen messen lassen müssen und die während des kompletten Prozesses im Mittelpunkt stehen.

  1. Der Mensch: Die Innovation muss von den potenziellen Nutzern erwünscht sein.
  2. Die Technologie: Die Innovation muss realisierbar sein.
  3. Die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Innovation oder des zugehörigen Geschäftsmodells

Viele Disziplinen in Teams zusammenbringen

Für die Zusammensetzung der Teams gilt: Je verschiedener die Mitglieder des Teams und je mehr Disziplinen vertreten sind, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, echte Innovationen zu erzeugen. Verschiedene Blickwinkel, Erfahrungen und Hintergründe fördern überraschende Ideen und Wendungen, die in fachlich homogenen Teams manchmal zu kurz kommen. Viele Unternehmen verharren bis heute in starrem Silodenken und vernachlässigen diesen Faktor der horizontalen Zusammenarbeit zur Förderung unternehmensübergreifender Innovationen.

Die zentrale Regel ist, jederzeit den Nutzer in den Mittelpunkt des Denkens zu stellen und erst dann die notwendigen Funktionalitäten zu erörtern. Aus Sicht des Service Management ist das ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Nur wenn die Wünsche, Anforderungen und Bedürfnisse der anvisierten Nutzergruppe genau bekannt sind, bevor die Funktionalität entwickelt wird, können die besten Ergebnisse erzielt werden. Die Phase des Prototyping bezieht die Nutzergruppen mit ein und hilft früh Rückmeldungen zu verarbeiten sowie die nächste Iteration zu entwickeln.

Ein Grundsatz: „Scheitere früh und häufig“

ITSM-Teams haben sich in den letzten Jahren zu einem großen Teil damit beschäftigt, einen zuverlässigen und wirtschaftlichen Betrieb zu gewährleisten. Darüber hinaus werden heute allerdings eine möglichst hohe Geschwindigkeit bei der Anforderungsumsetzung und vor allem Innovationskraft erwartet. Die Grundsätze des Design Thinking können dabei helfen, diesen Ansprüchen gerecht zu werden.

Einer dieser Grundsätze lautet: „Scheitere früh und häufig“. Für das IT Service Management bedeutet das vor allem ein Umdenken in der Fehlerkultur. Klassische ITSM-Methoden fokussieren im Veränderungsmanagement auf Risikominimierung und zuverlässigen Betrieb. Das kann in vielen Fällen notwendig und richtig sein, die Veränderungszyklen sind dadurch allerdings tendenziell eher lang. In einem heute dynamischen Umfeld sind dagegen hohe Geschwindigkeit und mehr Innovation gefragt.

Um das zu erreichen, ist mehr Risiko notwendig, woraus unweigerlich ein höheres Fehlerrisiko resultiert. Wenn diese Fehler nicht vermeidbar sind, sollten Sie als Keimzellen für Ideen genutzt und nicht aus Angst vor Konsequenzen unter den Teppich gekehrt werden. Die Werkzeuge des Design Thinking können hier eine gute Ergänzung der klassischen ITSM-Prozesse bilden.

Neue Denkweisen und Arbeitsformen lernen

Design Thinking soll helfen, die etablierten Strukturen und Gewohnheiten aufzubrechen und die Teams in einen kreativen und konstruktiven Modus, frei von Restriktionen zu versetzen. Das wird durch die Bereitstellung einer geeigneten, variablen Umgebung ebenso unterstützt, wie durch einfache Regeln wie „Setze auf verrückte Ideen“ oder „nicht reden sondern machen“. Ideen induzieren neue Ideen und sollen bestenfalls aufeinander aufbauen.

Das bedeutet zum einen, alte Denkweisen wie „der oder die hat meine Idee geklaut“ aufzugeben und zum anderen heißt es, sich nicht zu früh auf eine Idee festzulegen, denn sie wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit im weiteren Verlauf des Prozesses deutlich verändern.

  • Der Nutzer steht immer im Mittelpunkt
  • Scheitern ist positiv. Am besten früh und häufig
  • Ideen entstehen besonders bei visueller Arbeit
  • Verrückte Ideen sind gut und fördern Durchbrüche
  • Ideen anderer sind wertvoller Rohstoff, beurteile sie nicht, sondern nutze sie
  • Quantität ist wichtig, sowohl bei Ideen als auch bei Informationen
  • Nicht reden, sondern machen – Prototypen fördern Verständnis
  • Ernsthaft arbeiten aber dabei den Spaß nicht vergessen

Anwendung im IT-Service-Management

Beispielhaft für ein konkretes Anwendungsfeld im IT-Service-Management ist die Entwicklung, Bereitstellung und Kommunikation des Service-Portfolios. IT-Abteilungen haben erfahrungsgemäß in diesem Feld Schwierigkeiten, in angemessener Zeit zu adäquaten Ergebnissen zu gelangen. Die Gründe dafür sind vielfältig und beginnen damit, dass bis heute zwar eine serviceorientierte IT als Zielsetzung formuliert wird.

Statt sich konsequent auf die Nutzeffekte für die Anwender zu konzentrieren, werden jedoch alte, technologiezentrierte Kategorien einfach anders benannt und als „Pseudo-Services“ angeboten. So kommt es, dass in sehr statischen Servicekatalogen noch immer vor allem Dinge wie „MS-Office“, „Netzwerkanbindung“ oder „Notebook“ auftauchen.

Nutzen für Anwender formulieren, nicht Komponenten

Der Grundgedanke etablierter ITSM-Methoden wie zum Beispiel ITIL ist jedoch die Formulierung konkreter Nutzeffekte und nicht einzelner Komponenten. Die Denkweise des Design Thinking kann dabei helfen, mehr Verständnis für dieses Prinzip und damit mehr Nähe zwischen IT und Nutzern zu erzeugen. So wäre der Startpunkt für die Entwicklung eines Servicekataloges nicht mehr eine Sammlung der bestehenden IT-Leistungen, sondern die ausführliche Analyse der tatsächlichen Probleme, Wünsche und Bedürfnisse der späteren Benutzer.

Die IT hätte die Chance, die tägliche Arbeit im Unternehmen so zu unterstützen, dass Innovationen für das gesamte Unternehmen ermöglicht werden. Die Werkzeuge dafür liefern die Design Thinking Phasen „Verstehen“, „Beobachten“ und „Sichtweise definieren“, die mehrmals durchlaufen eine iterative Weiterentwicklung des Verständnisses zwischen IT und Kunden ermöglichen.

Es entsteht ein moderner dynamischer Servicekatalog

Erst wenn dieses Verständnis klar und von allen Seiten bestätigt ist, folgt im nächsten Schritt die Entwicklung nutzerorientierter IT-Services. Damit die IT ihrer zukünftigen Rolle als Innovationstreiber für das gesamte Unternehmen gerecht werden kann, werden die Services anschließend bei Bedarf kontinuierlich angepasst und weiterentwickelt. Es entsteht ein moderner, nicht mehr statischer, sondern dynamischer Servicekatalog. Die passenden Werkzeuge dafür liefern die Phasen „Ideen finden“, „Prototyp entwickeln“ und „testen“.

*Martin Beims ist Gründer und Geschäftsführer der aretas GmbH und des Online Magazins „Der Servicekompass“. Bis zur Unternehmensgründung im Jahr 2010 war er in Beratungsunternehmen für Service Management als Manager, Berater, Trainer und Coach tätig. Martin Beims ist Autor des Buchs „IT Service Management in der Praxis mit ITIL“ und Mitautor weiterer Fachbücher rund um das Thema Service Management.


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