Digitalisierung österreichischer Unternehmen stagniert

Digitalisierungsindex 2023: KI und Knowhow werden als große Herausforderungen gesehen, kleine Unternehmen fallen weiter zurück. [...]

Drei CEO Rudolf Schrefl, Managing Director marketmind Stefan Schiel sowie Karim Taga, Managing Partner von Arthur D. Little. (c) Hutchison Drei Austria/APA-Fotoservice/Reither
Drei CEO Rudolf Schrefl, Managing Director marketmind Stefan Schiel sowie Karim Taga, Managing Partner von Arthur D. Little. (c) Hutchison Drei Austria/APA-Fotoservice/Reither

Seit der Pandemie stagniert die Digitalisierung österreichischer Unternehmen – während sie zuvor in den letzten fünf Jahren einen deutlichen Sprung nach vorne gemacht hat. Das zeigt der heute veröffentlichte Digitalisierungsindex für Österreich, der vom Telekommunikationsanbieter Drei bei Arthur D. Little und marketmind in Auftrag gegeben wurde. Nach einem leichten Anstieg 2022 ist der Digitalisierungsindex mit einem Wert von 35 von 100 möglichen Punkten 2023 auf Vorjahres-Niveau geblieben. Nur 19 Prozent der Unternehmen geben an, dass sie sich nach COVID mehr mit Digitalisierung beschäftigt haben. Während sich größere und mittlere Unternehmen positiv entwickeln, fallen kleine Betriebe mit unter 20 Mitarbeitern immer weiter zurück. Die digitale Kluft hat sich dadurch weiter vergrößert. Vor allem in der Landwirtschaft gibt es starken Aufholbedarf, aber auch der Handel und Tourismus als wesentliche Wirtschaftszweige Österreichs nutzen noch lange nicht das volle Potenzial. Für den Digitalisierungsindex wurden nunmehr schon zum sechsten Mal von Mai bis September 2023 knapp 800 Unternehmen aller Branchen und Größen in ganz Österreich befragt.

Beratung sowie Investitionen jetzt dringend notwendig.

Der Wunsch nach Beratung ist so deutlich gestiegen wie noch nie – von 28 auf 41 Prozent. Dies betrifft vor allem Branchen, in denen ohnedies Aufholbedarf in der Digitalisierung besteht, wie im Transport-/Immobiliensektor, in der Landwirtschaft sowie im Tourismus. Wie im Vorjahr geben 24 Prozent an, sie planen Investitionen in die Digitalisierung. Wären diese Investitionen aber tatsächlich getätigt worden, hätte man heuer schon einen deutlichen Sprung im Digitalisierungsindex gesehen.

Rudolf Schrefl, CEO von Drei: „Mit den rasanten Entwicklungen immBereich der künstlichen Intelligenz werden Vernetzung, Datennutzung sowie digitale Lösungen für die künftige Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Klein- und Mittelunternehmen noch wichtiger werden. Dabei sagen so viele Betriebe wie noch nie, ihnen fehlen die Mittel und das Wissen für das, was jetzt notwendig ist. Nichts ist der Studie nach so deutlich gestiegen wie der Wunsch nach Beratung und Unterstützung. Was es jetzt braucht, sind zusätzliche Unterstützung und Anreize, um der Digitalisierung neuen Wind zu geben und Österreich weiter voranzubringen. Dazu gehört die Beschleunigung des Ausbaus von 5G und Glasfaser. Aber vor allem fordern wir eine Umschichtung eines großen Teils der verbleibenden 400 Mio. Euro aus der Breitbandmilliarde in einen Digitalisierungsscheck für Haushalte und Unternehmen. Das ist dringend notwendig, damit vor allem KMUs nicht zurückbleiben.“

