Umsatzwachstum ist gut. Profitables Wachstum ist besser. Profitables Wachstum, das die ESG-Prioritäten fördert, ist am besten. IT WELT hat sich den Artikel „The triple play: Growth, profit, and sustainability“ von McKinsey näher angesehen. [...]
Viele Führungskräfte glauben, dass sie zum Wohle der Gesellschaft und des Planeten auf Umsatz und Gewinn verzichten müssen. Die Analyse von McKinsey zeigt, dass finanziell erfolgreiche Unternehmen, die Umwelt-, Sozial- und Corporate-Governance-Prioritäten (ESG) in ihre Wachstumsstrategien integrieren, besser abschneiden als ihre Konkurrenten – vorausgesetzt, sie erzielen auch bei den Basisvoraussetzungen eine bessere Leistung. Die Botschaft ist klar: Man kann nicht nur gut abschneiden, wenn man Gutes tut – man kann auch besser abschneiden.
Die Autoren des Artikels haben die Aktienrendite (TSR) und die ESG-Bewertungen von 2.269 börsennotierten Unternehmen untersucht und sie anhand der ESG-Bewertungen, des annualisierten Umsatzwachstums und des wirtschaftlichen Gewinns in Outperformer und Underperformer der Branche eingeteilt. Die Analyse zeigt, dass Unternehmen, die ein besseres Wachstum und eine höhere Rentabilität als ihre Konkurrenten erzielen und gleichzeitig die Nachhaltigkeit und die ESG-Kriterien verbessern, ihre Konkurrenten bei den Aktionärsrenditen übertreffen. Diese „Triple-Outperformer“ lieferten zwei Prozentpunkte mehr jährlichen TSR als Unternehmen, die nur bei den Finanzkennzahlen besser abschnitten (und sieben Prozentpunkte mehr als der Rest), was darauf hindeutet, dass ein starkes ESG-Engagement den Aktionärswert von Unternehmen, die ihre Konkurrenten auch bei Wachstum und Rentabilität übertreffen, zusätzlich erhöht.
Eine aktuelle McKinsey-Analyse zeigt beispielsweise, dass Chemieunternehmen mit einem kohlenstoffarmen Produktportfolio oder einem hohen Engagement in Endmärkten, die Nachhaltigkeit unterstützen, ihre Aktionärsrenditen zwischen 2016 und 2021 mehr als doppelt so stark steigern konnten wie Unternehmen, die im Bereich der Nachhaltigkeit nachlässig sind. In ähnlicher Weise werden Bergbauunternehmen, die die Wachstumschancen im Zusammenhang mit der steigenden Lithiumnachfrage durch grüne Technologien nutzen, vom Markt positiv aufgenommen.
Die größten Aktionärsgewinne erzielten die Dreifach-Outperformer in den Bereichen Grundstoffe, fortschrittliche Elektronik und Finanzsektor, was wahrscheinlich auf sich ändernde Verbraucherpräferenzen zurückzuführen ist, die „grüne Prämien“ unterstützten und das Risiko im Zusammenhang mit Regulierungen und kohlenstoffbedingten Kosten verringerten, so die Studienautoren. Auf der anderen Seite waren Hightech und Einzelhandel nicht in der Lage, von den starken Verbesserungen des ESG-Ratings zu profitieren – noch nicht. Die Branchendynamik und die COVID-19-Krise (die zu einem Wachstum im Hightech-Bereich, aber zu einem Einbruch im Einzelhandel führte) könnten die ESG-Effekte in diesen Sektoren überlagert haben. Die Autoren sind überzeugt, dass die ESG-Performance in allen Sektoren und Regionen rasch zunimmt. Darüber hinaus weisen sie darauf hin, dass es nicht ausreiche, nur mit der Branche Schritt zu halten. Anleger belohnen Unternehmen, die ihre ESG-Bewertungen schneller als ihre Konkurrenten verbessern und auch in anderen Bereichen eine bessere Leistung erbringen.
Wie man das dreifache Wachstum erreicht
Die Autoren haben fünf Prinzipien identifiziert, von denen sich erfolgreiche Unternehmen leiten lassen: Integration von Wachstum, Rentabilität und ESG in die Kernstrategie; innovative ESG-Angebote zur Förderung der Wertschöpfung; Nutzung von Fusionen und Übernahmen zur schnellen Erschließung von ESG-Wachstumsfeldern; transparente Nachverfolgung und Berichterstattung über ESG und damit verbundene Daten sowie die Verankerung strategischer Prioritäten in der Unternehmens-DNA.
