Die neue Versuchung: iPad Air M2

Das neue iPad Air bietet weniger als das iPad Pro. Doch der Preis lockt und die Abstriche schmerzen kaum. [...]

Das iPad Air befreit all jene aus der Zwickmühle, die ein grösseres Display möchten – aber deswegen noch lange kein iPad Pro brauchen. (c) Apple

„Du bist ja so groß geworden!“ Dieser Ausruf, normalerweise älteren Tanten beim Anblick ihrer Neffen und Nichten vorbehalten, schießt einem auch beim Anblick des neuen iPad Air durch den Kopf. Denn zum ersten Mal ist es nicht nur mit einer Diagonalen von 10,9 Zoll zu haben, sondern auch in einer deutlich größeren 13-Zoll-Ausführung.

Was auf dem Papier nach wenig klingt, fühlt sich in der Hand nach einer Übergröße an, die man mögen muss: Das große iPad Air nimmt man nicht mehr „zur Sicherheit“ mit, weil es kaum aufträgt. Nein, man braucht dazu seine Gründe. Auch beim Fläzen auf dem Sofa trägt es mit 618 Gramm schwer auf; doch hier spielt auch eine Rolle, wie es gehalten wird und ob es etwa auf der Lehne abgelegt werden kann.

Dafür scheint die Bildschirmfläche im Überfluss vorhanden zu sein: Diese Größe ist ideal, um unterwegs zu arbeiten. Aber auch in der Schule wird das Schreiben von Notizen oder der Umgang mit PDF-Anmerkungen zur Freude. Und schließlich hilft dieses Mehr an Fläche natürlich auch, wenn zwei Apps nebeneinander laufen.

Zwei Apps nebeneinander: Das macht auf einem 13-Zoll-Display deutlich mehr Spaß. (c) Apple

Kurzum: Wer schon immer mehr Arbeitsfläche wollte, ohne dafür zum deutlich teureren iPad Pro zu greifen, wird jetzt bestens bedient. Und falls viel geschrieben werden muss, bietet sich das Magic Keyboard an, das allerdings mit seinem Preis von 306 Euro (11 Zoll) respektive 357 Euro (13 Zoll) eine Anschaffung für sich ist.

Das Magic Keyboard mit Trackpad fühlt sich ausgezeichnet an, hat aber seinen Preis. (c) Apple

Semi-Pro: Die Hardware

In der 13-Zoll-Ausführung gibt es das iPad Air mit 128 GB Speicher ab 849 Euro. Das günstigste iPad Pro mit 256 GB kostet 1.381 Franken, also 532 Euro mehr. Dieser Abstand verringert sich auf 430 Euro, wenn auch das iPad Air mit 256 GB Speicher bestückt wird.

Und doch sind die unvermeidlichen Abstriche bei der Hardware wohl für viele Anwender zu verschmerzen. Wenn Sie die Unterschiede bis die letzten Detail kennen möchten, sollten Sie Apples Vergleichsseite besuchen. Doch die folgenden Eigenschaften verdienen besonderes Augenmerk.

M2 statt M4: Während das aktuelle iPad Pro als erstes Apple-Gerät mit dem M4-SoC (System on Chip) ausgestattet ist, arbeitet im iPad Air der M2. Dabei handelt es sich um den direkten Vorgänger, denn es gab nie ein iPad mit M3. Doch in meinen Augen könnte der Unterschied egaler kaum sein. Der M2 wird alles verarbeiten, was Sie ihm vor die imaginären Füsse werfen: Selbst hoch aufgelöste RAW-Fotos oder 4K-Videos sind für den M2 nur eine Fingerübung – und der Rest sowieso.

Touch-ID: Für die Entsperrung zeichnet die Touch-ID verantwortlich. Apples Fingerscanner ist in der Standby-Taste verbaut und reagiert hervorragend. Wenn das iPad Air über die Standby-Taste geweckt wird, ist es im selben Augenblick entsperrt. Wird hingegen das Display angetippt, weil das Muskelgedächtnis auf die Face-ID getrimmt ist, wird während der Umgewöhnung zwei Sekunden lang das Display angeglotzt, bis sich der Denkfehler offenbart.

USB-C statt Thunderbolt: Während das iPad Pro mit einem Thunderbolt-/USB-C-Anschluss punktet, bietet das iPad Air «nur» einen USB-C-Port. Doch der stellt kaum ein Hindernis dar. Über ihn wird das iPad Air geladen und jedes erdenkliche Zubehör adaptiert. Hinter dem Anschluss liegt eine USB-3-Schnittstelle mit einer Übertragungsrate von bis zu 10 Gbit/s, während das iPad Pro über Thunderbolt 4 / USB-C 4 bis zu 40 Gbit/s liefert: Finde die praktische Anwendung. Auch das iPad Air lässt sich mit einem externen Display bis 6K bei 60 Hz anschliessen, während es gleichzeitig geladen. Ein fähiges Display kann dabei zum USB-Hub werden, so wie etwa das Apple Studio Display.

Display: Das Display reicht nicht an das Tandem-OLED im iPad Air M4 heran. Die maximale Helligkeit reicht ausserdem nur bis 500 Nits. Das ändert nichts daran, dass es leuchtende, kräftige Farben und hervorragende Kontraste zeigt. Es deckt den kompletten P3-Farbraum ab. Die True-Tone-Technologie sorgt wiederum dafür, dass die Inhalte am Abend besonders warm und augenfreundlich präsentiert werden.

