Digitale Transformation: Der mühsame Weg zum papierlosen Büro

Papierloses Arbeiten hat neben der unmittelbaren Verfügbarkeit und Kostenersparnis zahlreiche weitere Vorteile. Dennoch wird wohl auch in Zukunft nicht gänzlich auf Papier verzichtet. [...]

Eine Senkung des Papierverbrauchs spart nicht nur Rohstoffe, Tinte und Toner, sondern vor allem Wasser (c) pixabay.com

Eine Senkung des Papierverbrauchs spart nicht nur Rohstoffe, Tinte und Toner, sondern vor allem Wasser. Die Produktion eines handelsüblichen DIN-A4-Blatts benötigt etwa 10 Liter Wasser. Bei Recyclingpapier sind es nur noch rund 100 Milliliter. Zwar wird das papierlose Büro schon seit Jahrzehnten propagiert, doch quellen noch immer die Papierkörbe über. Dabei lässt sich prinzipiell alles digital und damit weitgehend papierlos erledigen, ob Verträge, Rechnungen, Personalakten, Lieferscheine oder Urlaubsanträge.

Aber den Druckerherstellern geht es prima, und pro Jahr werden laut Verband Deutscher Papierfabriken in Deutschland 22 Millionen Tonnen Papier und Pappe produziert – Tendenz gleichbleibend. Das papierlose Büro scheint also nicht voranzukommen. Doch die Corona-Pandemie bringt womöglich eine Wende. Eine Studie des Branchenverbands Bitkom kommt zu dem Ergebnis, dass 86 Prozent der Unternehmen in Deutschland vorhaben, Kommunikationsprozesse zu digitalisieren. Auch der Umzug ins Homeoffice trägt dazu bei, den Papierbedarf zu verringern. Hat früher bei Meetings und Konferenzen jeder seinen Stapel Papier dabeigehabt, machen Videokonferenzen das überflüssig. Die Erkenntnis bei Entscheidern wie Mitarbeitern: Es geht auch ohne.

Neue Gesetze führen Unternehmen ebenfalls langsam, aber stetig auf dem Weg zum papierlo­sen Büro voran. Das Gesetz zu elektronischen Rechnungen von 2016 verpflichtete die Behörden, bis April 2020 die Voraussetzungen für den Empfang und die Verarbeitung elektronischer Rechnungen zu schaffen. Seit 27. November dürfen Lieferanten der öffentlichen Hand keine Rechnungen mehr auf Papier stellen.

Papier und/oder digital?

Kyocera und Statista haben für eine Studie Angestellte in Deutschland und Österreich befragt, wie weit digitale Arbeitsweisen in ihrem Unternehmen vorangeschritten sind. Lediglich 4 Prozent der Befragten gaben an, bei ihrer Arbeit komplett auf Papierdokumente zu verzichten. Vier von zehn Mitarbeitern drucken zwischen 21 und 100 Seiten in der Woche, ein Viertel wöchentlich sogar mehr als 100 Seiten. Rund die Hälfte der Studienteilnehmer gab an, dass externe Stellen wie Kunden oder Dienstleister Papier erwarten, wenn es um Lieferscheine, Rechnungen, Gutscheine oder Verträge geht.

Die Aufgabe, die Digitalisierung im Unternehmen voranzutreiben, liegt bei den Geschäftsführern und IT-Entscheidern. Sie sind gefragt, eine klare Digitalisierungsstrategie zu eta­blieren. Jörg Prinzhorn ist Director Sales EMEA bei Wacom for Business, einem Hersteller von Grafik-Tablets. Für ihn steht die größte Hürde für das papierlose Büro dort, wo die Unterschrift eine juristische Komponente hat oder mehrere Institutionen unterschiedliche rechtliche Vorgaben haben. „Aber auch hier ist ein papierloser Workflow möglich – grundsätzlich können etwa 98 Prozent der Abläufe im Unternehmen inzwischen rein digital dargestellt werden.“ Dabei sei die Entwicklung der fortgeschrittenen oder biometrischen Signatur ein echter Meilenstein gewesen: „Die Möglichkeit, eine handschriftliche elektronische Unterschrift zu generieren, hat den Weg zu rechtssicheren digitalen Workflows geebnet.“

