Digital Skills Barometer Österreich 2023/2024: Online und Experimentieren dominieren

Wie steht es um digitale Fitness der österreichischen Arbeitnehmer*innen? Wie schneiden Mitarbeitende unterschiedlicher Generationen und Bildungsgrade im digitalen Warm-up (digitale Selbsteinschätzung) und in der digitalen Ausdauer (digitales Wissen) ab? [...]

Johannes Kopf, Vorstandsvorsitzender des Arbeitsmarkservice Österreich (c) fit4internet
Johannes Kopf, Vorstandsvorsitzender des Arbeitsmarkservice Österreich (c) fit4internet

2022 hat fit4internet erstmals die digitale Fitness mit dem Digital Skills Barometer in einer repräsentativen Erhebung analysiert, um eine aktuelle Standortbestimmung über das digitale Wissen der Österreicherinnen zu ermöglichen. Im Digital Skills Barometer wird anders als in anderen Erhebungen nicht nur die Frage gestellt, ob und wie oft etwas in der digitalen Welt getan wird, sondern ob die Österreicherinnen auch wissen, was sie in der digitalen Welt tun.

Der Digital Skills Barometer zeigt auch 2023/2024 DIGITAL GAPS auf, um sichtbar zu machen, in welchen Bereichen optimiert werden kann, um die Digitalisierung inklusiv, fair und chancenfördernd zu gestalten. Das Digital Skills Barometer erhebt die digitale Kompetenz in drei Hauptbereichen: In der Selbsteinschätzung (Digitales Warm-up), im digitalen Wissen (Digitale Ausdauer) und im Bereich des Technologieverständnisses Digitale Kraft). Der von der Europäischen Kommission einmal jährlich erhobene und vielzitierte Digital Skills Indicator (DSI) beruht hingegen ausschließlich auf einer Selbsteinschätzung zu internet- und anwendungsbezogenen Aktivitäten. Er analysiert, ob derartige Aktivitäten ausgeführt werden, aber nicht in welcher Qualität oder mit welchem Wissensstand.

Damit die österreichischen Entscheidungsträgerinnen ein tiefgreifenderes Bewusstsein dafür entwickeln können, wo man am Weg der digitalen Transformation ansetzen kann, sind kontinuierliche Standorterhebungen wesentlich. Der Digital Skills Barometer schließt hier eine wesentliche Lücke und geht – europaweit einzigartig – einen entscheidenden Schritt weiter: die Erhebung von fit4internet geht insbesondere auf das digitale Grundlagenwissen in Gegenüberstellung der Selbsteinschätzung ein und bezieht auch die Technologieaffinität mit ein. Es wird nicht nur die Frage gestellt, ob Österreichs Arbeitnehmerinnen digital aktiv sind, sondern auch, ob sie auch über das notwendige Wissen dafür verfügen.

„Es sind essentielle Fragen, wie digital fit wir als Gesellschaft und wie fit unsere Arbeitnehmer*innen sind. Denn digitale Fitness hilft uns, Krisen zu meistern, den Wandel gut zu überstehen – und mehr noch: ihn aktiv mitzugestalten. Die digitale Transformation kann für uns alle nur gelingen, wenn wir #digitallyfit sind und den Einsatz und die Wirkung zum Beispiel von neuen Technologien im privaten, aber auch im Berufsleben gut einschätzen können und im besten Falle auch gestalten können. Die Digitalisierung ist nicht aufzuhalten und moderne, neue Technologien entwickeln sich immer rasanter weiter. Denken wir nur an die rasche Etablierung des KI-gesteuerten Tools ChatGPT“, führt f4i-Präsident und Geschäftsführer von Eviden Austria, Ing. Mag. Markus Schaffhauser, CMC, aus.

Detaillierter Einblick in die digitale Fitness Österreichs Arbeitnehmer*innen

Die repräsentative Online-Umfrage (CAWI) des Digital Skills Barometer (DSB) wurde vom Marktforschungsinstitut bilendi durchgeführt. Über 3.600 Österreicher*innen im Alter zwischen 16 und 84 Jahren, die sich in der digitalen Welt bewegen, wurden – auf Basis best-effort stratifiziert nach Alter, Geschlecht und Bundesland und in allen Faktoren inkl. Bildungsgrad gewichtet. Basierend auf dem aktuellen Digitalen Kompetenzmodell für Österreich – DigComp 2.3 AT ist der DSB damit die aktuellste und umfangreichste Umfrage mit Daten aus 2023. Die Schwerpunktbereiche der diesjährigen Ausgabe sind neben der digitalen Selbsteinschätzung (Digitales Warmup) und dem digitalen Wissen (Digitale Ausdauer), Technologieaffinität und -verständnis (Digitale Kraft), auch die Einstellung zu Digitalisierung sowie die Wissensaneignung in der digitalen Welt. Damit stellt der Digital Skills Barometer, eine umfassende Ergänzung zum Digital Skills Indikator sowie zum Digitalisierungs-Index DESI der EU-Kommission dar.

