Laut dem soeben veröffentlichten Investitionsreport 2021 der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe e. V. (DSAG) planen österreichischen Unternehmen 2021 trotz Coronakrise auch weiter in SAP-Software zu investieren. Auch der Wechsel zu S/4HANA wird weiter verfolgt, ist aber für viele Unternehmen nicht in den nächsten drei jähren geplant. [...]
Die Corona-Epidemie hat Unternehmen 2020 vor große Herausforderungen gestellt und zu Kraftanstrengungen in Sachen remote work und Digitalisierung geführt. Unternehmen mussten schnell und flexibel auf geänderte Rahmenbedingungen reagieren. Die Lage hat sich auch für 2021 nicht wesentlich geändert, weswegen österreichischen Unternehmen auch für dieses Jahr wieder in die IT investieren wollen. Bei 38 Prozent der österreichischen Unternehmen (39 Prozent in der gesamten DACH-Region) der Befragten des DSAG-Investitionsreport 2021 steigt das Budget – und bei 45 Prozent davon (DACH: 31 Prozent) sogar zwischen zehn und zwanzig Prozent. „Die Unternehmen scheinen den ersten Coronaschock überwunden zu haben. Sie sind erfahrener im Umgang mit der Situation und vielfach scheinen sie erkannt zu haben, wie wichtig die IT ist, damit das Geschäft auch in Krisenzeiten läuft“, erläutert Walter Schinnerer, DSAG-Fachvorstand Österreich.
Auch bezogen auf SAP ist der Investitionswille der Österreicher weiter vorhanden. Bei 52 Prozent (DACH: 43 Prozent) der Unternehmen steigen die SAP-Investitionen und bei 24 Prozent (DACH: 35 Prozent) bleiben sie gleich. Während im Vorjahres-Investitionsreport noch 15 Prozent der Österreicher (DACH: 35 Prozent) angaben, dass das Budget zwischen zehn und 20 Prozent steigt, waren es diesmal 40 Prozent (DACH: 38 Prozent). „Insbesondere im produzierenden Gewerbe steigen die SAP-Investitionsbudgets bei 53 Prozent der Befragten, während das im Vorjahr nur bei 25 Prozent der Fall war“, so Walter Schinnerer. Er ordnet diese Steigerung so ein, dass es in diesem Sektor besonders viele Prozesse mit SAP-Bezug gibt, die in zahlreichen Unternehmen noch nicht digitalisiert sind.
Trend zu S/4HANA weiter erkennbar
Schon der DSAG-Investitionsreport 2020 hat bezogen auf die ERP-Lösungen gezeigt, dass die österreichischen Unternehmen S/4HANA für gesetzt halten. Das bestätigt auch die diesjährige Umfrage. Laut dieser planen 41 Prozent (DACH: 56 Prozent) der Befragten hohe und mittlere Investitionen in S/4HANA (Cloud und On-Premise). In die Business Suite wollen 31 Prozent mittel und hoch investieren (DACH: 25 Prozent). Bei S/4HANA präferieren die Unternehmen On-Premise. „Hier zeigen sich die Bedenken der Unternehmen, firmenrelevante Daten in die Cloud zu geben. Einerseits dürfte die europäische Mentalität dabei eine Rolle spielen. Andererseits werden aber auch Themen wie die EU-Datenschutz-Grundverordnung und Datenschutz allgemein zum Hemmschuh für die Cloud“, ist sich Walter Schinnerer sicher.
Verglichen mit dem Jahr 2020 ist allerdings insgesamt ein Rückgang von fünf Prozentpunkten zu verzeichnen, was die geplanten Investitionen in S/4HANA anbelangt. „Einerseits könnte dies ein Indiz dafür sein, dass sich die Unternehmen auch für 2021 noch nicht sicher sind, ob ein S/4HANA-Projekt zu stemmen sein wird. Andererseits kann auch die durch die DSAG erreichte Wartungsverlängerung für die Kernanwendungen der Business Suite 7 und damit ERP 6.0 mit anschließender optionaler Wartung bis 2030 Einfluss auf die Unternehmen haben“, so Walter Schinnerer.
