Für den heimischen Einzelhandel spielt das Internet eine immer größere Rolle, und zwar sowohl zur Präsentation als auch zum Verkauf von Waren: Die KMU Forschung Austria hat darum – im Auftrag der Bundessparte Handel mit Unterstützung des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft – nach 2007 und 2011 neuerlich eine umfassende Analyse des heimischen Internet-Einzelhandels durchgeführt. Die Ergebnisse der Studie für das Jahr 2013 wurden heute präsentiert. [...]
„Stellt man die Ausgaben der österreichischen Konsumenten im Netz dem Umsatz des heimischen Internethandels gegenüber, zeigt sich der Wermutstropfen der Entwicklung: Die heimischen Unternehmen decken mit 2,9 Mrd. Euro nämlich nur knapp die Hälfte der Internet-Ausgaben der Österreicher ab, während die zweite Hälfte – ebenfalls rund 3 Mrd. Euro – in den ausländischen Internet-Einzelhandel bzw. auch zu (Marken-)Herstellern fließt“, so Handelsobfrau Bettina Lorentschitsch.
Sie fordert: „Daher braucht es faire Bedingungen für den österreichischen Handel: Ich fordere von der österreichischen und der europäischen Politik faire, d.h. gleiche Rahmenbedingungen auf allen Ebenen. Außerdem appelliere ich an die Lieferanten, faire Konditionen mit dem heimischen Handel zu vereinbaren. Nur so wird auch in Zukunft eine vielfältige Handelslandschaft bestehen bleiben können.“
ONLINE-ANTEIL STEIGT
Der Brutto-Jahresumsatz im heimischen Internet-Einzelhandel ist der Untersuchung zufolge 2013 auf rund 2,9 Mrd. Euro gestiegen, was bereits 4,5 Prozent des gesamten Einzelhandelsvolumens in Österreich entspricht. Der Umsatz des österreichischen Internethandels ist demzufolge innerhalb von 3 Jahren um 30 Prozent gewachsen.
Der „Multi-Channel“, also die Kombination von Ladengeschäft und Online-Shop, ist dabei auf dem Vormarsch. 65 Prozent der Umsätze im heimischen Internet-Einzelhandel entfallen auf die Online-Shops von stationären Einzelhandelsunternehmen (25 Prozent auf den „klassischen“ Versandhandel und 10 Prozent auf den reinen Internethandel). Der Fokus im heimischen Internet-Einzelhandel liegt auf dem österreichischen Markt, die „Exportquote“ liegt unverändert bei 9 Prozent.
Laut der Internet-Einzelhandelsstudie verfügen mittlerweile immerhin 90 Prozent der Einzelhandelsunternehmen mit Unternehmenssitz in Österreich über einen Internet-Zugang, 70 Prozent betreiben eine Webseite. Auch die Zahl der Onlineshops hat sich seit 2010 vergrößert: Mittlerweile verkaufen 19 Prozent bzw. rund 7.500 Einzelhandelsunternehmen ihre Produkte über einen eigenen Webshop bzw. über Online-Plattformen online. 2010 waren es noch 5.700, im Jahr 2006 3.200.
Im Jahr 2013 haben bereits 57 Prozent der Konsumenten per Mausklick eingekauft – auch hier ist ein enormer Anstieg von 90 Prozent seit dem Jahr 2006 zu verzeichnen. Was die Gesamtausgaben betrifft hat sich ebenfalls viel getan: 2013 waren es wie bereits erwähnt rund 5,9 Mrd. Euro (von denen 2,9 Mrd. Euro im Inland verblieben und 3 Mrd. ins Ausland geflossen sind) – eine enorme Steigerung gegenüber 2006 mit 1,5 Mrd. Euro.
EINZELNE BRANCHEN
Betrachtet man die einzelnen Branchen, die im Internet Produkte zum Verkauf anbieten, so tritt eine von Branche zu Branche sehr unterschiedliche Entwicklung zu Tage: „Die größten Umsatzzuwächse kann der Lebensmittelhandel verzeichnen, der im Jahr 2013 online 220 Mio. Euro Umsatz erwirtschaften konnte. Im Jahr 2006 waren es noch 20 Mio. Euro. Obwohl der Lebensmittelhandel in nur sieben Jahren 11 Mal so viel Umsatz erzielen konnte, beträgt der Umsatz gemessen am Gesamtumsatz der Branche lediglich 1 Prozent“, erläutert Ernst Gittenberger von KMU Forschung Austria die Ergebnisse der Erhebung.
Im Computerhandel hat sich der Umsatz beispielsweise im Vergleich dazu „nur“ knapp mehr als verdoppelt – von 80 Mio. im Jahr 2006 auf 170 Mio. Euro im Jahr 2013 – gemessen am Gesamtumsatz der Branche beträgt der Anteil, der übers Netz umgesetzt wird, aber bereits 21 Prozent.
Dass trotz Internetauftritt mit integriertem Webshop das Leben der heimischen Internethändler nicht immer rosig ist, zeigen die Erfahrungsberichte von zwei betroffenen Händlern. Die hohen Abgaben – etwa in den Bereichen Entsorgung, Urheberrecht und Künstlersozialversicherung – belasten die Ertragssituation der Händler und begünstigen ausländische Mitbewerber, ärgert sich Wolfgang Krejcik, ein Elektrohändler aus Wien: „Ich bin als Händler mit Abgaben konfrontiert, die von ausländischen Händlern nicht eingehoben werden.“
Auch Peter Hinterberger, ein Spielwarenhändler aus Niederösterreich, fühlt sich in die Enge getrieben: „Meine Einkaufspreise liegen teilweise über dem Verkaufspreis von ausländischen Internetplattformen und die Versandkonditionen ausländischer Logistiker sind astronomisch.“ Neben der Preisthematik spielt für Hinterberger der „Beratungsdiebstahl“ eine große Rolle: „Die Kunden kommen in mein Geschäft, lassen sich die Funktionalitäten der Ware erklären und kaufen dann das Produkt im Internet beim ausländischen Mitbewerber.“ (pi/rnf)
Be the first to comment