Im Rahmen der Pressekonferenz wurden nun die Erkenntnisse mit Fokus auf die Arbeitswelt veröffentlicht. Die Ergebnisse des DSB liefern dabei aufschlussreiche Key Findings: So beträgt etwa die Digitale Ausdauer (Wissen) der heimischen Arbeitnehmerinnen aktuell 51 Punkte, während das Digitale Warm-Up (Selbsteinschätzung) bei 79 Punkten liegt. Für einen sicheren, kompetenten Umgang in der digitalen Welt werden zwischen 60 und 80 Punkte für die Digitale Ausdauer empfohlen. Prinzipiell lässt sich aus dem Ergebnis ableiten, dass die österreichischen Arbeitnehmerinnen, die in Voll- oder Teilzeitanstellungen erwerbstätig sind, jeweils über dem Österreich-Durchschnitt liegen, wobei sich ein Gap zwischen Vollzeit- und Teilzeit-Arbeitnehmer*innen feststellen lässt.

Überschätzung der digitalen Kompetenz

Im Bereich der digitalen Ausdauer, dem umfassenden digitalen Grundlagenwissen, erreichen Österreichs Arbeitnehmerinnen durchschnittlich 51 von insgesamt 100 Punkten und befinden sich damit auf Kompetenzstufe 3 (Fundiert SELBSTSTÄNDIG). Das dahinterliegende Problem: Österreichs Arbeitnehmerinnen überschätzen sich um über eine Kompetenzstufe. Wir Menschen haben die positive Eigenschaft unsere Kompetenzen als sehr gut einzuschätzen und von ihnen überzeugt zu sein. In der digitalen Welt gilt hier jedoch Achtsamkeit, denn eine Überschätzung gerade in Bereichen wie Cybersecurity oder Umgang mit neuen Technologien und Daten, kann hier gravierende Auswirkungen haben – für uns persönlich als Arbeitnehmer*innen, aber auch für die Unternehmen.

Einstellung zur Digitalisierung und persönliches Interesse

Vollzeit-Arbeitnehmerinnen stehen dem Einfluss der Digitalisierung überwiegend neutral bis positiv gegenüber. Teilzeit-Arbeitnehmerinnen sind hier durchaus skeptischer und bewerten den Einfluss der Digitalisierung auf die eigene berufliche Entwicklung größtenteils neutral. Parallel dazu besteht ein hohes technisches Interesse: die Hälfte der Arbeitnehmerinnen zeigt sich stark bis sehr stark an Technik und technologischen Neuerungen interessiert, knapp ein Drittel möchte auch mit den technologischen Entwicklungen und digitalen Anwendungen Schritt halten. Die Hälfte der österreichischen Arbeitnehmerinnen möchte spezifische digitale Angebote noch besser beherrschen und mehr über digitale Technologien erfahren. Dies deckt sich auch mit den herausgearbeiteten Personas: Die digitalen Vorreiterinnen (Digitale VORNE-DABEIs) sind zu 75% erwerbstätig. Bei den digitalen Nachzüglerinnen sind es im Gegensatz dazu nur 55%, die sich in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis befinden. Damit gehören die Arbeitnehmer*innen zur „Digitalisierungs-Elite“ – also jenen, deren Wissen mit mindestens 60% richtig beantworteter Fragen am größten ist.

„Wenn wir die erhobenen Daten betrachten, zeigt sich die Notwendigkeit des Handelns. Gerade in der Digitalisierung, die rasch voranschreitet und ständige Veränderung mit sich bringt, müssen wir mehr Menschen zu Digitalen Vorreiterinnen machen, damit wir als Gesellschaft und in den Unternehmen aktiv die Digitalisierung mitgestalten. Erhebungen wie der Digital Skills Barometer helfen uns wesentlich dabei Digital Gaps zu identifizieren. Essentiell ist für uns, zu erkennen, welche Skills in den unterschiedlichen Jobprofilen und Unternehmensbereichen benötigt und entwickelt werden müssen. Die Einordnung der österreichischen Job-Profile in die benötigten digitalen Kompetenzen nach DigComp AT unterstützt hier sowohl Arbeitgeberinnen als auch unsere Mitarbeiterinnen im Beratungsprozess. Als Entscheidungsträgerinnen sind wir jedenfalls auf regelmäßige Standortbestimmungen angewiesen“, zeigt sich Dr. Johannes Kopf, Vorstandsvorsitzender des Arbeitsmarkservice Österreich überzeugt.