Corona-Auswirkungen auf S/4HANA-Umstiege
Im vergangenen Jahr hatten vier Prozent der Befragten (DACH: 13 Prozent) noch keine Entscheidung hinsichtlich S/4HANA getroffen. In diesem Jahr sind sich 14 Prozent (DACH: 13 Prozent) unschlüssig. Insgesamt zehn Prozent (DACH: 14 Prozent) haben die Lösung bereits im Einsatz. Das sind zwei Prozentpunkte (DACH: Vier Prozentpunkte) mehr als 2020. In den nächsten drei Jahren wollen 52 Prozent (DACH: 39 Prozent) auf S/4HANA umsteigen. Im vergangenen Jahr waren es noch 58 Prozent (DACH: 40 Prozent). „Hier sind die Corona-Auswirkungen zu spüren. Unsere Umfrage zur DSAGLIVE aus dem Sommer hat bereits gezeigt, dass fast 60 Prozent der österreichischen Unternehmen S/4HANA-Projekte beziehungsweise -Roadmaps verschieben oder sogar prinzipiell zurückstellen“, beschreibt der Ländervorstand die Lage. Insgesamt haben DSAG und SAP zu S/4HANA bereits viel und gut informiert, doch die S/4HANA-Welt ist komplex. Deshalb ist es weiter erforderlich, dass SAP die Unternehmen tragfähig bei der Umstellung begleitet.
Lizenzstrategie beim Umstieg auf S/4HANA
Dieses Jahr wurden die DSAG-Unternehmen erstmals nach ihrer Lizenzstrategie beim Umstieg auf S/4HANA befragt. Dabei gaben 18 Prozent (DACH: 22 Prozent) an, im bestehenden Lizenzmodell zu bleiben, also eine Product-Conversion durchzuführen. 23 Prozent (DACH: 12 Prozent) wollen zunächst im bestehenden Lizenzmodell bleiben und zu einem späteren Zeitpunkt in das S/4HANA-Lizenzmodell wechseln, also eine Contract-Conversion durchführen. Lediglich neun Prozent (DACH: 13 Prozent) wechseln direkt in das S/4HANA-Lizenzmodell. „Wesentlich ist, dass 41 Prozent der österreichischen Befragten und bezogen auf den ganzen DACH-Raum 39 Prozent noch keine Entscheidung getroffen haben und offensichtlich nicht wissen, was möglich ist“, ordnet Walter Schinnerer ein und ergänzt: „Beim Wechsel in die S/4HANA-Welt verändert sich auch die Produkt- und Lizenzmetrik. Eine Lizenzkonvertierung ist unausweichlich und auf die Kunden warten gleich mehrere Herausforderungen.“ Somit wäre mehr Flexibilität bei der Lizenzierung wünschenswert.
Cloud-Lösungen weiter schwach nachgefragt
SAP hat in der Vergangenheit vielfach ihre angestrebte Cloud-first-Strategie betont. Große Investitionsbereitschaft in die SAP-Cloud-Lösungen herrscht bei den österreichischen Unternehmen allerdings bis dato nicht. Laut Investitionsreport planen die österreichischen Unternehmen für die folgenden SAP-Cloud-Lösungen „hohe und mittlere“ Investitionen:
- SuccessFactors: 20 Prozent (DACH: 15 Prozent)
- Ariba: 7 Prozent (DACH: 8 Prozent)
- Concur: 3 Prozent (DACH: 6 Prozent)
- Qualtrics: 3 Prozent (DACH: 2 Prozent)
- SAP Customer Experience (CX – ehemals C/4HANA): 3 Prozent (DACH: 8 Prozent)
Keines der befragten österreichischen Unternehmen plant Investitionen in Industry Cloud (DACH: 2 Prozent), Fieldglass (DACH: 1 Prozent) oder in die SAP Analytics Cloud (DACH: 14 Prozent).
Insbesondere SuccessFactors scheint bei den Unternehmen auf Interesse zu stoßen. Dies ist insofern bemerkenswert, dass Kunden ab 2022 die Lösung für das Personalwesen SAP Human Capital Management (SAP HCM) auch integriert in S/4HANA betreiben können. Das stellt für diejenigen eine Alternative dar, die nicht direkt in die Cloud zu SuccessFactors wechseln wollen. „Als DSAG ist es uns wichtig, dass alle Kunden von den Vorteilen der Cloud-Lösungen wie SuccessFactors profitieren können – und das in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Gegebenheiten rund um IT-Sicherheit und Datenschutz sowie den prozessualen Anforderungen. Stand heute kann das der Öffentliche Dienst jedoch bei SuccessFactors noch nicht. Hieran arbeiten wir gemeinsam mit SAP“, erklärt Walter Schinnerer.