Digitalisierungsklima bleibt negativ

Stefan Schiel, Managing Partner von marketmind: „Zwar hat der Anteil jener, die Chancen in der Digitalisierung sehen, um 9 Prozentpunkte und damit auf 84 Prozent zugelegt, ebenso ist aber auch der Anteil jener, die große Herausforderungen sehen um 9 Prozentpunkte, auf nunmehr 87 Prozent gestiegen. Das Digitalisierungsklima bleibt damit in Summe negativ. Immerhin: Nur mehr 16 Prozent, und damit weniger als im Vorjahr, sehen in der Digitalisierung gar keine Chancen. Gleichzeitig kann weniger als die Hälfte der Unternehmen, die stark auf neue Technologien setzen, einen konkreten Wettbewerbsvorteil benennen.“

Als größte Chancen werden Kostenersparnis, Neukundenakquise sowie Zukunftssicherheit bzw. mehr Agilität und Flexibilität gesehen. Nach der DSGVO stellen fehlendes Know-how sowie fehlende Mittel mit einer Erhöhung zum Vorjahr von 5 bzw. 6 Prozentpunkten die größten Herausforderungen dar.

KI nicht bei der Automatisierung von Betriebsabläufen

Knapp jedes zehnte österreichische Unternehmen setzt laut Digital Economy and Society Index künstliche Intelligenz ein. Österreich liegt hier auf Platz 10 im europäischen Mittelfeld – führend ist Dänemark mit 24 Prozent. Laut Digitalisierungsindex wird die KI in Österreich am ehesten für die Kundenkommunikation genutzt – 5 Prozent tun dies bereits. Dies betrifft vor allem die Branchen Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Finanzen/Dienstleistungen und Produktion/Bau. Bei den Top-Kundenkommunikationskanälen nimmt WhatsApp nach E-Mail und Website schon den dritten Platz sein. Bei der Digitalisierung von Betriebsabläufen besteht viel Luft nach oben, trotz des enormen Potenzials für den Einsatz von KI. Hier liegt der Durchschnittswert bei der Nutzung auf einer Skala von 1 bis 5 bei 3,4.

Glasfaser, 5G: Österreich holt wieder auf

Die Infrastruktur spielt eine große Rolle bei künstlicher Intelligenz, Home-Office, Cloud-Nutzung und allen anderen Themen der Digitalisierung. Gefragt nach der Technologie mit dem größten Einfluss auf die Digitalisierung wird Glasfaser klar als Nummer eins gesehen. Dahinter kommt WiFi und auf Platz 3 bereits 5G. In gewissen Branchen wird 5G bereits als einflussreichste Technologie gesehen – v.a. im Tourismus und Transport- und Immobilienbereich, wo mit 5G+ verlässliche Bandbreiten, aber auch LoRaWAN als eigenes Mobilfunknetz für vernetzte Geräte eine erhöhte Bedeutung zukommt. Generell verbessert sich die Situation: Eine fehlende leistungsstarke Internetverbindung war im vergangenen Jahr noch für 25 Prozent der Unternehmen ein Thema, heuer sind es nur noch 22 Prozent.

Karim Taga, Managing Partner von Arthur D. Little: „Die Daten des Digitalisierungsindexes, aber auch die des ‚Digital Economy and Society Indexes‘ zeigen klar die Gründe für die momentane digitale Stagnation auf. Während der Ausbau der Infrastruktur gut voranschreitet, sind die Themen der digitalen Bildung und des Einsatzes von digitalen Technologien, die Hand in Hand gehen, die Ursachen für diesen Trend. Es muss vor allem in den Bereichen der allgemeinen digitalen Bildung, mit Einbezug neuer Technologien wie KI und Big Data, Veränderungen geben. Nur so kann die Bevölkerung, die die Basis der Arbeitnehmerschaft von KMUs stellt, auf die neuen Herausforderungen vorbereitet werden und der Einsatz dieser Technologien auch in KMUs zur Norm werden.“

Der Digitalisierungsindex errechnet sich aus fünf Einzelfaktoren von der IT-Ausstattung und -Vernetzung über Online-Präsenz und -Vertrieb bis zur Arbeitsweise. Auf einer Skala von 1 bis 100 gibt der Index den Digitalisierungsgrad eines Unternehmens an.


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