Wie viel Spezialwissen sollten sich Wirtschaftsinformatiker im Studium aneignen? [...]
Ein Leser fragt im interaktiven Karriere-Ratgeber: „Als Projektleiter in einem mittelständischen Unternehmen aus dem Bereich Softwareentwicklung verfolge ich mit großem Interesse die Diskussionen rund um die Anforderungen und Fähigkeiten, die die Digitalisierung an Mitarbeiter stellt. Worauf müssen Unternehmen und Mitarbeiter sich in den kommenden Jahren einstellen, wo liegen Ihrer Ansicht nach Risiken und Chancen der Digitalisierung?“
Die Personal-Managerin Ivana Židová von GMC Software antwortet: „Die neuen Technologien werden Einfluss auf den Arbeitsmarkt haben. Doch der Wandel folgt einem langsamen Prozess. Man darf nicht erwarten, dass es einen Stichtag X geben wird und von da an plötzlich nur noch Maschinen bestimmte Jobs erledigen. Vielmehr testen die Unternehmen sehr wohl ausgiebig neue Technologien.
Ich bin überzeugt: Wer offen für neue Entwicklungen ist, dem bieten sich durch die Digitalisierung große Chancen. Mit neuer Technik entstehen neue Arbeitsplätze. Man braucht zum Beispiel qualifizierte Menschen, die sich um die Wartung und Weiterentwicklung der Systeme kümmern. In den nächsten Jahren wird Automation vor allem für Aufgaben eingesetzt werden, die hoch repetitiv sind. Durch die Befreiung von diesen Arbeiten hat der Mitarbeiter, der sich vorher damit beschäftigen musste, mehr Zeit für andere Aufgaben, die kein Computer erfüllen kann. Wer dem technischen Wandel offen gegenübersteht und Flexibilität und Bereitschaft beweist, etwas Neues zu lernen, dem bieten sich völlig neue Karrierechancen. Gleichzeitig darf man nicht vergessen, dass aller Fortschritt Zeit benötigt und man sich allmählich mit den neuen Möglichkeiten auseinandersetzen und schauen kann, welche Chancen sich für die eigene Person bieten.“
Spezialisierung vs. breite Basis
Folgende Frage beschäftigt einen Studenten: „Ich gehe auf die Zielgerade meines Wirtschaftsinformatik-Studiums zu und stehe vor der Frage, auf welche Themengebiete ich mich konzentrieren soll. Was würden Sie empfehlen: Mich auf ein oder zwei Themen zu beschränken und diese zu vertiefen oder mir lieber auf breiter Basis Knowhow anzueignen, so dass ich in verschiedenen Bereichen einsetzbar bin?“
Ivana Židová empfiehlt: „Spezialisierung und fundiertes Fachwissen sind auch heute immer noch sehr wichtig, um auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Gerade wenn man als Berufseinsteiger am Anfang seiner Karriere steht, bildet ein ausgeprägtes Fachwissen die Basis, auf der sich im Lauf des Berufslebens Erfahrungen und Kenntnisse aufbauen lassen.
Früher reichte es, sich innerhalb seines Arbeitsgebiets auszukennen, ohne einen Blick über den Schreibtisch hinaus auf den Aufgabenbereich des Kollegen und anderer Abteilungen werfen zu müssen. Durch die immer stärkere Vernetzung von Abteilungen und Branchen sowie eine starke Prozessorientierung innerhalb von Unternehmen braucht es heute ein abteilungsübergreifendes Verständnis für die Aufgaben und Prozesse angrenzender Abteilungen sowie ein allgemeines Verstehen für die Bedürfnisse der Kunden.
Um auf dem aktuellen Stand zu bleiben, ist geistige Flexibilität gefragt, das heißt, zumindest informiert bleiben und aktuelle Trends im Blick behalten. Daher empfehle ich, sich ein oder mehrere Themengebiete auszusuchen, die Sie interessieren und für Ihren Beruf wichtig sein können. Sie sollten aber gleichzeitig das ,global picture‘ im Auge behalten und sich immer wieder die Frage stellen, in welcher Art Trends innerhalb des Spezialgebiets auch für andere Abteilungen relevant sein könnten. Achten Sie im Umkehrschluss auch darauf, wie sich Entwicklungen auf anderen Gebieten auf Ihren Tätigkeitsbereich auswirken.“
*Hannes Könniges ist Redakteur der COMPUTERWOCHE.
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