Deutsche Telekom bringt RTR in Erklärungsnot

Über Glasfaser lassen sich mit Abstand die höchsten Übertragungsgeschwindigkeiten erzielen. Umso unverständlicher ist es, dass hiesige Provider wie auch die Regulierungsbehörde RTR es Endkunden nicht ermöglichen, ihre eigene Hardware direkt am Glasfaseranschluss einzusetzen. Technische Gründe gibt es dafür nicht, wie die Deutsche Telekom nun betont. [...]

Die Deutsche Telekom sieht keine Gründe für einen Routerzwang am Glasfaseranschluss. (c) Pexels
Die Deutsche Telekom sieht keine Gründe für einen Routerzwang am Glasfaseranschluss. (c) Pexels

Mit der „Breitbandstrategie 2030“ verfolgt die österreichische Regierung das Ziel, das gesamte Land bis spätestens 2030 flächendeckend mit Gigabit-fähigen Zugangsnetzen zu versorgen. Unabhängig von ihrer geografischen Lage sollen alle Privatpersonen, Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen in Österreich die technischen Möglichkeiten der Digitalisierung zu gleichen Bedingungen nutzen können. „Gigabit-fähiges Internet ist die Voraussetzung für die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit Österreichs und für die Stärkung der regionalen Wirtschaft“, betont beispielsweise die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG). Dabei stellt die FFG klar, dass eine nachhaltige und sichere Breitband-Infrastruktur „nur durch den Einsatz von Glasfaser als das zukunftssichere Übertragungsmedium und durch den flächendeckenden Ausbau von 5G gewährleistet“ werden kann. 

Eine wichtige Rolle spielt dabei das Programm „Breitband Austria 2030“, das im Auftrag des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) abgewickelt wird. Mit diesem Programm soll der Ausbau einer flächendeckenden Gigabit-Versorgung mit einer leistungsfähigen Infrastruktur gefördert werden. Zusätzlich werden auch andernorts teils Milliardenbeträge in den Ausbau des Glasfaserinternets investiert. 

Fehlende Wahlfreiheit beim Endgerät verhindert optimale Breitbandnutzung 

Umso unverständlicher ist es, dass an anderer Stelle verhindert wird, dass die Gigabit-Geschwindigkeiten, die mit Glasfaseranschlüssen möglich werden, optimal genutzt werden. Denn während es in anderen Ländern wie Deutschland, Italien, Finnland oder den Niederlanden längst gesetzlich geregelt ist, dass Internetnutzer ihr eigenes Endgerät am Breitbandinternetanschluss verwenden dürfen, liegt die Entscheidung in Österreich weiterhin beim jeweiligen Anbieter. Während manche DSL-Anbieter hier freiwillig Kulanz zeigen und ihren Kunden keine Steine bzw. Endgeräte in den Weg legen, müssen sämtliche Glasfaserkunden weiterhin mit einem der Endgeräte auskommen, die der jeweilige Provider anbietet. Häufig wird dies u.a. damit begründet, dass ansonsten technische Probleme auftreten könnten und ein reibungsloser Betrieb nicht gewährleistet werden könnte. Belege dafür hat bislang allerdings kein Provider liefern können. Der Grund dafür dürfte sein, dass es auch mit freier Endgerätewahl schlichtweg nicht zu vermehrten technischen Problemen oder Störungen kommt. Schließlich können Endkunden in anderen Ländern längst frei entscheiden, welches Endgerät sie an ihrem Breitbandanschluss nutzen – und das auch bei Glasfaser-Technologie.

Dass die aktuelle Situation in Österreich inakzeptabel ist und manche Provider sogar Scheinargumente verwenden, zeigt die aktuelle Positionierung der Deutschen Telekom. Diese hat nun eindeutig klargestellt, dass sie der Argumentation und den Schlussfolgerungen mancher Anbieter nicht folgen kann. Schließlich betreibe man „eine sehr große Anzahl an FTTH-Anschlüssen im Privatkundensegment, bei denen der passive Netzabschluss verbaut ist und ohne auffällige Störungen betrieben wird und an denen Endkunden ihr Recht auf kundeneigene Endgeräte inkl. des Modems in Anspruch nehmen“, stellt die Deutsche Telekom klar. Damit bestätigt der größte deutschen Anbieter, dass es selbst bei Fiber-To-The-Home-Anschlüssen (FTTH), bei denen die Glasfaserleitung nicht nur bis zum Verteilerkasten auf dem Bürgersteig oder in den Keller des Hauses, sondern direkt in die Wohnung verlegt wird, keine technischen Gründe gibt, die einen Routerzwang rechtfertigen.

