Die Erwartungen von IDC für 2013

Für 2013 erwarten die Marktforscher von IDC einen schnelleren Wechsel auf die „dritte Plattform“ (IDCs Entsprechung zum "Nexus of Forces" der Kollegen von Gartner). [...]

In den vergangenen Jahren wurden die jährlichen Vorhersagen der International Data Corporation (IDC) vom Wechsel der IT-Branche auf die dritte Plattform bestimmt. Diese basiert auf den Technologien von Mobile Computing, Cloud-Diensten, Social Networking und Big-Data-Analytics. Für 2013 erwartet IDC, dass beim Übergang auf die dritte Plattform einen Gang hochgeschalten wird: Die Branche lässt die Erprobungsphase hinter sich und tritt in den ausgewachsenen Wettbewerb mit hohen Einsätzen.
„Die Branche insgesamt bewegt sich schneller in Richtung der Welt von Mobile, Social, Cloud und Big Data auf der dritten Plattform, als vielen bewusst ist. Von 2013 bis 2020 werden diese Technologien für rund 90 Prozent des gesamten Wachstums am IT-Markt verantwortlich sein“, kommentiert Frank Gens, Senior Vice President und Chief Analyst bei IDC. „Unternehmen, die nicht 80 Prozent oder mehr ihrer Wettbewerbskraft in diesen neuen Markt einbringen, werden im Legacy-Bereich des Marktes hängen bleiben und sogar langsamer wachsen als das weltweite BIP.“
Vor allem in mobile Geräte wird investiert
2013 werden die weltweiten Ausgaben für IT nach der Prognose von IDC 2,1 Billionen Dollar übersteigen, ein Zuwachs von 5,7 Prozent zum Jahr 2012. Das größte Wachstumssegment wird einmal mehr auf mobile Geräte (Smartphones, Tablets, eReader) entfallen. Diese werden 2013 um fast 20 Prozent zulegen und annähernd 57 Prozent des Branchenwachstums auf sich vereinen. Die mobilen Geräte nicht mitgerechnet beträgt das Wachstum der IT-Branche voraussichtlich nur 2,9 Prozent. Bei den anderen IT-Kategorien liegt die Wachstumsprognose für Software und IT-Dienstleistungen bei sechs und vier Prozent. Der Markt für PCs und Server wird laut der Prognose 2013 wieder zu einem moderaten Wachstum zurückfinden, zum Teil gestützt durch günstigere Vorjahresvergleiche.
Auf regionaler Ebene werden die IT-Ausgaben in den so genannten Emerging Markets 2013 um 8,8 Prozent auf über 370 Milliarden Dollar steigen. Das entspricht 34 Prozent der weltweiten IT-Ausgaben – und über 50 Prozent des gesamten neuen Wachstums am IT-Markt. Innerhalb der Emerging Markets werden die BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China) weiterhin die IT-Ausgaben anführen. Allein auf China entfällt über ein Viertel dieser Investitionen. Diese Entwicklungen in den Emerging Markets, die einen überpropotionalen Anteil am Wirtschaftswachstum haben, verändert auch wichtige globale Märkte. So erwartet IDC zum Beispiel, dass das chinesische Unternehmen ZTE mit seinem unglaublichen Wachstum und seiner starken Position in den Emerging Markets beim Rennen um den weltweit dritten Platz der Smartphone-Hersteller dabei ist.
Wie oben bereits erwähnt werden mobile Geräte auch weiterhin eine wichtige Rolle bei den weltweiten IT-Ausgaben spielen. Allerdings verändert der ständige Zugriff auf das Internet, den diese Geräte ermöglichen, auch das Verhalten der Anwender. Immer mehr Menschen nutzen ihr Smartphone oder ihr Tablet als primären Internet-Zugang. Dieser Trend wird die große Akzeptanz der „Mini-Tablets“ (Tablets mit weniger als acht Zoll) im kommenden Jahr weiter verstärken. IDC erwartet, dass dieses Segment für bis zu 60 Prozent aller im Jahr 2013 ausgelieferten Tablets verantwortlich sein wird.
Mobile Plattformen: Jahr der Entscheidung für Microsoft und RIM
Im Kampf um die Vormachtstellung am Markt für mobile Betriebssysteme wird 2013 für Microsoft und für Research in Motion (RIM) ein kritisches Jahr. Beide Anbieter müssen bei den Entwicklern mobiler Apps mehr Interesse wecken, um die Zahl der Apps für die Geräte mit ihrem jeweiligen Betriebssystem zu vergrößern. Schaffen sie das nicht bis Ende 2013, wird das vermutlich ihren Niedergang in diesem Markt einläuten. Währenddessen werden Hardware-Hersteller wie Samsung zum Schutz vor der Marktdominanz von Android ihre Betriebssystemoptionen unter anderem mit Linux/Tizen ausloten.
Auch Cloud Computing wird in hohem Maß zur Branchenentwicklung 2013 beitragen. Die Aktivitäten der vergangenen 20 Monate bei Fusionen und Übernahmen werden sich weiter verstärken. IDC erwartet Übernahmen im Wert von mehr als 25 Milliarden Dollar in den kommenden 20 Monaten, da Cloud-Dienste ins Zentrum von immer mehr Herstellerangeboten rücken. Die Anbieter von paketierten Applikationen wie IBM, Microsoft oder Oracle werden selbst zu Software-as-a-Service-Providern (SaaS); damit treten sie zunehmend in Konkurrenz zu den reinen SaaS-Dienstleistern wie Salesforce.com oder Workday um die Führung in einigen wichtigen Anwendungsmärkten.
