Droht Ihr CRM-Projekt zu scheitern?

Wenn die Implementierung eines CRM-Systems für Sie gerade zum Albtraum wird, drängen sich Fragen auf. Wir sagen Ihnen, was jetzt zu tun ist. [...]

Das Netz ist voll von Beiträgen, die Ihnen sagen, wie Sie das Scheitern von Projekten verhindern. Das ist ohne Frage zu begrüßen. Allerdings gehen Analysten davon aus, dass trotzdem ein Drittel aller CRM-Projekte im Desaster endet. Wenn Sie zu diesen unglücklichen 33 Prozent gehören, sollten Sie unbedingt weiterlesen.
Das CRM-Desaster ist schon da
Mindestens ein Dutzend Analysten-Reports ließe sich an dieser Stelle zitieren, die über die Fail-Rate von CRM-Projekten mutmaßen. Verschiedene Methoden und Standards lassen die Fehlerquote mitunter recht heftig schwanken: Zwischen 18 und 69 Prozent soll sie betragen.
Dabei zielen diese Zahlen und Analysen meist auf eine Frage ab: „Hat das Projekt die Erwartungen erfüllt?“. Ein eher schwammiger Standard, der auch zur selbsterfüllenden Prophezeiung werden kann: Das Kind will den Spinat nicht essen, also schmeckt er abscheulich – ganz egal, wie gut er hätte schmecken können, wenn der kleine Mensch ohne Vorbehalte ins Spinat-Abenteuer gestartet wäre.
Wenn Ihr CRM-Projekt aber gerade dabei ist, aus dem Ruder zu laufen, stellen Sie sich wahrscheinlich eher die Frage: Was nun?
Wird Ihr Projekt zum Fail?
Zunächst einmal: Wenn gewisse Leute Ihr CRM-Projekt als Fehlschlag einschätzen, sollten Sie überprüfen, ob dieser Vorwurf überhaupt Substanz hat. Das tun Sie, indem Sie es auf Anzeichen für Misserfolg scannen:
Hat das Projekt 20 Prozent seines ursprünglichen Zeitplans und Budgets erreicht?
War der Zeitplan eventuell von vornherein zum Scheitern verurteilt? War das Budget realistisch oder ist es eher Wunschdenken entsprungen?
Haben sich Probleme mit der Datenqualität während des Projekts intensiviert? Datenqualität ist ein wesentlicher Treiber von Nutzer-Unzufriedenheit – sogar wenn das (CRM-)System an sich gut funktioniert. Probleme bestehen im Regelfall in:
  • Duplikaten
  • fehlerhaft zugeordneten oder „unsichtbaren“ Daten
  • fragmentierten oder fehlerhaft erfassten Daten
  • zu ungenau erfassten Daten (insbesondere, wenn es um Adressen und Produkt-IDs geht).
Wie funktional ist Ihr CRM-System?

  • Fehlende Bestandteile: Wurden die Ziele des Projekts früh genug definiert, so dass sie auch erfüllt werden konnten?
  • Fehlgeschlagene Bestandteile: Worin hat sich der Fehlschlag manifestiert? Lag es an mangelndem Verständnis, simpler Unfähigkeit oder waren Qualitätsprobleme ausschlaggebend?
  • Bestandteile die gut funktionieren, aber Zuverlässigkeitsprobleme aufweisen: Was ist das Problem? Das Design? Die Architektur und Konzeption? Eine schwache Implementierung? Fehler in der Entwicklung?
  • Werden einige der fehlenden Bestandteile/Funktionen eventuell durch Subsysteme verursacht, die außerhalb Ihres Einflussbereichs liegen (etwa externe Datenströme oder Data Warehouses)?
Bewerten Sie die Beteiligung und die Erwartungen der Nutzer

  • Wurden die Benutzer während des Projekts wirklich durch- und tiefgehend mit einbezogen? Das ist ein Schlüsselfaktor für erfolgreiches, agiles Projektmanagement. Waren die, die sich jetzt lauthals beschweren, dabei im Laufe des Projekts überhaupt maßgeblich beteiligt?
  • Wussten die Menschen, die die Erwartungen für Ihr CRM-Projekt festgelegt haben, überhaupt wovon sie reden?
  • Gibt es Hinweise auf „Happy Ears“? Dabei handelt es sich um das tödliche Projekt-Phänomen, das die User glauben lässt, absolut Alles was mit einem System grundsätzlich möglich wäre, würde zum „zu erwartenden Standard“.
  • Haben die Sales-Menschen, die Ihnen die CRM-Lösung angepriesen haben, eventuell Erwartungen geweckt, die in der Realität nur unter massiven Anpassungen erfüllbar sind? Nur um im Nachgang zu betonen, wie günstig es wäre externe Berater dafür einzusetzen?
  • Gab es interne Bemühungen, den Erfolg des Projekts zu be- oder verhindern? Die Implementierung eines CRM-Systems ist schließlich immer auch ein Politikum.
Bewerten Sie das Projektmanagement