Im Hinblick auf die SAP Analytics Cloud hätte der DSAG-Ländervorstand mehr Interesse der österreichischen Unternehmen erwartet. „Die SAP Analytics Cloud unterstützt die Digitalisierungsbemühungen und hilft den Bedarf an Vorhersagen zu decken. Gerade letzteres wird wichtiger, denn Corona hat gezeigt, dass Unternehmen flexibler und vorausschauender planen müssen“, so Walter Schinnerer. Was das Desinteresse an SAP Customer Experience (CX) anbelangt, ist er nicht überrascht. Hier fehlten noch Transparenz über den Funktions- und Leistungsumfang sowie weitreichende Optimierungen für die eigentliche Anwendung.
Pole-Position für Microsoft Azure
Nach der Relevanz verschiedener Applikationsplattformen als Platform-as-a-Service-Lösungen (PaaS) gefragt, zeigt sich, dass in Österreich vor allem Microsoft Azure die Nase vorn hat. 17 Prozent der Befragten (DACH: 27 Prozent) planen mittlere und hohe Investitionen für die Azure-Plattform. Für die SAP Business Technology Platform und Amazon Web Services sehen jeweils drei Prozent der Befragten mittlere Investitionen vor. Im DACH-Raum schneidet die SAP Business Technology Plattform mit 17 Prozent bei hohen und mittleren Investitionen besser ab.
Fortschritte bei digitaler Transformation
Neben einzelnen Produktbereichen erfasst die Umfrage auch den Status-quo der Unternehmen bei der digitalen Transformation – übrigens unabhängig von und ohne direkten Bezug zu SAP. Insgesamt bewerten 55 Prozent (DACH: 41 Prozent) den Status ihres Unternehmens zur digitalen Transformation als „weit/sehr weit“. Das ist ein Anstieg von 20 Prozentpunkten (DACH: 9 Prozentpunkte) verglichen mit dem DSAG-Investitionsreport des Vorjahrs. „Die Coronakrise hat die Unternehmen quasi gezwungen zu digitalisieren. Unternehmen mussten nicht nur ins Homeoffice wechseln, sondern auch ihre Geschäftsmodelle überdenken und in den meisten Fällen scheint das gut funktioniert zu haben“, so der DSAG-Ländervorstand.
Befragt nach der Relevanz von Investitionen in Bezug auf die Digitalisierung im SAP-Kontext 2021 hat sich das Bild im Vergleich zur Umfrage aus dem Sommer zur DSAGLIVE kaum verändert. Besonders relevant für mittlere und hohe Investitionen finden 55 Prozent der österreichischen Befragten (DACH: 63 Prozent) die Effizienzsteigerung bestehender Prozesse. 48 Prozent (DACH: 47 Prozent) der Befragten sehen es als wichtig an, Informationen transparent zu machen. Im Sommer waren es noch 33 Prozent (DACH: 28 Prozent) die hier einen Handlungsbedarf sahen. Investitionen, um die Beziehungen von Kunden und Partnern zu flexibilisieren, erachten 24 Prozent (DACH: 26 Prozent) für relevant. Im Sommer waren es 27 Prozent (DACH: 24 Prozent), die hier einen Handlungsbedarf sahen. Auch die Entwicklung neuer digitaler Geschäftsmodelle und Services wird für investitionsrelevant erachtet. 17 Prozent (DACH: 34 Prozent) sehen hier mittlere und hohe Investitionen vor. „Leider zeigt sich hier, dass die Unternehmen mehr daran interessiert sind, Bestehendes zu optimieren als innovativ neue Themen voranzutreiben“, sagt Walter Schinnerer. Am stärksten wollen die österreichischen Unternehmen 2021 in die Innovationsthemen Big Data und Data-Intelligence investieren.
Zukunftsrezept: Flexibilität, Anpassung und Cloud
Wenngleich die Coronakrise zum Treiber der digitalen Transformation in vielen Unternehmen geworden ist, so müssen IT-Manager dennoch sicherstellen, dass die IT in ihren Unternehmen an die geänderten Geschäftsprozesse und -modelle angepasst wird. „Anpassung an die ‚neue Normalität‘ sollte auch insofern erfolgen, dass sie sich mit dem Thema Cloud-Einsatz auseinandersetzen. Am Beispiel SAP bedeutet das, sich mit der Frage zu befassen, mit welchen Produkten beziehungsweise Komponenten das Unternehmen in Zukunft arbeiten wird und wo diese betrieben werden“, beschreibt Walter Schinnerer anstehende Aufgaben. Zudem sei es an der Zeit, die internen SAP-Strategien auf die Zukunft auszurichten. Doch damit das erfolgreich gelingt, muss auch SAP seinen Beitrag leisten – z.B. mit einem intelligenten Lizenzmodell, das der immer stärker integrierten Produktpolitik von SAP gerecht wird.
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