Virtuelles und verteiltes Arbeiten ist nach über einem Jahr Pandemie eingeübt. Nun verlagern Unternehmen Innovationsmethoden ins Digitale. [...]
Holger Marx ist bereits seit einigen Jahren für die Unternehmensberatung Campana & Schott in Transformationsprojekten unterwegs, derzeit als Agile Coach. Allerdings besucht er jetzt nicht mehr die Kunden in ihren Büros, sondern arbeitet vom heimischen Bildschirm aus. Ist doch nichts Besonderes, werden passionierte Homeworker sagen, doch Marx ist auf Design-Thinking–Workshops spezialisiert, die eigentlich eine persönliche Anwesenheit erfordern.
Dank Design Thinking zu neuen Ideen
Die Räumlichkeiten spielen für Design Thinking eine wichtige Rolle: Die Methode basiert auf der Annahme, dass Probleme besser gelöst werden können, wenn Menschen unterschiedlicher Disziplinen in einem kreativitätsfördernden Umfeld zusammenarbeiten. „Viele Unternehmen nutzen Design Thinking, um neue Ideen zu erzeugen“, sagt Marx. Dahinter stehe der Wunsch, einen Nährboden für regelmäßige Innovationen zu schaffen.
Konkretes Problem als Ausgangspunkt
Design Thinking dient dazu, Hypothesen zu erarbeiten und diese schnell und zusammen mit den Kunden zu überprüfen. Das können Hypothesen zu neuen Produkten, Services, aber auch zu unternehmensinternen Prozessen sein. Ausgangspunkt sollte laut Marx immer ein konkretes Problem des Kunden oder der Kundin sein, rückläufige Marktanteile etwa oder eine schlechte Marktresonanz auf ein Produkt. Ist das Problem definiert, klärt Holger Marx Inhalt und Umfang des Design-Thinking-Prozesses gemeinsam mit dem Kunden ab.
Die Fragen der Design Challenge
Ähnlich wie beim Projektsteckbrief geht es in der sogenannten Design Challenge um Fragen wie:
- Wer sind die Nutzer, wer die Stakeholder?
- Was wollen wir lernen über den Kunden?
- Welche Vision ist denkbar?
- Welche weiteren Design-Prinzipien sind zu beachten?
Ein Design-Thinking–Workshop sollte gemäß dem Prinzip der Interdisziplinarität Expertenwissen aus verschiedenen Abteilungen zusammenbringen und kombinieren, etwa aus der Produktion, Forschung und Entwicklung, Sales, Marketing, Produktanwendung, aber auch unter Einbindung von Führungskräften.
Das Problem verstehen, sich in den Kunden hineinversetzen, den Standpunkt definieren und Ideen finden – vier der sechs Schritte des Design-Thinking-Prozesses sind laut Marx auch digital gut abbildbar.
Virtuelles Prototyping ist eine Herausforderung
Der fünfte Schritt, das Prototyping, sei eine große Herausforderung: „Rudimentäre Prototypen als Storyboard oder Paper Prototype kann man schon herstellen. Aber in Präsenzworkshops haben wir immer zusammen gebastelt, darum hatte ich auch immer umfangreiches Bastelmaterial. Basteln geht virtuell aber schlecht.“ Auch der sechste Schritt, das Testen, sei remote schwieriger, jedoch abhängig von der angestrebten Reife des Prototyps und vom entwickelten Produkt oder Service.
Im Remote Workshop verzichtet Marx vorerst auf konkretes Prototyping, das soll aber in späteren Formaten nachgeholt werden. Dafür habe man sich intensiver mit der Formulierung diverser „How-might-we-Fragen“ beschäftigt.
Um das Zusammengehörigkeitsgefühl der Teilnehmer zu stärken, versandte Marx im Vorfeld Päckchen mit Infos zum Design-Thinking-Prozess und den Workshop-Regeln, aber auch mit Klebezetteln, Nervennahrung und schlauer Knete. Ganz ohne Bastelei geht es eben auch im virtuellen Workshop nicht.
*Alexandra Mesmer: Karriere und Management in der IT ist ihr Leib- und Magenthema – und das seit über 20 Jahren. Langweilig? Nein, sie entdeckt immer neue Facetten in der IT-Arbeitswelt und im eigenen Job. Sie recherchiert, schreibt, redigiert, moderiert, plant und organisiert.
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