„Für die unternehmensinterne Kommunikation und den Informationsaustausch wird kein Papier mehr benötigt“, ist Ralph Onasch überzeugt. Er ist Senior Manager Collabora­­­­-tion & Digital Workplace bei NTT Deutschland. „Hier gibt es neben E-Mail, Telefon, Videokonferenzen und Chats mittlerweile genügend digitale Medien und Tools, die eine Kommunikation in Papierform überflüssig machen. Das können Lernfilme oder Bedienungs- und Installationsanleitungen als PDF und in Videoform sein, aber auch Anwendungen für Virtual, Augmented und Mixed Reality, Umfrage-Tools sowie elektronische Checklisten und Formulare.“ Auch im Austausch mit Externen könnten diese Lösungen zum Einsatz kommen, allerdings werde oft noch Papier verlangt, etwa bei Rechnungen, Belegen, Entsorgungsnachweisen, Transport- und Exportpapieren, so Onasch weiter. Das liege unter anderem an gesetzlichen Vorgaben zur Aufbewahrung im Original mit bestimmten Aufbewahrungsfristen.

„Nutzen Unternehmen die technischen Möglichkeiten der Digitalisierung und Automatisierung konsequent, dann hat das papierlose Büro nicht nur das Potenzial, ortsunabhängiges Arbeiten zu ermöglichen, vielmehr hilft es auch Unternehmen langfristig, effizienter zu werden und Fehler in Prozessabläufen zu reduzieren“, meint Roderik Bojanowski, Head of Business Development Microsoft 365 beim IT-Consulting-Unternehmen BTC. „Selbst mit viel Fantasie fällt mir kein Arbeitsschritt oder Prozess ein, der nicht digitalisiert werden könnte. Hier ist es wichtig, eine passgenaue Digitalisierungslösung für jedes einzelne Unternehmen zu entwickeln. Nicht jedes Tool, nicht jede Plattform ist für jedes Unternehmen sinnvoll, aber theoretisch lassen sich alle Bedürfnisse digital abbilden. Auch die Gesetzgebung passt sich hier immer mehr an, sodass auch viele rechtliche Hürden beseitigt worden sind. Nicht zuletzt hat sich die öffentliche Verwaltung selbst für die nächsten Jahre hohe Ziele auf dem Weg zur digitalen Behörde gesetzt. In den öffentlichen Verwaltungen wird dann jede Menge Papier eingespart.“

„Wo immer sie sinnvoll eingesetzt werden, beschleunigen digitale Workflows Prozesse und sparen Ressourcen“, fügt Jörg Prinzhorn hinzu. „Lange waren das die klassischen Argumente für ein papierloses Büro. Doch in den letzten Monaten ist noch ein ganz anderer Aspekt in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt: Wie kann Collaboration auch über räumliche Grenzen hinweg funktionieren?“ Auch hier könne das papierlose Büro wichtige Impulse geben: „Statt auf dem Flipchart werden die Ergebnisse eines Meetings auf dem digitalen Whiteboard festgehalten; statt Verträge auf dem Postweg hin- und herzuschicken, können alle Unterschriften digital eingeholt werden.“ Auch aus hygienischen Gründen könne es sinnvoll sein, bei Dokumenten, die durch viele Hände gehen, auf Papier zu verzichten. „Die weltweite Pandemie hat einen enormen Digitalisierungsdruck ausgelöst und wenige Bereiche sind davon so stark betroffen wie der Arbeitsplatz.“

Dem papierlosen Arbeiten stehen vor allem zwei Dinge entgegen: das Schriftformerfordernis und Archivierungsvorschriften. Die Schriftform ist etwa bei notariellen Angelegenheiten und Verträgen relevant. Die sind nur mit einer „fortgeschrittenen“ elektronischen Signatur rechtskräftig, einer elektronischen Signatur, die es ermöglicht, Authentizität und Unverfälschtheit der signierten Daten zu prüfen.

Im Zuge der Digitalisierung liegt es nahe, mehr und mehr Geschäftsunterlagen papierlos zu archivieren. Als Archivierungsformat für digital unterzeichnete Dokumente hat sich PDF/A etabliert. Rechtlich sind digitale Archive kein Pro­blem, sofern die Unternehmen die „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GoBD) beachten. Doch obwohl eine rechtssichere Archivierung in der Cloud ohne Weiteres möglich ist, bevorzugen viele Entscheider insbesondere bei wichtigen Dokumenten noch immer die gedruckte Form. Lediglich knapp ein Drittel der deutschen Unternehmen setzt E-Signaturen ein oder hat vor, sie einzuführen.

