Big Data, Internet of Things und Künstliche Intelligenz/Machine Learning sind die Top 3 Digitalisierungsthemen der österreichischen Mitglieder der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe e. V. (DSAG). In diesen Bereichen haben heimische SAP-Anwender Projekte geplant oder bereits begonnen. Das hat der DSAG-Investitionsreport 2019 ergeben. [...]
DSAG-Mitgliedsunternehmen investieren nach wie vor in die IT. Bei 50 Prozent (DACH: 40 Prozent) der österreichischen Befragten steigt das Budget um rund 10 Prozent (DACH: 16 Prozent). Hier herrscht eine leicht rückläufige Tendenz zum Vorjahr. Bei 39 Prozent (DACH: 12 Prozent) bleiben die Budgets gleich. „Das steigende Budget für IT-Investitionen in Österreich überrascht nicht. Die Unternehmen stehen weiterhin vor den Herausforderungen der Digitalisierung, die es auch IT-seitig zu meistern gilt“, ordnet Walter Schinnerer, DSAG-Vorstand Österreich, ein.
Budgets wandern in die Fachabteilung
Auch die SAP-Investitionen steigen heuer in der Hälfte der (DACH: 42 Prozent) österreichischen Unternehmen um durchschnittlich 17 Prozent (DACH: 27 Prozent). Die Steigerungsrate fällt jedoch um 15 Prozent geringer aus als noch im Jahr 2018. „Das kann darauf zurückzuführen sein, dass die SAP-Anwender das Gefühl haben, dass der Software-Hersteller das Gespür für den Bestandskundenmarkt etwas verloren hat. SAP muss sich wieder auf die individuellen Herausforderungen der Kunden konzentrieren“, erläutert Walter Schinnerer.
Erstmals abgefragt wurde heuer, ob das Budget für Software-gestützte Geschäftsprozesse von der Fachabteilung bereitgestellt und verantwortet wird. In einem Drittel der Fälle hat in den österreichischen Unternehmen die Fachabteilung hier das Sagen (DACH: 28 Prozent). Hier zeigt sich, dass durch die Digitalisierung Verantwortung und Know-how für die Abbildung von Geschäftsprozessen in die Fachabteilungen wandern – und damit auch die Budgets. Die IT verantwortet weiterhin in 36 Prozent der Unternehmen (DACH: 41 Prozent) die IT–Budgets und folgt damit der klassischen Aufgabenteilung.
In 61 Prozent (DACH: 46 Prozent) der Unternehmen stehen Projekte im Bereich Big Data und in 43 Prozent (gleicher Wert wie in DACH) im Bereich Internet of Things auf der To-do-Liste bzw. sind bereits angestoßen. Ebenfalls 43 Prozent (DACH: 32 Prozent) der Befragten kümmern sich um Künstliche Intelligenz/Machine Learning. An vierter Stelle steht Robotic Process Automation. Mehrfachnennungen waren hier möglich. Lediglich 11 Prozent der Befragten plant keine Projekte zu diesen Trend-Themen (DACH: 19 Prozent).
Ernüchterung in Sachen Digitalisierung
Trotz zahlreicher geplanter Projekte im Bereich der neuen Technologien sind die österreichischen Unternehmen skeptischer geworden, was die Einschätzung ihrer Situation betrifft, wie weit fortgeschritten sie bei der digitalen Transformation sind. Aktuell bewertet nur noch ein Drittel (DACH: 29 Prozent) den Status mit „weit/sehr weit“. Das ist verglichen mit dem Vorjahr in Österreich ein Rückgang um mehr als die Hälfte. Eine Erklärung kann sein, dass Unternehmen heute eine realistischere Einschätzung abgeben können, welche Projekte sie in diesem Zusammenhang zu stemmen haben und wie komplex diese sind. „DSAG und SAP haben hier bereits für ein Mehr an Informationen gesorgt. Als DSAG wollen wir aber auch in Zukunft weitreichende Hilfestellungen geben. Doch hinsichtlich Auswirkungen und Kosten z. B. einer S/4HANA-Einführung ist noch Einiges unklar. Eine wesentliche Unterstützung wäre ein atmendes, in beide Richtungen skalierbares Lizenzmodell, das sich am Business-Nutzen orientiert“, sagt der DSAG-Vorstand Österreich.