An anderer Stelle der Cloud erwartet IDC für 2013 eine regelrechte Explosion der Public- Platform-as-a-Service-Angebote (pPaaS). Der Markt bewegt sich innerhalb des Software-Stacks nach oben, „horizontale“ PaaS werden durch Plattformen auf der Grundlage von Open-Source-basierenden Infrastrukturen zum Massenprodukt. Im Bereich der branchenspezifischen PaaS werden Cloud-basierende Shared-Service-Umgebungen entsprechend den Anforderungen einzelner Branchen angepasst. Zusätzlich werden auf einzelne Wirtschaftszweige spezialisierte Lösungsentwickler eine Reihe von Mehrwertdiensten und -lösungen auf diesen Plattformen entwickeln und ausrollen. Beispiele für die aufstrebenden branchenspezifischen PaaS sind unter anderem die NYSE Capital Markets Community Plattform bei Finanzdienstleistungen, verschiedene Plattformen zum Austausch von Gesundheitsinformationen im Gesundheitswesen oder der Panoptix App Marketplace von Johnson Controls für smarte Energie.
Mehr Einfluss für Fachabteilungen
Der Trend hin zu branchenspezifischen Lösungen wird obendrein durch den wachsenden Einfluss des Fachbereichs-Managements auf Investitionsentscheidungen in der IT befeuert. 2013 werden die Leiter der Fachabteilungen bei fast 60 Prozent aller neuen IT-Investitionen direkt beteiligt sein – und bei 25 Prozent dieser Investitionen als Entscheider. Deswegen erwartet IDC, dass die Unternehmen im kommenden Jahr 65 Milliarden Dollar für branchenspezifische Lösungen ausgeben werden. Dabei wird die Zahl der Unternehmen, die dafür die Technologien der dritten Plattform nutzt, rasch ansteigen. Innerhalb der kommenden drei Jahre wird diese Summe auf fast 100 Milliarden Dollar wachsen, da die Unternehmen mit Hilfe dieser Technologien und Lösungen neue Produkte und Dienstleistungen entwickeln sowie die bestehenden Kundenbeziehungen neu definieren.
Alle oben angesprochenen Trends – der zunehmender Einsatz mobiler Geräte und Apps sowie die Migration in Richtung SaaS und branchenspezifischer PaaS – werden zudem tiefgreifende Änderungen in den Rechenzentren und IT-Organisationen mit sich bringen, die die „dritte Plattform“ unterstützen. Hier werden 2013 konvergente Systeme (die Kombination aus Server, Storage, Netzwerksystemen und der entsprechenden Management-Software) und Software Defined Networking (SDN) vom Hype zur Realität reifen: Anwendungsszenarien für Rechenzentren und für Cloud-Anbieter kommen an den Markt und werden umgesetzt. Die beiden aufkeimenden RZ-Technologien werden 2013 ein explosionsartiges Wachstum zeigen und bis 2016 eine beachtliche Durchdringung von 30 bis 35 Prozent in den Rechenzentren erlangen.
Im Markt für Social Software werden die Anbieter von Unternehmenssoftware ihre App-Transformation durch Zukäufe bei Social-Technologien weiter verfolgen. Die Kaufwelle, die 2011 begann, wird sich weiter verstärken. Man kann darauf warten, dass Microsoft seine Angebote für CRM/Kundenzufriedenheit durch den Zukauf einer Social-Management-Plattform wie GetSatisfaction oder Lithium aufwertet. Ebenso steht zu erwarten, dass Oracle seine Bemühungen beim Aufbau eines Social Networks für Unternehmen einstellt und stattdessen ein robusteres Tool mit bereits bestehender Kundenbasis dazukauft. Gleichzeitig werden die Unternehmen beim Übergang von der Experimentierphase zur Integration mit einem Wildwuchs bei den Enterprise Social Networks zu kämpfen haben.
Identity Management goes Social
An anderer Stelle wird „Bring Your Own Identity“ (BYOID) 2013 die so genannte Consumerization auch in den Bereich der Unternehmenssicherheit tragen: Die Anbieter von Security-Software und IT-Abteilungen werden damit beginnen, Facebook, Google sowie andere Indentitätsdienste in sozialen Netzen und Endkunden-Clouds als Kernstücke ihrer Umgebungen zum Identitäts-Management zu nutzen. So erhalten sie die Möglichkeit, das Identitäts-Management über die Unternehmensgrenzen hinweg auch auf Kunden, Partner und potenzielle Neukunden auszuweiten. Es wird sich immer deutlicher zeigen, dass sich die Consumerization nicht nur um Geräte der Endanwender wie Smartphones oder Tablets dreht. Sie wird auch vermehrt viele zentrale Elemente der Unternehmens-IT betreffen.
Zu guter Letzt wird das Wachstum bei Big Data weiterhin anhalten. Die Investitionen in Technologien und Services werden 2013 auf fast zehn Milliarden Dollar steigen. Allerdings verändert sich 2013 der Schwerpunkt dieser Investitionen: Venture Capital sowie Fusionen und Übernahmen verlagern sich entlang des Big-Data-Stacks vermehrt in die obere Hälfte hin zu Analyse- und Erkennungs-Tools und analytischen Anwendungen. IDC erwartet, dass Vorhersageanalysen in den kommenden Monaten zu einem besonders heißen Thema werden.
Genaue Einzelheiten zu den IDC-Prognosen 2013 sind im Bericht „IDC Predictions 2013: Competing on the 3rd Platform“ verfügbar.
*Thomas Cloer ist Redakteur der Computerwoche


