Die 6 wichtigsten Prognosen des Cisco Technologie-Radar

Das Technologie-Radar von Cisco hat die Aufgabe, neue Technologietrends aufzuspüren und deren Auswirkungen auf Industrie, Politik und Gesellschaft über einen Zeitraum von fünf, zehn und fünfundzwanzig Jahren zu bewerten. Die wichtigsten Prognosen betreffen das Zusammenwachsen von IT- und anderen Branchen, das Selbstverständnis von Kommunikationstechnologien in der Arbeitswelt (Collaboration), die Verbesserung der Sicherheit bei IoT-Anwendungen, die Daten-Analytik in Echtzeit (inkl. Fog Computing), die kontextabhängige Prognose durch vorausschauenden Berechnungen sowie die Vereinfachung der Netze. [...]

Achim Kaspar, General Manager Cisco Austria: „Niemand hatte vor 30 Jahren, als Cisco gegründet wurde, geahnt, wie wichtig Internet heute sein würde. Derzeit stehen wir vor einer digitalen Wende: Big Data, Clouds sowie Internet of Everything (IoE) bergen ein ungeahntes Potenzial für neue Wirtschaftsmodelle. Mit dem Technology Radar spüren wir Trends und Lösungsansätze für künftige IT-Anforderungen auf, die Geschäftsprozesse und Produktionsprozesse maßgeblich beeinflussen werden. Von Beginn an war die Zielsetzung des Radars, eine effiziente Methode zur Erfassung und Visualisierung von Zukunftstechnologien zu bieten – sowohl innerhalb als auch außerhalb des Unternehmens.“

Das Technology-Radar basiert auf Inputs von 80 Technologiescouts und bildet die Basis der internen und externen Innovationsstrategie von Cisco.

6 wichtige Prognosen aus dem aktuellen Technologieradar:

1. Veränderung ist die einzige Konstante in heutigen IT-Umgebungen
IT-Firmen und Unternehmen aus anderen Branchen werden zukünftig enger zusammenrücken. Dabei werden IT-Unternehmen in den kommenden zehn Jahren zunehmend in Firmen investieren, die mit IT in erster Linie nichts zu tun haben, einschließlich möglicher Firmenübernahmen. Innovationen im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) werden in weit entfernte andere Gebiete ausstrahlen, wie beispielsweise den Gesundheitssektor sowie die Automobil- und Luftfahrtindustrie und Home Automation.

Googles Übernahme von Nest ist nur der Beginn eines Trends. IKT-Innovationen im industriellen Bereich werden dazu führen, dass IT-Akteure ihren Horizont erweitern und auf der Suche nach passenden Geschäftspartnern über ihren eigenen Tellerrand blicken werden.

2. Die Zukunft der Arbeit (Collaboration)
Es wird eine zunehmende Anzahl von Freiberuflern und Unternehmen geben, die außerhalb ihrer vier Wände innovativ unterwegs sein müssen, um sich in der Welt des Internet of Everything (IoE) erfolgreich etablieren zu können. Da Unternehmen bestrebt sind, ihre Mitarbeiter zunehmend über Gruppen, Kompetenzen und geographische Grenzen hinweg zu vernetzen, etablieren sich Videoconferencing, Instant Messaging, Blogs, Wikis und Activity Streams zunehmend als Norm.

Gemäß des US Bureau of Labor Statistics (Amt für Arbeitsstatistik) werden bis zum Jahr 2020 50 Prozent der Arbeitnehmer in den USA der Generation der sogenannten „Millennials“ angehören. Sie stehen für eine neue Art der Kommunikation, die sie mit in die Arbeitswelt einführen. Dazu gehören Social Media und ständiger Internetzugang.

WebRTC, beispielsweise, fließt mit in den Bereich Enterprise Collaboration ein und beschleunigt damit die derzeitige Entwicklung von BYOD (Bring your own device) und Consumerization (zunehmende Auflösung der Grenze zwischen beruflicher und privater IT-Nutzung). Anschließend wird es zunehmend auf industriespezifische Anwendungen und Dienstleistungen ausstrahlen. Am 16. Oktober 2014 präsentierte Mozilla den im Firefox-Browser integrierten WebRTC-Videochat, der in Kooperation mit Telefónica realisiert wurde. Bis zum Jahr 2020 könnte WebRTC zum Standard des milliardenschweren Collaboration-Marktes werden.