Breit angelegte Integration
Top-Performer verfolgen ESG-bezogene Initiativen nicht nebenbei, sondern integrieren sie neben Wachstum und Rentabilität in die übergreifende Unternehmensstrategie. Das zeigt das Beispiel eines dreifachen Outperformers im Metall- und Bergbaubereich, der seine Strategie und Investitionen auf die Dekarbonisierung ausgerichtet hat, um alle drei Ziele zu erreichen. Das Unternehmen veräußerte sein kohlebasiertes Geschäft und verlegte sich auf Materialien, die die Energiewende unterstützen. Zur Steigerung des Umsatzwachstums wurde ein zweckgebundenes Budget für Investitionen in grünes Aluminium, grünen Stahl, Lösungen zur Kohlenstoffabscheidung und andere schnell wachsende Märkte eingerichtet. Parallel dazu wurden mehrere Initiativen im sozialen Bereeich ergriffen, um das Risiko regulatorischer und rechtlicher Eingriffe zu verringern und gleichzeitig die Produktivität der Mitarbeiter zu verbessern. So hat das Unternehmen beispielsweise einen Plan zur Schaffung eines sichereren und integrativeren Arbeitsumfelds umgesetzt und sich durch Vereinbarungen mit indigenen Völkern und lokalen Gemeinschaften mit den lokalen Auswirkungen befasst.
Innovative ESG-Angebote zur Förderung der Wertschöpfung
Triple Outperformer agieren oft an der Spitze der Innovation, sowohl bei dem, was sie tun, als auch bei der Art und Weise, wie sie es tun. Viele konzentrieren ihre Innovationsbemühungen in erster Linie auf das Umsatzwachstum, indem sie Angebote entwickeln, die die Kundenbedürfnisse besser erfüllen – und, wo möglich, eine aufkommende Nachfrage auf der Grundlage von ESG bedienen.
Dazu kann etwa die Entwicklung von Lösungen für Geschäftskunden gehören, die diesen helfen, ihre eigenen ESG-bezogenen Kunden- oder Regulierungsanforderungen zu erfüllen. Ein europäischer Transport- und Logistikdienstleister beispielsweise setzte auf Innovation, um die ESG-Führerschaft in seiner Branche zu übernehmen, als das Thema bei den Stakeholdern an Aufmerksamkeit gewann. Das Unternehmen konzentrierte sich darauf, seinen Kunden zu helfen, den Kohlenstoff-Fußabdruck in ihren Lieferketten zu reduzieren. Das Unternehmen schuf ein Innovationszentrum, um globale Initiativen zu steuern, und richtete einen Prozess zur Identifizierung von Technologietrends ein, um mit der neuesten Entwicklungen Schritt zu halten. Das Unternehmen arbeitet auch mit externen Experten für Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Innovation zusammen, um Lösungen zu entwickeln, die auf die Herausforderungen der Lieferketten seiner Kunden zugeschnitten sind. Diese Investitionen haben zu neuen, hochpreisigen Angeboten für die Berichterstattung und den Ausgleich von CO2-Emissionen, für nachhaltige Kraftstoffe sowie für die Gestaltung und Optimierung der Lieferkette geführt und damit den Umsatz des Unternehmens erheblich gesteigert. Infolgedessen hat das Unternehmen seinen Branchenvorteil bei ESG in ein um 20 Prozent höheres jährliches Umsatzwachstum als seine Konkurrenten umgesetzt und gleichzeitig seit 2017 einen annualisierten TSR-Überschuss von 20 Prozent erzielt, so die Studienautoren.
Fusionen und Übernahmen, um profitable ESG-Wachstumsfelder zu erschließen
Fusionen und Übernahmen können den Eintritt von Unternehmen in neue Wachstumsbereiche beschleunigen. Erfolgreiche Unternehmen punkten damit, Wachstumsbereiche zu identifizieren, um diese Chancen zu nutzen. Viele Triple-Outperformer gehen noch einen Schritt weiter, indem sie neben den bestehenden Finanz- und Marktkriterien auch ESG-Kriterien in ihre Bewertung potenzieller Bereiche und die Auswahl von M&A-Zielen integrieren.
Ein multinationales Kosmetikunternehmen beispielsweise hat sich durch die Umstellung seines Anlageportfolios auf ESG-orientierte Angebote den Ruf erworben, einen Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit und Integration zu legen. Im Laufe eines Jahrzehnts erwarb das Unternehmen ein Dutzend innovativer Firmen und fügte sowohl Luxusmarken hinzu, die nachhaltige, integrative Produkte und Dienstleistungen anbieten, als auch die Expansion in neue Bereiche wie Frauengesundheitstechnologien. Durch die Nutzung von Synergien zwischen den Marken konnte das Unternehmen sowohl in seinem Kerngeschäft als auch in angrenzenden Segmenten Wachstumsfelder erschließen. Dabei stiegen die ESG-Bewertungen des Unternehmens im Zeitraum der McKinsey-Studie um 39 Prozentpunkte. Die Investoren wiederum steigerten die Aktionärsrendite um 25 Prozent pro Jahr über dem Branchendurchschnitt.