Digitaler Briefkasten

Die Digitalisierung macht auch vor der Briefpost nicht halt. In Deutschland bieten bereits einige Unternehmen den Service eines digitalen Briefkastens an. So funktioniert er: Man richtet eine Postweiterleitung an das Scan-Zentrum des Anbieters ein oder teilt die digitale Postbox-Adresse allen mit, von denen man Post digital erhalten möchte. Der Anbieter digitalisiert die Post in einem standardisierten, automatisierten und datenschutzkonformen Verfahren. Per E-Mail oder Push-Nachricht ruft man dann seine Post auf dem Smartphone oder PC ab. Bei Nutzung eines digitalen Briefkastens wird die Post in der Regel zudem automatisch archiviert.

Digitaler Briefkasten von Caya: Die Post geht an den Dienstleister, wird dort digitalisiert und elektronisch weitergeleitet (c) Caya

Digitale Briefkästen bieten etwa E-Post, Caya, Dropscan und Clevver.io an. Bei Caya lassen sich Dokumente mit Tags klassifizieren, um eine smarte Volltextsuche zu erleichtern und das Auffinden bestimmter Inhalte zu ermöglichen. Die Kosten für diesen Service beginnen bei sechs bis 25 Euro monatlich. Bei einem hohen Postaufkommen können sie sich aber auch schnell auf mehrere Hundert Euro pro Monat belaufen.

Wege zum papierlosen Büro

Den Willen zur Digitalisierung und dem damit verbundenen Abschmelzen der Papierberge mag man den IT-Entscheidern gar nicht absprechen. Aber der Weg ist holprig und alles andere als geradlinig. Roderik Bojanowski von BTC ist der Ansicht, die Einführung des papierlosen Büros müsse top-down stattfinden. „Das Management muss die neue Art des Arbeitens vorleben und die Mitarbeiter sukzessive einbinden, schulen und Mehrwerte begreifbar machen.“ Nur wenn die neuen Prozesse und Tools verstanden seien und durch konsequente Nutzung ihre volle Effizienz entwickeln könnten, änderten Mitarbeiter ihre gewohnten Arbeitsweisen. In der Regel sei das papierlose Büro kein alleinstehendes Projekt, sondern gliedere sich sinnvoll in eine komplexe Projektlandschaft und eine Digitalisierungsstrategie ein.

Der richtige Weg hängt dabei von den Dokumententypen und dem Workflow ab. „Gibt es ein Formular, das ausgefüllt werden muss? Dann ist eine entsprechende Software nötig. Gibt es eine Interaktion mit dem Kunden vor Ort; möchte er vielleicht genau sehen, was und wo er unterschreibt? Dann wäre es sinnvoll, ein Signatur-Display anzuschaffen“, berichtet Wacom-Manager Jörg Prinzhorn. Der entscheidendere Prozess finde aber auf einer ganz anderen Ebene statt: „Unternehmen müssen ihre Mitarbeiter davon überzeugen, dass es möglich und vor allem sinnvoll ist, papierlos zu arbeiten.“ Dazu sei es wichtig, dass die Technologie einfach und sofort einsetzbar ist. „Der Mensch ist nun mal ein Gewohnheitstier; sich neue Routinen anzugewöhnen, ist mühsam.“ Es helfe enorm, auf vertraute Geräte oder Arbeitsabläufe zurückgreifen zu können. „Wenn Mitarbeiter dann noch das Gefühl haben, dass der Prozess ihnen einen Mehrwert bringt – Zeit spart, unkompliziert ist, den Gang zum Postfach ablöst -, dann ist die Basis für eine flächendeckende Implementierung geschaffen.“ Ralph Onasch von NTT findet Papier in der reinen Kommunikation überflüssig.

Auch für interne Genehmigungsprozesse und Abläufe, die früher auf Papier abgestempelt und unterzeichnet wurden, gebe es heute digitale Lösungen. „Gerade in der aktuellen Situation mit vielen Mitarbeitern im Homeoffice sind solche Verfahrensweisen sogar notwendig, allerdings müssen Unternehmen ihre Verfahrensregeln anpassen und ihre Mitarbeiter im Umgang mit den digitalen Prozessen schulen.“ Hier gehe es nicht nur um die richtige Anwendung, sondern auch darum, ein Bewusstsein für die Unterschiede zu den früheren, analogen Prozessen zu schaffen – zum Beispiel dafür, dass Mitarbeiter Entscheidungen nicht mehr so einfach revidieren können. „Statt einen Vorgang aus der Akte oder der Post zu nehmen und mit Tipp-Ex zu korrigieren, sind nun andere Schritte notwendig. Diese werden gut dokumentiert, sodass nachvollziehbar ist, wer welche Änderungen vorgenommen hat – auch das ist ein Vorteil der Digitalisierung von Papierprozessen.