3. Sicherheit für Internet of Things (IoT)
In den nächsten zwei bis fünf Jahren wird sich die IT-Sicherheit auf die Betriebstechnologie ausdehnen (OT = operational technology). Es werden vollkommen neue Anwendungsszenarien entstehen, wie zum Beispiel Vernetzung der Fahrzeuge. Dabei gehen die Unternehmen von einem präventiven Ansatz über zu einem Ansatz, der sich mit den Phasen vor, während und nach einem Angriff befasst. Im Jahr 2015 wird der Fokus verstärkt auf die Netzwerkforensik gerichtet sein, um Angriffe auf die Sicherheit vorherzusagen. Das IoT wird die digitale Sicherheitsarchitektur mit Dutzenden von neuen Plattform-Optionen bereichern. Hinzu kommen Hunderte von Varianten zur hybriden IT/IoT-Integration und neue Standards für jede Branche sowie eine neue Anwendungssicht. Die IT-Experten müssen zukünftig die technologischen Unterschiede über diese Bereiche hinweg auffangen und einen vielschichtigen Technologieansatz entwickeln, der sowohl die IoT-Risiken als auch Sicherheitsaspekte berücksichtigt. Kürzlich eingereichte Patentanmeldungen und die IoT Security Grand Challenge von Cisco verweisen auf einen Ansatz, der sich schwerpunktmäßig mit der Abwehr von Bedrohungen und dem Datenschutz befasst.

Im Bereich Smart Metering beispielsweise muss ein intelligenter Zähler, der Energieverbrauchsdaten an den Netzbetreiber übermittelt, diese Daten vor unbefugter Offenlegung und Nutzung schützen. Datenanonymisierung und -verschlüsselung sind mögliche Schutzmaßnahmen, die verhindern, dass Smart Metering zur Überwachung von Nutzergewohnheiten missbraucht wird. Bei Produktionsanlagen soll man beachten, dass diese längere Lebenszyklen haben als Güter der Unterhaltungselektronik und ihre begrenzten Rechen- und Speicherkapazitäten können über ihre lange Lebensdauer nicht problemlos erweitert werden. Neue Sicherheitslösungen werden entwickelt, um mit den immer höheren Anforderungen an die Sicherheit Schritt zu halten und so adäquaten Schutz für die Geräte über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg zu gewährleisten.

4. Analytik in Echtzeit – Fog Computing
Mit dem IoE wird auch die Analytik in Echtzeit eine zunehmend wichtigere Rolle spielen. Die Edge-Analytik in Echtzeit wird eine enorme Tragweite erreichen. Damit die Analysen im IoE-Umfeld sinnvoll eingesetzt werden können, muss die IT in Echtzeit bereitgestellt werden. Dazu bedarf es eines Netzwerks, das kontextbezogen, vorausschauend und sicher ist. Venture-Capital-Investitionen in Echtzeit-Analytik werden um das Vierfache in den nächsten vier Jahren ansteigen. Kleine Start-up-Unternehmen werden den Innovationsschub rund um die Echtzeit-Analytik in ihrer gesamten Palette vorantreiben: von Spielanwendungen über Cyberrisiken bis hin zur Analyse der Erdölforderung.

Eine zuverlässige Kommunikation wird aufgrund von Netzengpässen oder einfach nur schlechten Verbindungen nicht immer gewährleistet sein. Um die geographisch verteilten, drahtlosen Netzwerke einzurichten, die für die Übertragung der Echtzeitdaten von den Sensoren an die Cloud benötigt werden, müssten Milliardenbeträge bereitgestellt werden. Andererseits verlangen bestimmte vernetzte Geräte, die beispielsweise bei der Patientenfernüberwachung und bei Notdiensten verwendet werden, nur sehr kurze Latenzzeiten. Die Übertragung der Daten in die Cloud und zurück zur Anwendung kann sich negativ auf die Leistung dieser Dienste auswirken.

Fog Computing löst Probleme, die durch Engpässe und Latenzzeiten verursacht werden. Es stellt Rechen-, Speicher- und Netzwerkdienste am Netzwerkrand bereit. Zugleich bietet Fog Computing eine intelligente Plattform zur Verwaltung der zukünftigen IoE-Infrastrukturen, deren Komplexität von verteilten Systemen und Echtzeit-Daten geprägt ist. Die Weiterentwicklung dieser Dienste durch Fog Computing wird einhergehen mit neuen Geschäftsmodellen und -möglichkeiten für Netzwerkbetreiber.

