Eine aktuelle Deloitte Studie zeigt: Digitalisierung spielt bei den österreichischen Energieversorgungsunternehmen noch eine untergeordnete Rolle. Auch die Produktpalette ist zum Großteil noch nicht an die digitalen Herausforderungen angepasst. [...]
Deloitte hat im Rahmen der aktuellen Befragung Manager aus der österreichischen Energiewirtschaft nach dem Digitalisierungsgrad ihrer Unternehmen befragt. Das Ergebnis offenbart Aufholbedarf bei den meisten Energieversorgern und Aufklärungsbedarf in der Kundenkommunikation. So bietet zwar fast jedes österreichische Energieunternehmen inzwischen Online-Services an, genutzt werden diese aber nur von wenigen Kunden. Das schlägt sich auch im Geschäft nieder: Zwei Drittel der österreichischen Energieunternehmen erwirtschaften weniger als 5 Prozent durch E-Commerce.
„Das meiste Geschäft machen die Energieversorgungsunternehmen immer noch so wie sie es immer gemacht haben. Das funktioniert zwar noch, ist aber nicht mehr zeitgemäß. Alternative Anbieter, die voll auf digitalisierte Angebote setzen, könnten dadurch langfristig bei Convenience und Kosteneffektivität die Nase vorne haben“, analysiert Gerhard Marterbauer, Partner bei Deloitte Österreich.
Zweigleisigkeiten bei Rechnungsversand
Heute werden immer noch 90 Prozent der Rechnungen per Post an die Kunden versandt – obwohl praktisch alle Energieversorgungsunternehmen ihren Kunden mittlerweile digitale Rechnungen anbieten. „Der hohe Papieranteil und der Doppelversand passt nicht in das digitale Zeitalter. Auch die Zahlungsmethoden sind zum Großteil noch nicht digital. Die Kunden sind eigentlich bereit für die Modernisierung, man muss ihnen nur Anreize zum Umstieg geben“, erläutert Gerhard Marterbauer.
Vergleich mit anderen Kunden ausbaufähig
Die vorjährige Deloitte Studie hat gezeigt: Kunden wollen ihren Energieverbrauch mit anderen Kunden vergleichen können. Diesem Wunsch nach Transparenz und Vergleichbarkeit wird aber von den Anbietern noch unzureichend nachgekommen. Nur rund die Hälfte der befragten Energieversorger bietet dieses Service zumindest teilweise an – während 30 Prozent dieses Angebot nicht im Portfolio haben. Auch die Tools zum Vergleich sind noch ausbaufähig. Am Häufigsten wird das Vergleichen mit anderen Kunden über eine Online-Serviceplattform (57 Prozent) oder einen Newsletter (46 Prozent) angeboten. Mit lediglich 18 Prozent setzt eine Minderheit der Energieversorger auf eine App. „Wir wissen aus früheren Untersuchungen, dass Kunden sich mit anderen matchen wollen. Dieser Wettbewerb fördert auch den bewussten Umgang mit Energie. Der Vergleich muss Kunden so einfach wie möglich gemacht werden. Am leichtesten geht das per App am Smartphone“, betont Marterbauer.
Individuelle Produkte sind Ausnahme
Nur drei von zehn Energieversorgern bieten ihren Kunden die Möglichkeit Produkte, Dienstleistungen und Tarife selbst zusammenzustellen oder an Einkaufsgemeinschaften teilzunehmen. „Nur jedes dritte Unternehmen bietet seinen Kunden die Möglichkeit zur digitalen Produktkonfiguration an. Das ist nicht mehr zeitgemäß, denn die Kundenbedürfnisse werden immer vielfältiger und heterogener“, ist Gerhard Marterbauer überzeugt.
Kunden bei Produktentwicklung außen vor
Für die Hälfte der Befragten ist die Produktentwicklung mit Kunden absolutes Neuland. Nur jedes zehnte Unternehmen gibt an, regelmäßig mit Kunden gemeinsam Produkte zu entwickeln. Optimistisch stimmt die positive Grundhaltung der Hälfte der Befragten, wenn es um die künftige aktive Einbindung der Kunden geht.
„Durch die digitalen Möglichkeiten bekommt Open Innovation eine größere Bedeutung und bietet wichtige Zukunftschancen für die Unternehmen. Österreichische Energieversorger stehen hier aber noch am Anfang. Um in der Branche mithalten zu können müssen die Unternehmen ihre Kunden verstärkt an der Produktentwicklung beteiligen und die Produktpallette an die digitalen Herausforderungen anpassen“, so Marterbauer abschließend.
Rückblick: Der Energiekunde 2020
Im Rahmen der Studie „Der österreichische Energiekunde 2020“ befragte Deloitte Österreich im Herbst 2015 Konsumenten zu ihren Bedürfnissen und Erwartungen im Energiebereich. Die Ergebnisse zeigten, dass die Energiebranche vor großen Umbrüchen steht. Das Angebot der Energieversorger wich damals noch grundlegend von den Kundenerwartungen ab. Die Essenz lautete: Der österreichische Energiekunde 2020 produziert Strom selbst, nutzt erneuerbare Energien, bewegt sich mit alternativen Antrieben und vergleicht seinen Energieverbrauch mit anderen. Laut der Studie sahen die Energiekunden Strom, Heizen und Mobilität immer mehr als ein Gesamtpaket. Dementsprechend war es naheliegend, ein Jahr später die Energieversorger zu befragen um herauszufinden, inwieweit die identifizierten Kundenwünsche bereits in den Produkten und Services berücksichtigt werden.
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