  • Wurde das Projekt von Ihrem Unternehmen gemanagt? Und wenn ja, war es Ihr erstes großes Projekt dieser Art?
  • Hat sich die IT-Abteilung sinnvoll beteiligt und war kooperationsbereit?
Sobald Sie all diese Informationen eingeholt haben, könnte sich herausstellen, dass Ihr Projekt eigentlich gar kein Fehlschlag ist. Es könnte die Ziele erreicht haben, die angesichts des Zeitplans realistisch waren – nur nicht die, die fälschlicherweise (aus welchen Gründen auch immer) erwartet wurden.
Dem CRM-Fehlschlag auf den Grund gehen
Die klassische Reaktion, wenn ein Projekt fehlschlägt: Die Schuld wird dem Projektteam zugeschoben, Projektmanager werden ersetzt, Berater ausgetauscht und ein Crashkurs im „Besserwerden“ abgehalten. In Extremfällen kann es auch dazu kommen, dass das Management gleich das ganze System über Bord wirft.
Und auch wenn solche Entscheidungen hochemotional und politisch befriedigend sein mögen – sie verursachen im Regelfall auch hohe Kosten. Schließlich sorgt jede Änderung für neue Unruhe und die Bildung neuer Lernkurven. Im schlimmsten Fall endet das Ganze auch wie in „The Mythical Man-Mouth“.
Stattdessen sollten Sie sich lieber der harten Realität stellen und sich fragen:
  • War die ursprüngliche Konzeption des Projekts realistisch/realisierbar?
  • Ist das Unternehmen reif für große technologische Fortschritte in Sachen Automatisierung, Kultivierung und Management?
  • Wurden die User auch ausreichend mit einbezogen, als es um die zu verändernden Prozesse ging? War erkennbar, dass sie lieber den alten Status Quo beibehalten wollten?
  • Haben die Entscheider eine Mikromanagement-Monstrosität erschaffen?
  • Besitzen die IT-Systeme und Datenquellen, in die das CRM-System integriert werden muss, über ausreichende Flexibilität, beziehungsweise Qualität, um die Use Cases umzusetzen?
  • Waren Budget und Zeitplan im Einklang mit den Erwartungen hinsichtlich der Funktionalität?
  • Gibt es immer noch ungenannte Erwartungen?
  • Gibt es komplizierte Verflechtungen mit anderen Projekten?
  • Wurde eine grundlegende Analyse durchgeführt, was die Erfüllung aller Projektziele tatsächlich kosten wird?
  • Haben Projektmanagement oder beteiligte Entscheider eine „Fixpreis-Mentalität“ an den Tag gelegt?
  • Hatten die Stakeholder ausreichend Zeit, um sich dem Projekt zu widmen? Oder wurden wichtige Entscheidungen aus Zeitmangel verzögert?
  • Gab es größere Lücken im Zeitplan, in denen nichts voranging?
  • Gab es konkurrierende Nutzergruppen mit konfliktbehafteten oder gar gegensätzlichen Zielen?
  • Bestand ein echtes Vertrauensverhältnis zwischen den Usern und dem Projektteam?
  • Gab es innerhalb des Teams Zweifel an den Fähigkeiten einzelner Beteiligter?
  • Wurden ehrliche Fragen manchmal als Herausforderung oder gar Drohung interpretiert?
  • Hat (in Zusammenhang mit dem Projekt) irgendjemand damit gedroht zu kündigen?
  • Waren einige Leute schlicht unfähig, effektiv zusammenzuarbeiten?
  • Wurden Ihnen rechtliche Konsequenzen angedroht?
Wenn Sie auf die Mehrzahl dieser Fragen mit Ja antworten können, ist der Zug für Ihr CRM-Projekt vermutlich abgefahren. Es könnte deshalb durchaus Sinn machen, wenn Sie sich an ein Beratungsunternehmen wenden, bevor Sie das neue IT-Projekt voller Inbrunst angehen.
* David Taber, Autor des Buches „Salesforce.com Secrets of Success“ und CEO von SalesLogistix, schreibt für unsere US-Schwesterpoublikation CIO.com.

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