Bezüglich der Relevanz von SAP-Produkten lautet ein Ergebnis: Die Business Suite ist in vielen Unternehmen bereits ausgereift. Hohe und mittlere Investitionen in die ERP-Lösung nehmen daher auch in diesem Jahr in Österreich leicht ab. Während 2018 noch 46 Prozent (DACH: 48 Prozent) sie für investitions-relevant hielten, sind es 2019 noch 43 Prozent (DACH: gleicher Wert. „Die österreichischen Unternehmen scheinen die Transformations-Roadmap von SAP langsam zu akzeptieren. Dennoch wäre seitens des Software-Herstellers weniger Tempo, aber dafür mehr Kundenverständnis und Marktgespür sinnvoll, damit die Anwender einen Umstieg auf S/4HANA möglichst eigenständig, kostengünstig und in ihrem Tempo durchführen können“, so Walter Schinnerer.
Rückläufige Investitionen
Dass dies aktuell noch nicht gegeben zu sein scheint, belegen die rückläufigen Investitionen im Haupt- und mittleren Bereich in S/4HANA (On-Premise). Laut Umfrage investieret ein Viertel der österreichischen Unternehmen hohe und mittlere Beträge in S/4HANA (On-Premise) (DACH: 32 Prozent), während das im Vorjahr noch 15 Prozent mehr getan haben. Für die Cloud–Lösung S/4HANA planen die österreichischen Unternehmen auch in diesem Jahr keine hohen Investitionen ein. Allerdings steigen die geringen und mittleren Investitionen um 2 Prozentpunkte auf 18 Prozent. Im DACH-Raum hingegen planen 3 Prozent der Befragten hier sogar hohe Investitionen ein.
Insgesamt ist in Österreich dennoch eine leichte Tendenz hin zu Cloud–Lösungen erkennbar. Teilweise wandern die frei gewordenen Budgets dorthin. So planen 35 Prozent der österreichischen Unternehmen (DACH: 28 Prozent) geringfügige, mittlere und hohe Investitionen in SuccessFactors. Der Wert liegt um 8 Prozentpunkte höher als im Vorjahr. An zweiter Position bei den geplanten Investitionen ist die SAP Analytics Cloud mit 25 Prozent (DACH: 28 Prozent) und an dritter Stelle folgen Ariba und die Planungslösung Integrated Business Planning mit jeweils 22 Prozent (DACH: 12 und 13 Prozent). C/4HANA, worunter sich Lösungen wie Hybris vereinen, ist 18 Prozent (DACH: 20 Prozent) der österreichischen Unternehmen geringfügige, mittlere und hohe Investitionen wert. Darüber hinaus investieren DSAG-Mitglieder in Projekte zu den genannten Schwerpunkten wie Big Data, Internet of Things und Künstliche Intelligenz/Machine Learning.
Weniger planen den Umstieg auf S/4HANA
Auch dieses Mal wurden die Mitglieder zur Umstellung der Business Suite auf S/4HANA befragt. An den Zahlen lässt sich ablesen, dass die Unternehmen weitreichende Pläne in dieser Hinsicht haben – allerdings haben erst etwa 4 Prozent (DACH: 3 Prozent) S/4HANA im Einsatz. In Österreich wollen etwa 7 Prozent (DACH: 5 Prozent) noch in diesem Jahr umstellen. Die Zahl der österreichischen Unternehmen, die in den kommenden drei Jahren umstellen wollen, ist von 41 Prozent auf 39 Prozent leicht gesunken, während sie im gesamten DACH-Raum um sechs Prozent auf 39 Prozent gestiegen ist. Ab 2021/22 plant ein Viertel (DACH: knapp ein Drittel den Umstieg.