Transparente Berichterstattung und Kommunikation
Die Autoren der Studie machten eigenen Angaben zufolge öfters die Erfahrung, dass Führungskräfte frustriert darüber sind, dass die Kapitalmärkte die Investitionen ihrer Unternehmen in Initiativen mit längerem Zeithorizont nicht anerkennen und belohnen, was häufig auf ESG-bezogene Wachstumsvorhaben zutrifft. Auch wenn es da oder dort so ist, eine umfassende Berichterstattung und eine proaktive Kommunikation an die Investorengemeinschaft sind Voraussetzung für eine Anerkennung. Kommunikation allein führt nicht zur Wertsteigerung, aber Transparenz kann dazu beitragen, dass die Anleger das künftige Potenzial schneller erkennen. Wenn ein Unternehmen sich klare und ehrgeizige Ziele gesetzt hat, muss es fortlaufend nachweisen, woher der Wert kommt, und die Fortschritte bei den entsprechenden Initiativen aufzeigen – wenn möglich mit externer Bestätigung –, damit die Fortschritte aus der Sicht der Verbraucher und Investoren glaubwürdig sind.
So hat beispielsweise ein europäischer Softwareanbieter ein benutzerfreundliches interaktives Tool entwickelt, mit dem er seine Fortschritte bei den wichtigsten ESG-Kennzahlen zusammen mit seiner finanziellen Leistung öffentlich nachverfolgen kann. Das Dashboard ist besonders aussagekräftig, wenn es darum geht, die soziale Dimension zu verfolgen, der das Unternehmen Priorität eingeräumt hat. So kann beispielsweise das Geschlechterverhältnis in der Belegschaft nicht nur nach Dienstalter, sondern auch nach der Anzahl der Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten sowie der Festangestellten und der Zeitarbeiter angezeigt werden. Ein multinationaler Automobilzulieferer unterstreicht gegenüber externen Stakeholdern kontinuierlich die Verbindung zwischen seiner Technologie- und Nachhaltigkeitsstrategie und verknüpft seine Nachhaltigkeits- und ESG-Ziele eng mit strategischen Zielen wie Marktwachstum, Produktivität und Kundenzufriedenheit.
Verankerung strategischer Prioritäten in der DNA des Unternehmens
Triple Outperformer übersetzen ihre hochrangigen Wachstums-, Rentabilitäts- und ESG-Strategien in konkrete Initiativen, die Teil der neuen Unternehmensstrategie sind. Die Managementteams legen klare Verantwortlichkeiten, Leistungskennzahlen und Ziele fest und messen diese streng. Außerdem stellen sie ihre Ressourcen für diese neuen Möglichkeiten zur Verfügung und sorgen dafür, dass interne Prozesse die Unternehmensleiter dazu ermutigen, die relevanten Kriterien – einschließlich ESG – in ihre Entscheidungen einzubeziehen.
Ein Beispiel: Ein weltweit tätiges Schifffahrtsunternehmen, das eine dreifache Outperformance erzielte, stellte sicher, dass seine Strategie vollständig in der Organisation verankert wurde. Das Unternehmen richtete auf allen Ebenen – vom Vorstand bis zum operativen Geschäft – Ausschüsse ein, um die wichtigsten Kennzahlen, einschließlich Wachstum, Rentabilität und ESG, ganzheitlich zu bewerten. Darüber hinaus koppelte das Unternehmen die Vergütung an wichtige ESG-Ziele und baute Partnerschaften mit Kunden auf, um neue grüne Lösungen zu entwickeln. Die starke Fokussierung auf die Unternehmensführung hat nicht nur dazu beigetragen, das Ertragswachstum zu steigern, sondern auch die Kosten zu optimieren und sich auf potenzielle gesetzgeberische Eingriffe, wie z. B. Steuern auf Kohlenstoffemissionen, vorzubereiten, so die Autoren.
Fazit
Die Messung der ESG-Leistung ist zwar noch in der Entwicklung begriffen, aber die Richtung ist klar, und es besteht genau jetzt Handlungsbedarf. Führungskräfte müssen eine langfristige Perspektive einnehmen und den Mut haben, in ein nachhaltiges und integratives Wachstum zu investieren, das Erträge, wirtschaftlichen Gewinn und Aktionärsrenditen bringt.
Über die Autoren
Zum Autorenteam des Artikels „The triple play: Growth, profit, and sustainability“ gehört Rebecca Doherty. Sie ist Partnerin im McKinsey-Büro in der Bay Area, Claudia Kampel ist assoziierte Partnerin im Stuttgarter Büro, Anna Koivuniemi ist Absolventin des Amsterdamer Büros, Lucy Pérez ist Seniorpartnerin im Bostoner Büro und Werner Rehm ist Partner im Büro in New Jersey.
Die Autoren danken Donatela Bellone, Michael Birshan, Marc Goedhart, Theresa Krause, Lazar Krstic, Karin Löffler, Devesh Mittal, Valdo Nunes, Robin Nuttall, Tido Röder, Sven Smit, Paul Ziesche und Jill Zucker für ihre Beiträge zu diesem Artikel.
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