Deutschland beschließt Vorratsdatenspeicherung

In Deutschland hat heute der Bundestag dem VDS-Gesetzesentwurf der Bundesregierung zugestimmt. Die Zugangsanbieter müssen damit die Verbindungsdaten aller Bürger zehn Wochen lang speichern. Was bedeutet das für Österreich? [...]

Das neue Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung (VDS) wurde von der CDU/CSU und SPD vorgelegt und sieht vor, dass die Telekommunikationsverkehrsdaten sämtlicher Bürger verdachtsunabhängig gespeichert werden. Telekommunikationsunternehmen, Internetprovider und andere Zugangsanbieter werden verpflichtet, die Verkehrsdaten zehn Wochen lang zu speichern. Standortdaten, die bei der Nutzung von Mobildiensten anfallen, sollen vier Wochen lang gespeichert werden. Als Verkehrsdaten gelten die Rufnummern bei der Telefonie, die im Internet genutzte IP-Adresse und der Standort, wenn ein Mobilgerät für beispielsweise den Versand einer SMS genutzt wird. Ausgenommen sind Daten zur E-Mail-Kommunikation.

Nicht gespeichert werden sollen die Inhalte der Kommunikation, wobei bereits eingeräumt wurde, dass dies bei SMS aus technischen Gründen nicht möglich wäre. Denn bei den Kurznachrichten sind die Verkehsdaten und die Inhalte verbunden. Jedoch sollen die Mitteilungen „maskiert“ werden, um ihren Wortlaut nicht zugänglich zu machen.

Eingeführt wird zudem der Straftatbestand der Datenhehlerei. Danach wird bestraft, wer anderen illegal beschaffte, nichtöffentliche Daten zugänglich macht. Der Ankauf von steuerrelevanten Daten durch Finanzbehörden ist davon ausgenommen. Damit ließe sich beispielsweise Whistleblowing unterbinden bzw. zumindest unter Strafe stellen.

Der Entwurf wurde mit 404 Ja-Stimmen bei 148 Gegenstimmen und sieben Enthaltungen angenommen. Es ist dies der zweite Anlauf: Im Jahr 2010 hatte das Bundesverfassungsgericht eine frühere Version der Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig erklärt.

Lukas Feiler, IT-Rechtsexperte von Baker & McKenzie in Wien, sieht die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung kritisch: „Der EuGH war in seinem Urteil, mit dem er die VDS aufhob, eindeutig: eine anlasslose flächendeckende Speicherung von Kommunikationsdaten stellt eine Verletzung des Grundrechts auf Datenschutz dar. Auch der VfGH hat der anlasslosen flächendeckenden Speicherung von Kommunikationsdaten eine klare Absage erteilt. Eine neue VDS wäre daher sowohl europarechtswidrig als auch verfassungswidrig.“

Im Gespräch mit Computerwelt.at hat Feiler auch eine Erklärung parat, warum die Gefahr besteht, dass es im zweiten Anlauf doch mit der VDS klappen könnte: „Als der EuGH das Gesetz das letzte Mal aufgehoben hat, war Snowden in aller Munde. Jetzt hingegen ist die IS in aller Munde und die Aufdeckungen von SNowden im Rückspiegel verschwunden.“

Was das jetzt für Österreich bedeutet? „Was auch immer der deutsche Gesetzgeber – gerade im Bereich der Vorratsdatenspeicherung, aber auch in anderen Bereichen des Internetrechts – tut, dem folgt der österreichische Gesetzgeber meistens sehr bereitwillig. Und dass das österreichische Innenministerium schon lange vorhat, einen neuen Anlauf zur Vorratsdatenspeicherung zu starten ist hinlänglich bekannt“, so der IT-Rechtsexperte. Er befürchtet, dass der deutsche Vorstoß in Österreich als Vorlage für die eigenen Pläne gebraucht werden könnte.

„Tatsache ist: Der Staat darf sich nicht von tagesaktuellen politischen Meinungen leiten lassen, sondern muss dem Grundrechtsschutz seiner Bürger den größten Stellenwert einräumen“, mahnt Feiler abschließend. (rnf)


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