Die Entwicklung der Finanzdienstleistungsbranche steht nicht still. Welche Upgrades der Touchpoints im Handel und Angebote an Zahlungsmethoden Händler auf dem Schirm haben sollten, erklärt Hella Fuhrmann von Adyen. [...]
Die letzten drei Jahre haben die Transformation des Einzelhandels mit unvergleichlicher Wucht geprägt: von plötzlichen Schließungen und der Notwendigkeit, in kürzester Zeit die komplette Customer Journey für das Online-Geschäft fit zu machen, über die Wiedereröffnung der Geschäfte und den Mix von nahtlosen Online- und Offline-Touchpoints bis hin zu Engpässen bei Lieferketten, einer plötzlichen Inflation und sich wandelndem Konsumverhalten.
Für Händler gilt es mehr denn je, sich mit den künftigen Entwicklungen für ihre Branche auseinanderzusetzen. Im Gastbeitrag gibt Hella Fuhrmann, Deutschland-Chefin bei der Finanztechnologie-Plattform Adyen, einen Ausblick auf die Trends, die das Jahr 2023 bestimmen werden.
Embedded Finance: Wie Onlinehändler, Marktplätze und Plattformen ihre Kundenbeziehungen stärken können
Sowohl beim Geschäft mit Endkonsumenten als auch mit Geschäftskunden stellen stabile Kundenbeziehungen einen wichtigen Erfolgsfaktor dar. Embedded Financial Services, also Finanzdienstleistungen, die in die Customer Journey und damit direkt in die Commerce-Systeme integriert sind, können bei der Kundenbindung enorm unterstützen.
Im B2C-Bereich sind integrierte Finanzdienstleistungen bereits bei vielen Händlern Teil ihres Produktportfolios. So bietet zum Beispiel Amazon seinen Endkunden bereits eine eigene Kreditkarte an.
Seit diesem Jahr ist das Interesse von Embedded Finance im B2B-Bereich stärker in den Fokus gerückt. Insbesondere Marktplätze und Plattformen haben erkannt, dass sie ihren Nutzern – in der Regel kleinen und mittelständischen Unternehmen, die über die jeweiligen Plattformen ihre Produkte verkaufen – Finanzdienstleistungen, wie zum Beispiel Kredite oder Bankkonten direkt über die Plattform anbieten können.
Mithilfe digitaler Angebote können traditionell aufwändige Bankprozesse, beispielsweise die Prüfung auf Kreditwürdigkeit, in wenigen Minuten abgewickelt werden. Plattformen und Marktplätze sollten diese Chance unbedingt nutzen, um die Kundenbindung zu erhöhen und zusätzliche Einkommensquellen zu erschließen.
Plattformen, die bereits Embedded Payment anbieten, können mit zusätzlichen Finanzdienstleistungen und einem vielseitigen Geschäftsmodell ihre Nutzer noch stärker binden. Ein guter Einstieg in Embedded Finance sind in die Plattform eingebettete Konten. So können KMU ihre Finanzen dort verwalten, wo sie Geschäfte machen.
Relevante Zahlungsmethoden: Wie Händler den Checkout optimieren können
Jedes Geschäftsmodell und die dazugehörige Kundschaft haben unterschiedliche Ansprüche, was die Bezahlmethoden betrifft. Flexibilität, Schnelligkeit und Komfort sind beim Bezahlvorgang die zentralen Faktoren, die von verschiedenen Kundengruppen erwartet werden.
In den letzten Jahren wurden verschiedene Zahlungsmethoden entwickelt, die auf die unterschiedlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Folgende Zahlungsmethoden werden 2023 an Bedeutung gewinnen:
1. Digital Wallets
Apple Pay, Google Pay und andere digitale Geldbörsen sind heute neben traditionellen Zahlungsmöglichkeiten im Geschäft und online bereits ein fester Bestandteil. Im kommenden Jahr werden global mehr als 1,6 Milliarden Kunden digitale Geldbörsen am POS (Point of Sale) nutzen.
Das wird nahezu 30 Prozent aller POS-Zahlungen ausmachen. Angetrieben von der Nachfrage der Verbraucher nach bargeldlosen Zahlungen und den Komfort, die Flexibilität und die Sicherheit, die digitale Geldbörsen bieten, sollten Händler die Bezahlung per Wallet unbedingt in ihr Portfolio an Bezahloptionen aufnehmen.