Klaus Schulz, Manager Product Marketing & Market Development bei Konica Minolta Business Solutions Deutschland, sagt: „Ein modernes Multifunktionssystem bietet heute schon einiges und gehört mittlerweile zur IT- Grundausstattung. Man kann Dokumente sicher verarbeiten und in der Cloud speichern, Daten austauschen, drucken, kopieren oder scannen. Zum Beispiel ist ein digitaler Posteingang durch die Nutzung von Workflow-Lösungen und Enterprise-Content-Management-Systemen möglich. Eine Dokumentenmanagement-Software identifiziert den Inhalt, dann werden die relevanten Informationen ausgelesen und an die entsprechende Person weitergeleitet. So gehen Rechnungen direkt an die Buchhaltung und alle Informationen lassen sich anhand von Kundennummer, Auftragsnummer oder Postleitzahl steuern.“

Aller Anfang ist schwer

Beginnen sollte man prinzipiell dort, wo die Hürden für einen papierlosen Ablauf niedrig sind – etwa beim Urlaubsantrag oder der Spesenabrechnung. In vielen Unternehmen gibt es dafür bereits komplett digitale Lösungen. „Darauf kann man aufbauen und sich nach und nach zu komplexeren Dokumentenformen und Abläufen vorarbeiten“, empfiehlt Jörg Prinzhorn von Wacom. In der aktuellen Situation könne die Antwort allerdings auch lauten: dort, wo es am dringendsten nötig ist. „Die Folgen der Corona-Pandemie zwingen viele Unternehmen dazu, Workflows zu ändern oder zu digitalisieren. Da kann es auch mal notwendig sein, den ein oder anderen Schritt zu überspringen, um beispielsweise die Kundenkommunikation aus dem Homeoffice zu gewährleisten.“

„Der HR-Bereich ist sicher ein Bereich, der von Digitalisierung und elektronischer Archivierung sehr profitiert, da es gerade hier viel reine Administrationstätigkeiten gibt“, glaubt Klaus Schulz. „Mit modernen Systemen für die digitale Personalakte steigt die Sicherheit – physisch wie rechtlich. So können elektronisch gesicherte Personaldaten weder Bränden noch Hochwasser zum Opfer fallen und sie sind zu 100 Prozent datenschutzkonform. Aber auch im verwaltungsintensiven Rechnungswesen profitieren Kunden von digitalen Lösungen für die elektronische Erfassung der Eingangsrechnungen und deren revisionssicherer Archivierung.“

Bleibt die Frage, was die Firmen mit den bereits vorhandenen Papierbergen anfangen sollen. Ein Archiv ist ein toter Raum, der viel Geld kostet. Diese Räume könnten für etwas Sinnvolleres genutzt werden oder das Unternehmen kann sich die Mietkosten komplett sparen. BTC-Manager Bojanowski empfiehlt: „Misten Sie anständig aus und lassen Sie dann die wichtigen Unterlagen ebenfalls digitalisieren. Dafür gibt es spezialisierte Unternehmen. Im Idealfall sollte dieses Vorhaben jedoch ans Ende der Digitalisierung des Unternehmens gestellt werden. Der erste Schritt der Digitalisierung sollte es Mitarbeitern ermöglichen, effizienter und produktiver zu arbeiten, dann werden sie die Papierakten gar nicht mehr vermissen.“

Das papierlose Büro – ein SzenarioRoderik Bojanowski von BTC hat ein anschauliches Szenario zu den Vorzügen eines papierlosen Büros verfasst. Es geht dabei um den typischen Prozess einer Urlaubsgenehmigung.