Dank der Verbindung von Echtzeit-Analytik und Fog Computing wird es im nächsten Jahrzehnt möglich sein, natürliche Ressourcen – von der Landwirtschaft bis hin zur Erdölförderung – optimierter zu nutzen. Produktivitätssteigerungen werden dazu beitragen, Herausforderungen, wie zunehmende Knappheit der natürlichen Ressourcen und Bevölkerungswachstum, zu meistern. Bis zum Jahr 2050 wird die Welt von voraussichtlich 9 Milliarden Menschen bevölkert sein. Um der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden, muss die Nahrungsmittelproduktion um ca. 70 Prozent gesteigert werden. Die Echtzeit-Analytik kann bei der Produktivitätssteigerung und Abfallreduzierung eine wichtige Rolle spielen. Mit Hilfe von Echtzeitanalysen kann das Wetter genauer vorhergesagt werden, sodass optimale Ernte- und Wachstumszeiten sowie ideale Düngungsperioden einfacher ermittelt werden können. Ein weiteres Beispiel ist die intelligente Energieverteilung. Anwendungen zur Energie- und Lastverteilung, die auf Netzwerk-Edge-Geräten laufen, können automatisch auf alternative Energien, wie Sonne und Wind, umschalten. Dabei werden Energiebedarf, Verfügbarkeit und der niedrigste Preis berücksichtigt.

5. Kontextabhängige Prognose
Der Bereich, der sich mit der kontextabhängigen Prognose befasst, wird sich in den nächsten vier Jahren zu einem bedeutenden Anwendungsfeld entwickeln. Aktivitätserkennung und standortbasierte Systeme werden die Entwicklung der kontextabhängigen Prognose weiter vorantreiben. Dabei wird sich der Innovationsprozess vor allem auf den Bereich Verkehr/Transport und Einzelhandel konzentrieren.

Die kontextabhängige Prognose kann dazu beitragen, den Verkehr und zugleich den CO2-Ausstoß in den Städten zu vermindern. Nach Einschätzung von Experten entstehen 40 Prozent der Staus durch Fahrer, die nach Parkplätzen suchen. Der Energiesektor und die Versorgungswirtschaft sind weitere wichtige Kandidaten für das sogenannte „Predictive Context-Aware Computing“, bei dem vorausschauende kontextbezogene Berechnungen herangezogen werden. So können beispielsweise Energieversorger umweltbezogene Sensordaten verwenden, um Nachfragespitzen besser vorhersagen und somit die Versorgung sicherstellen zu können. Auch niedrigere Stromtarife könnten damit erzielt werden. Das intelligente Thermostat ist eine der Schlüsselerfindungen in diesem Bereich.

6. Vereinfachung der Netze: Software und Dienstleistungen (insbesondere DevOps, NFV – Network Functions Virtualization und SDN-Lösungen
Bei voraussichtlich über 20 Milliarden vernetzten Geräten bis zum Jahr 2018 ist das sogenannte „Autonomic Networking“ ein wesentlicher Bestandteil zur Unterstützung des Internet of Everything (IoE). Bis zum Jahr 2018 wird es 7,3 Milliarden Machine-to-Machine Verbindungen geben (Quelle: Cisco VNI, UN-Prognosen). DevOps wird bei vielen Unternehmen weiter an Fahrt gewinnen. Eine IT-Umfrage im Auftrag des Unternehmens CA Technologies im Jahr 2013 führte zu der Annahme, dass DevOps bei 39 Prozent der befragten Unternehmen eingeführt wird und weitere 27 Prozent die Umsetzung planen.

Es konnte bei Produktionsprozessen festgestellt werden, dass sich optimale Wartungsfenster bei den Produktionsanlagen ermitteln lassen, wenn Analysen zur Konsumentennachfrage hier miteinfließen. Das gleiche gilt für den Energiesektor. Smart Metering muss in die Backend-IT-Kundeninformationssysteme integriert werden, um eine effiziente Rechnungsstellung sicherstellen zu können. Diese Konvergenz ist Motor für neue Ansätze zur Entwicklung und zum Einsatz zukünftiger Anwendungen. Die DevOps-Bewegung konzentriert sich auf Teamwork und Zusammenarbeit. Dabei ist die Zielsetzung, Lieferzyklen bei gleichzeitiger Verbesserung der Qualität zu minimieren. Diese Bewegung muss jedoch noch einige größere Herausforderungen bewältigen – nicht zuletzt auch kultureller Art. (pi)


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