„Bis auf etwa ein Viertel haben sich österreichischen Firmen also bereits für eine Umstellung entschieden“, deutet Walter Schinnerer. Dass die Rate der tatsächlichen Umstiege jedoch insgesamt stockt, ordnet der DSAG-Vorstand unter anderem so ein, dass viele DSAG-Mitglieder in Österreich sich aktuell die Fragen stellen, warum sie schon jetzt auf S/4HANA umsteigen sollen; oder ob ein Umstieg 2023 nicht früh genug sei. Schinnerer kann dieses Verhalten nachvollziehen: „Wenn ein System performant läuft, den Anforderungen des Fachbereichs entspricht und zirka 90 Prozent Wartungsanteil und zehn, manchmal fünf Prozent Weiterentwicklungsanteil hat, sind diese Fragen legitim.“
Zudem könnte die stockende Rate darauf zurückzuführen sein, dass Firmen aktuell Projekte initiieren, die länger dauern. Oder, dass Unternehmen vorwiegend auf Brownfield-Implementierungen setzen, bei denen der Komplettumzug von einem System ins andere komplex ist. Oder aber der Aufwand zunächst falsch eingeschätzt wurde.
Bestehende Geschäftsprozesse bleiben relevant
In Zusammenhang mit Investitionen für Digitalisierungsbestrebungen differenzieren DSAG-Mitgliedsunternehmen weiterhin zwischen bestehenden Geschäftsprozessen und neuen -modellen. Der Fokus auf bestehende Geschäftsprozesse ist dabei in Österreich mit einem Plus von 12 Prozentpunkten auf 93 Prozent weiter gestiegen (DACH: +5 Prozentpunkte auf 90 Prozent). „Viele österreichische Unternehmen nehmen aktuell ihr ERP unter die Lupe und betrachten somit bestehende Geschäftsprozesse. Das passt auch zu der hohen Anzahl an geplanten S/4HANA-Projekten, denn vielfach werden diese mit Digitalisierung gleichgesetzt“, erläutert Walter Schinnerer. Investitionen in neue Geschäftsmodelle schätzen 75 Prozent der Befragten (DACH: 68 Prozent) als wichtig ein. Die Bedeutung wächst hier stetig. Waren es im vergangenen Jahr in Österreich 16 Prozent weniger Unternehmen, die Investitionen in neue Geschäftsmodelle als wichtig angesehen haben.
Aufklärungsarbeit weiterhin notwendig
Es braucht weiterhin Aufklärungsarbeit zur Digitalisierung in den Unternehmen. Vor allem Best Practices und anschauliche Beispiele fehlen. Diese fordert die DSAG in diesem Jahr verstärkt ein. Walter Schinnerer: „Aus SAP-Sicht stehen die notwendigen Services und Produkte bereit, um die digitale Transformation zu bewältigen. Jetzt gilt es, den Kunden die Zeit einzuräumen, die sie benötigen, um den Umstieg in die neue SAP-Lösungswelt in ihrem Tempo gehen zu können. Allerdings sollten langsamere Unternehmen nicht durch eine deutliche funktionale Ausdünnung der Business Suite abgehängt werden.“ Es wird noch eine lange Übergangszeit geben, in der beide Lösungen zum Einsatz kommen.
SAP sollte sich zudem die Frage stellen, ob die Kunden tatsächlich alle notwendigen Informationen haben. Gemeinsam mit dem Software-Herstellen wird die DSAG ihre Mitglieder auch künftig mit wertvollen Informationen und Einschätzungen zu Lizenzmodell, S/4HANA, C/4HANA, weiteren Lösungen und Themen wie Big Data, Internet of Things und Künstliche Intelligenz auf ihrem Weg in die digitalisierte Welt unterstützen.
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