Eine Kollegin organisiert sich das passende Formular aus der Personalabteilung oder sucht es aus dem Intranet, druckt es aus und füllt das Formular aus. Dann stimmt sie sich in Einzelgesprächen über den Urlaubsplan mit den Kollegen und Kolleginnen ab. Plant sonst niemand Urlaub, scannt oder kopiert sie das Papier für die eigenen Unterlagen und gibt das Original an den Vorgesetzten weiter. Sollte dieser gerade bei einem Kunden und daher außer Haus sein, liegt der Antrag erst einmal einige Tage in der Ablage des Vorgesetzten. Auf eine kurzfristig geplante Auszeit müsste die Kollegin in diesem Fall vermutlich verzichten. Nach seiner Rückkehr fällt dem Vorgesetzten womöglich auf, dass das Formular nicht korrekt ausgefüllt ist, also gibt er es der Kollegin zurück. Diese druckt das Formular erneut aus, korrigiert die Angaben, kopiert es ein zweites Mal für die eigene Dokumentation und legt es erneut dem Vorgesetzten vor.

https://itwelt.at/news/die-wichtigsten-it-trends-2021-2/

Jetzt wird der Urlaub auf dem Papier genehmigt. Der Vorgesetzte zieht sich ebenfalls eine Kopie, während die Kollegin die wohlverdiente Auszeit im Outlook-Kalender vermerkt, die anderen via E-Mail informiert und schließlich das Formular an die Personalabteilung weiterreicht, wo der Urlaub ebenfalls vermerkt wird und der Antrag nach dem Abstreichen von Urlaubskontingenten auf Karteikärtchen zum Archivieren in die Personalakte wandert. Der Ablauf kann beliebig erweitert oder verändert werden – und kommt uns doch allen erschreckend bekannt vor. Nun zum Kontrast ein gut eingesteuerter digitaler Prozess: Die Kollegin klickt im System auf „Urlaub beantragen“ und kann direkt einsehen, welche Kollegen und Kolleginnen bereits Urlaub eingetragen haben und ob eine Abstimmung überhaupt notwendig ist. Dazu ist klar dokumentiert, wie viele Urlaubs­tage noch zur Verfügung stehen. Fragen zu Überstundenregelungen und Feiertagen sind in den FAQs dokumentiert oder können über das System an die HR-Kollegen gestellt werden. Das digitale Formular ist so einfach gehalten, dass es in wenigen Augenblicken ausgefüllt ist. Es wird direkt an den Vorgesetzten gesendet. Dieser genehmigt den Urlaub mit nur einem Klick in der Pause beim Kunden über sein Smartphone. Anschließend wird der Urlaub automatisch im Kalender der Kollegin eingetragen, eine Abwesenheitsnotiz für diese Zeit voreingestellt, Termine werden abgesagt und auch in den Teamkalender wird der Urlaub automatisiert eingetragen. Der Antrag wird nun im System automatisch archiviert und sorgt für eine saubere Dokumentation in der Personalabteilung. Alles absolut papierlos. Ein papierloses Unternehmen arbeitet effizienter, flexibler, transparenter und trägt einen positiven Aspekt zum Umweltschutz und zur Mitarbeiterzufriedenheit bei.

Datenschutz und Sicherheit

Man könnte der Meinung sein, Datenschutz und Sicherheit seien bei digitalen Dokumenten schwieriger zu gewährleisten als bei Papier. Das Gegenteil ist der Fall, ist Jörg Prinzhorn überzeugt. „Papierdokumente können im Nachhinein relativ einfach manipuliert oder geändert werden. Es gab vor ein paar Jahren einen Fall, bei dem Vertriebsmitarbeiter bei von Kunden unterschriebenen Dokumenten nachträglich Häkchen für Zusatzleistungen gesetzt hatten. Das ist bei digitalen Dokumenten nicht möglich. Die Technologie von Wacom zum Beispiel enthält eine Verschlüsselung im Dokument, um dieses gegen nachträgliche Manipulation zu schützen. Jede Änderung, die nach der Unterschriftenabgabe vorgenommen wird, ist dadurch klar dokumentiert und nachvollziehbar. Auch die Unterschriftenfälschung selbst ist analog oft einfacher als digital. Unsere Technologie erfasst beispielsweise den Druck, mit dem der Stift aufgesetzt wird, wie schnell er in welche Richtung bewegt wird, sogar die Strichfolge. Das alles glaubhaft nachzuahmen, ist nahezu unmöglich.“

Stagnation: Im vergangenen Jahrzehnt ist die Nachfrage nach Papier weitgehend gleich geblieben (c) VDP / Statista