Schallende Ohrfeige für Provider – und die RTR

Das ist letztlich eine schallende Ohrfeige für alle Provider, die ihren Kunden das Recht auf eine eigene Entscheidung absprechen – und nicht zuletzt auch für die österreichische Regulierungsbehörde RTR. Denn diese nutzt immer wieder aufs Neue die Argumente derjenigen Provider, die sich gegen die Einführung der Wahlfreiheit für Endkunden in Österreich sträuben. Und so hat es die RTR selbst mehr als zwei Jahre nach der Einführung des neuen Telekommunikationsgesetzes weiterhin nicht geschafft, für keine klare Regelung im Sinne der österreichischen Internetznutzer zu sorgen. Anstatt den dringenden Handlungsbedarf anzuerkennen, lobt die Regulierungsbehörde die hiesigen Anbieter explizit dafür, dass sie ihren Endkunden „heute bereits vielfach eine größere Auswahl an Routern bzw. Modems“ anböten.

Die Regulierungsbehörde geht sogar noch einen Schritt weiter und erklärt, dass Endkunden einfach die Router der Betreiber in den Bridge-Modus versetzen und so dahinter ihren eigenen Router verwenden könnten. „Damit besteht bei Festnetzinternetanschlüssen eine Wahlfreiheit bei Endgeräten und die Routerfreiheit ist in Österreich sichergestellt“, behauptet RTR-Geschäftsführer Klaus Steinmaurer. Aus guten Gründen wird die Routerfreiheit in den Ländern, in denen diese bereits per Gesetz eingeführt wurde, sowie in der europäischen Regulierung, jedoch gänzlich anders definiert. Denn ein zweites Gerät anschaffen und zusätzlich hinter dem Zwangsgerät des Providers betreiben zu müssen, hat mit echter Wahlfreiheit wenig zu tun – und ist obendrein unnötig teuer und umweltbelastend.

Nicht einmal die Hälfte aller Österreicher möchte Provider-Geräte nutzen

Dennoch zeigt eine aktuelle Umfrage des Verbunds der Telekommunikations-Endgerätehersteller (VTKE), dass sich weniger als die Hälfte aller Österreicherinnen und Österreicher beim nächsten Router-Wechsel für das Endgerät ihres Providers entscheiden würde – und das trotz der derzeitigen Lage, die für viele Endnutzer eine Doppelbelastung darstellt. „Es ist nicht nachzuvollziehen, wieso Millionen von Haushalten und Unternehmen in Österreich gezwungen werden, ihr Wunschgerät hinter dem Provider-Modem zu betreiben, obwohl sie keinen Mehrwert davon haben“, betont der VTKE. „Anstatt per se doppelt belastet zu werden, sollten alle Österreicherinnen und Österreicher das Recht haben, ihr eigenes Endgerät direkt an der Dose an der Wand anzuschließen, wie es in anderen Ländern längst per Gesetz geregelt ist“, fordert der Verbund.

Die aktuellen Umfragewerte belegen letztlich auch, dass die freie Wahl des Endgerätes am Breitbandanschluss keinesfalls ein Nischenthema ist, wie es von manchen Providern sowie der RTR oftmals dargestellt wird. Doch nur wenn die RTR sich endlich ihrer Verantwortung bewusst wird und das Modem der Provider nicht länger als Netzabschlusspunkt akzeptiert, wird es auch in Österreich eine Routerfreiheit geben, die diesen Namen verdient.

Spätestens mit der klaren Positionierung der Deutschen Telekom kann es also keine Zweifel mehr geben, dass dringender Handlungsbedarf besteht, damit die Vorteile des Breitbandausbaus heuer von den hiesigen Endkunden so genutzt werden können, wie es ihren individuellen Bedürfnissen entspricht.


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