Hingegen fehlt ihm die Pro-Motion-Unterstützung, also eine Wiederholrate von 120 Hz. Verwöhnt vom iPad Pro, schien mir das iPad Air zuweilen zu ruckeln, doch das täuscht: Es handelt sich dabei nicht um fehlende Leistung, sondern die Auswirkungen der 60 Hz Wiederholrate. Das fällt am ehesten beim Blättern von Text auf, besonders auf Webseiten. Manchmal wirkt auch die Animation beim Öffnen einer App nicht ganz so geschmeidig. Doch in beiden Fällen ist das eine Meckerei auf sehr hohem Niveau, denn davon abgesehen ist dieses Display eine Wucht.

Kameras und Pencil

Was das iPad Air seit jeher auszeichnet (oder verschandelt, je nach Auslegung), ist der dominante Kamerahöcker auf der Rückseite, der wie ein Fremdkörper wirkt. Er lässt das iPad kippeln und vermittelt nicht den Eindruck, dass er schonend mit empfindlichen Oberflächen umgeht. Dieser Buckel beherbergt die 12-Mpx-Kamera mit ihrem Weitwinkel und einer Blende von ƒ/1,8. Es ist wohl anzunehmen, dass die meisten iPad-Air-Besitzer mit einem Griff in die Hosentasche eine bessere Kamera in Form eines Smartphones herausziehen. Ich hätte mir deshalb die flächenbündige Kamera des einfachsten iPads gewünscht, das für die Aufnahme eines White-Boards oder eines Dokuments alleweil reicht.

Auch bei dieser Generation des iPad Air wirkt die Kamera so, als würde sie hier nicht hingehören. (c) Apple

Die FaceTime-Kamera wurde auch beim iPad Air an die lange Kante verschoben wurde und erlaubt somit (endlich!) querformatige Video-Chats. Diese Umstellung führt wie beim iPad Pro M4 dazu, dass die bestehenden Apple-Pencil-Modelle nicht mehr kompatibel sind, weil die Magnete anders angeordnet worden sind und sich das iPad nicht mehr induktiv laden lässt. Umgekehrt kommt damit das iPad Air in den Genuss des nagelneuen Pencil Pro, der deutlich mehr Möglichkeiten bietet, auch für Nicht-Zeichner.

Der neue Pencil Pro ist eine große Bereicherung, auch wenn Zeichnen nicht zu den Kernkompetenzen gehört. (c) Apple

Das iPad Air ist ein durchs Band gelungenes Update, doch die neue 13-Zoll-Version macht es für eine weit größere Zielgruppe interessant. Denn wer sich am Gewicht nicht stört, erhält mehr von allem: mehr Arbeitsfläche, eine größere virtuelle Tastatur oder die Möglichkeit, bequem zwei Apps nebeneinander zu zeigen. Auch beim Videoschnitt mit zahleichen Clips oder Fotos, die mithilfe des Pencil Pro retuschiert werden, kann die Arbeitsfläche gar nicht groß genug sein.

Der Speicher

Die Speicherausstattung beginnt bei 128 GB; dann geht es weiter mit 256 GB (+102 Euro), 512 GB (+307 Euro) und schließlich mit 1 TB (+512 Euro).

Die kleinste Ausstattung mit 128 GB sollte nur gewählt werden, wenn in erster Linie Office-Dateien verarbeitet werden, während Fotos oder sogar Videos eine untergeordnete Rolle spielen. 256 GB sind deutlich praxisgerechter und werden sich auch günstig auf den Wiederverkaufspreis auswirken. 1 TB wiederum sind sinnvoll, wenn unterwegs viele Videos gedreht oder hochauflösende Fotos gespeichert werden.

Die Farbgebung wirkt subtil; sie ist jedoch eine willkommene Abwechslung zum trostlosen Silber und Grau des iPad Pro. (c) Apple

Nur noch eSIM

Auch beim iPad Air muss die optionale SIM-Karte unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet werden. Grundsätzlich ist jedes Modell wahlweise in der Ausführung „Wi-Fi“ oder „Wi-Fi+Cellular“ zu haben. Der Aufpreis beträgt immer 154 Euro.

Wi-Fi: Die „Wi-Fi“-Ausführung schafft es nur über Wi-Fi 6E ins Internet – oder über den Hotspot, der vom iPhone aufgebaut wird.

Wi-Fi+Cellular: Diese Ausführung kommt mit einem direkten Draht zum 5G-Mobilfunknetz, was beim Arbeiten im Zug oder in der Schule zu einem unschätzbaren Vorteil werden kann. Dazu wird eine eSIM-Karte benötigt; hingegen fehlt im Vergleich zum Vorgänger der Slot für eine physische SIM-Karte. Doch das ist kaum ein Verlust, denn die eSIM bietet praktisch nur Vorteile.

GPS: Schon immer war es bei allen iPads so, dass der GPS- und der Mobilfunk-Teil auf demselben Chip hocken. Will heißen: Für Kartenanwendungen oder andere Gelegenheiten, bei denen es auf eine möglichst präzise Ortung ankommt, ist das Modell „Wi-Fi+Cellular“ die einzige richtige Wahl.

Fazit

Das iPad Air befreit all jene aus der Zwickmühle, die ein größeres Display möchten – aber deswegen noch lange kein iPad Pro brauchen. Denn für die große Masse der Anwender fehlt es an nichts: Das Display strahlt in den schönsten Farben, der Pencil ist auf dem neusten Stand und das Tempo ist so hoch, wie beim letzten iPad Pro mit seinem M2. All das macht das iPad Air zum vielleicht besten iPad in Apples Produktlinie: mit überschwänglich viel Leistung, ein paar verschmerzbaren Abstrichen und vor allem zu einem Preis, der es auch für die Schule zur ersten Wahl macht.

* Der Autor Klaus Zellweger schreibt für PCtipp.


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