Mehr Artikel

Gregor Schmid, Projektcenterleiter bei Kumavision, über die Digitalisierung im Mittelstand und die Chancen durch Künstliche Intelligenz. (c) timeline/Rudi Handl
Interview

„Die Zukunft ist modular, flexibel und KI-gestützt“

Im Gespräch mit der ITWELT.at verdeutlicht Gregor Schmid, Projektcenterleiter bei Kumavision, wie sehr sich die Anforderungen an ERP-Systeme und die digitale Transformation in den letzten Jahren verändert haben und verweist dabei auf den Trend zu modularen Lösungen, die Bedeutung der Cloud und die Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Unternehmenspraxis. […]

News

Richtlinien für sichere KI-Entwicklung

Die „Guidelines for Secure Development and Deployment of AI Systems“ von Kaspersky behandeln zentrale Aspekte der Entwicklung, Bereitstellung und des Betriebs von KI-Systemen, einschließlich Design, bewährter Sicherheitspraktiken und Integration, ohne sich auf die Entwicklung grundlegender Modelle zu fokussieren. […]

News

Datensilos blockieren Abwehrkräfte von generativer KI

Damit KI eine Rolle in der Cyberabwehr spielen kann, ist sie auf leicht zugängliche Echtzeitdaten angewiesen. Das heißt, die zunehmende Leistungsfähigkeit von GenAI kann nur dann wirksam werden, wenn die KI Zugriff auf einwandfreie, validierte, standardisierte und vor allem hochverfügbare Daten in allen Anwendungen und Systemen sowie für alle Nutzer hat. Dies setzt allerdings voraus, dass Unternehmen in der Lage sind, ihre Datensilos aufzulösen. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*