2. Buy now, pay later
Der BNPL-Markt (Buy Now, Pay Later) wird im kommenden Jahr weiter an Popularität gewinnen, da immer mehr Anbieter in diesen Bereich einsteigen und Kunden im B2C als auch B2B-Bereich mehr Flexibilität bei der Bezahlung von Waren und Dienstleistungen bieten.
Einer der zentralen Vorteile für Händler liegt darin, dass diese Bezahlmethode das Kundenerlebnis positiv beeinflussen kann. Waren zu kaufen und später zu bezahlen, ist für viele Kunden ein attraktiver Punkt in Bezug auf ihre Kaufbereitschaft. Als Händler können Sie so Neukunden gewinnen, die Kundenbindung stärken und die Abbruchquote beim Checkout senken.
3. Kontaktlose NFC-gestützte Zahlungen
Flexible Lösungen, wie zum Beispiel „Tap to Pay“ von Apple, das bereits in den USA angeboten wird, verwandeln das Smartphone oder Tablet eines Händlers in ein sicheres, kontaktloses „Point-of-Sale“-Terminal, das sofort Zahlungen von kontaktlosen Karten oder digitalen Geldbörsen empfangen kann.
Händler können Zahlungen in Geschäften überall dort annehmen, wo sie ein mobiles Gerät und eine Internetverbindung haben. So können Unternehmen ihre Geschäfte flexibler und agiler gestalten, indem sie schnell und einfach die Annahme digitaler Zahlungen ermöglichen und ihren Kunden ein
besseres Einkaufserlebnis bieten.
E-Commerce Tools: Für ein besseres Kauferlebnis am POS
Durch technologische Fortschritte und die damit einhergehende Verschmelzung vom stationären Handel und E-Commerce verändern sich auch die Kundenbedürfnisse und erfordern ein Umdenken, wenn es um die Optimierung des Kauferlebnisses geht.
Um Kunden am Point of Sale das bestmögliche Kauferlebnis bieten zu können, haben sich neue Möglichkeiten entwickelt, die das Einkaufen für Kunden noch bequemer macht:
1. Kassenloser Einkauf
Um Kunden das Schlangestehen zu ersparen, können Händler ihnen einen kassenlosen Einkauf anbieten. Wie das gehen kann, hat der Handelskonzern Rewe kürzlich in Münchens erstem vollautonomen Supermarkt gezeigt: Kunden laden sich dazu auf ihrem privaten mobilen Endgerät die entsprechende App herunter, die sie mit ihrem Bankkonto verknüpfen. Nur mit der App erhalten sie Zugang zum Geschäft.
Der Einkauf läuft dann wie gewohnt ab und die gewünschten Produkte werden eingepackt. Mithilfe von Kameras, KI-Technologie und Sensoren wird registriert, welche Produkte aus dem Regal genommen werden und anhand dessen der zu zahlende Betrag berechnet. Die Bezahlung erfolgt automatisch nach dem Verlassen des Geschäfts per App.
2. Selbstbedienungskassen
Selbstbedienungskassen sind eine weitere Möglichkeit, Wartezeiten zu verringern. Händler stellen ihrer Kundschaft Kassen zur Verfügung, an denen eigenständig Produkte gescannt und anschließend bezahlt werden können. Bei den Kassen sollte ein Zahlungsverarbeitungssystem implementiert werden, das verschiedene Zahlungsoptionen bietet.
Mithilfe der Selbstbedienungskassen kann die Wartezeit für Kunden effektiv reduziert werden und der Kundenfluss im Kassenbereich erhöht werden. Mitarbeiter können außerdem an anderen Stellen, beispielsweise im Kundenservice, verstärkt eingesetzt werden.
3. Interaktive Bildschirme und Karten
Mit Kiosk-Systemen können Bildschirme und Tablets in kundenorientierte Assistenten verwandelt werden und Kunden Auskunft zu Produktdetails, Verfügbarkeit und Aktionsangeboten geben. Sie bieten außerdem die Möglichkeit, direktes Feedback von Kunden einzuholen.
Die Entwicklung der Finanzdienstleistungsbranche steht nicht still. Getrieben von technologischen Fortschritten und der Veränderung der Kundenbedürfnisse ist 2023 für alle, die es noch nicht getan haben, ein Upgrade der Touchpoints im Handel und des Angebots an Zahlungsmethoden gefragt.
Mit den richtigen Partnern und einer guten Beratung bieten die Entwicklungen für den Einzelhandel und Plattformen viele Chancen und die passende Lösung für jedes Geschäftsmodell.
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