Allein Microsoft investiert jährlich über 1 Milliarde Euro in Sicherheit, Tendenz steigend, berichtet Roderik Bojanowski. „Digitale Dokumente können unter Sicherheitsaspekten klassifiziert werden, sodass sie Regeln unterliegen. Selbst wenn jemand an ein Dokument gelangt, was nicht für ihn oder sie bestimmt ist, kann diese Person nicht darauf zugreifen. Vertrauliche Daten liegen zudem verschlüsselt in den Rechenzentren. Auch Aufbewahrungsfristen und Löschvorschriften im Sinne der DSGVO lassen sich digital mit deutlich weniger Aufwand verwalten, dokumentieren und korrekt handhaben.“

Papierarm statt papierlos

Das papierlose Büro bleibt eine Zukunftsvision. Realistischer ist das papierarme Büro. Das sieht auch Jörg Prinzhorn so: „Schon seit ungefähr 20 Jahren prophezeien manche das komplett papierlose Büro, doch davon sind wir weit entfernt.“ Ob sich die Umstellung auf ein papierloses System lohne, hänge am Ende stark vom Dokumententyp ab. „Wird ein Formular alle drei Monate von Einzelpersonen verwendet, lohnt sich der Aufwand kaum. Arbeiten dagegen regelmäßig viele Mitarbeiter damit – vielleicht sogar gemeinsam -, erscheint ein digitalisiertes System sehr attraktiv.“ Letztendlich gehe es nicht darum, möglichst viele Dokumente zu digitalisieren, sondern an sinnvollen Stellen durchgängige digitale Workflows zu schaffen. „Mit dem nötigen Aufwand ist ein komplett papierloses Büro zwar absolut möglich, aber nicht unbedingt sinnvoll. Solange das so ist, wird ein hybrider Ansatz der Standard bleiben.“

Roderik Bojanowski ruft dazu auf, dass Unternehmen das papierlose Büro auf lange Sicht forcieren sollten. „Das papierarme oder das papierlose Büro ist eine Voraussetzung für die umfassende Digitalisierung und Automatisierung im Unternehmen. Wenn die Unternehmen es schaffen, mehr Zeit ihrer Mitarbeiter für wertschöpfende Aufgaben freizusetzen, dann werden diese Unternehmen einen zählbaren Marktvorteil gegenüber ihrer Konkurrenz haben.“

Fazit & Ausblick

„Der überzeugendste Vorteil des papierlosen Arbeitens ist sicherlich die Produktivität, denn elektronische Dokumente stehen sofort und im gleichen Augenblick zur Verfügung“, fasst Klaus Schulz von Konica Minolta zusammen. „Weitere Punkte sind Kosteneinsparungen durch die Reduktion des Papierverbrauchs und die Schonung der Umwelt. Aber auch in Zukunft wird der intelligent vernetzte Arbeitsplatz nicht gänzlich papierlos sein. Vielmehr werden papierbasierte und digitale Prozesse nahtlos in einen einheitlichen Prozess integriert.

“Die Umstellung von analogen auf digitale Prozesse passiert nicht über Nacht – digitale Arbeitsweisen müssen Teil der Unternehmenskultur werden. Dies braucht Zeit und der Weg dorthin ist für jedes Unternehmen anders. Es lohnt sich jedoch, diesen Weg zu gehen. Investitionen in ein Dokumentenmanagement sind ein guter Anfang. Die Covid-19-Pandemie hat dafür gesorgt, dass die Reise in eine nachhaltige und papierlose Zukunft deutlich an Fahrt aufgenommen hat. Dieses Momentum gilt es zu auszunutzen.

Treffend formuliert hat es Philipp Konietzny, Product Manager Software bei Ricoh Schweiz: „Menschliche, nicht technische Hürden sind der Grund, warum wir immer noch mit Papier arbeiten.“

*Andreas Dumont schreibt seit 2001 für die com!: zunächst für die „HomeP@ge“-Beilage, ein Überbleibsel des „HomeP@ge-Magazins“. Das war die Zeit, als jeder eine private Homepage basteln wollte. In der Periode, als das Heft unter com! online firmierte, stand das Thema Internet im Mittelpunkt. Die Jahre bei com! – Das Computer-Magazin waren geprägt von Windows-Themen in allen Facetten, angereichert mit Open Source. In com! professional ist er hauptsächlich für die Ressorts Software und Sicherheits zuständig. In seiner freien Zeit spielt er gerne Schach, läuft Halbmarathons, programmiert in Delphi oder bastelt an einem Arduino-Projekt – sofern er nicht gerade auf Reisen ist.


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