Learning by doing

Es ist ersichtlich, dass unter den Arbeitnehmerinnen (67%) eine hohe bis sehr hohe Bereitschaft zur Weiterbildung besteht, in ihre digitale Bildung zu investieren, wenn der Staat oder der Arbeitgeber die Kosten übernimmt. Die Faktoren Zeit und Geld spielen hierbei eine Rolle. Mit Blick auf ganz Österreich lässt sich im Vergleich festhalten, dass die Arbeitnehmerinnen über dem Österreich-Durchschnitt liegen. Die Motivation oder der „Need“ sich weiterzubilden, ist im Berufsleben somit mehr vorhanden. Zudem spielt der Beschäftigungsgrad hier eine wesentliche Rolle: rund 54% der Vollzeit-Arbeitnehmerinnen haben sich in den vergangenen 12 Monaten digitale Kompetenzen selbst angeeignet, bei den Teilzeit-Arbeitnehmerinnen sind es im Vergleich dazu unter 41%. Auffällig ist, dass betriebsinterne Schulungen eher die Ausnahme bilden. Gleichzeitig ist das Interesse zu Weiterbildung und Informationsangeboten sowohl bei Vollzeit- (42,5%) als auch Teilzeit-Arbeitnehmer*innen (31,5%) vorhanden.

„Alle Branchen sind von Digitalisierungsprozessen betroffen und herausgefordert. Auch unsere eigenen Studien machen deutlich: Arbeitnehmerinnen sind der Digitalisierung gegenüber aufgeschlossen, sie wollen sich weiterbilden und ihre digitalen Kompetenzen stärken. Dafür braucht es aber die Voraussetzungen im betrieblichen Rahmen und in der Arbeitszeit. Der digitale Umbau unserer Wirtschaft wird nicht gelingen, wenn man die digitale Weiterbildung in die Freizeit verschiebt und den Arbeitnehmerinnen gleichzeitig die Kosten dafür umhängt. Es darf nicht vom Geld oder der verfügbaren Freizeit abhängen, ob sich jemand digitale Kompetenzen für sich und seinen Betrieb aneignen kann. Weiterbildung muss daher im Betrieb selbst und in der Arbeitszeit möglich sein. Damit es auch keine Rolle spielt, ob jemand Vollzeit oder Teilzeit arbeitet, Betreuungspflichten oder wenig finanzielle Ressourcen hat. Nur so kann sichergestellt werden, dass z.B. Frauen gleichermaßen von Weiterbildungsangeboten profitieren“, erläutert Mag.a Ilkim Erdost, Msc, Bereichsleiterin Bildung der AK Wien, die Notwendigkeit der digitalen Kompetenzen für die Zukunftsfähigkeit Österreichs.

Digitalisierung im Unternehmenskontext

Große Übereinstimmung herrscht bei den befragten Arbeitnehmerinnen darüber, dass digitale Grundkenntnisse notwendig sind, um die Chancen am Arbeitsmarkt ergreifen zu können und, dass sie selbst aktiv sein müssen, um mit der Digitalisierung Schritt zu halten. Allerdings sind 74% der Arbeitnehmerinnen davon überzeugt, dass ihre derzeitigen digitalen Kompetenzen ausreichen, um auch in Zukunft den Anforderungen ihres Arbeitsplatzes gerecht zu werden. 55% geben an, dass ihre eigene berufliche Tätigkeit von der Digitalisierung betroffen ist, gleichzeitig sehen weniger, nämlich 49%, die Digitalisierung auch als Chance für Ihre Branche an.

„Die österreichischen Arbeitnehmer wissen, dass die Entwicklung von digitalen Skills entscheidend ist. Sie unterschätzen allerdings die Durchdringung der Digitalisierung. Nur 55 Prozent geben an, dass ihre berufliche Tätigkeit von der Digitalisierung betroffen ist. Doch heute ist nahezu jede Branche und jedes Unternehmen digital“, unterstreicht Mag. Michael Zettel, Country Managing Director Accenture Österreich, und ergänzt abschließend: Es besteht großer Handlungsbedarf in der Ausbildung. Lediglich 28 Prozent der Befragten stimmen (völlig) zu, dass sie in ihrer bisherigen formalen Ausbildung ausreichend auf die Herausforderungen einer digitalisierten Berufswelt vorbereitet wurden.“


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