Environmental Social Governance (ESG) in alle Bereiche eines IT-Unternehmens einzubinden bedeutet auch, den grundsätzlichen Aufbau der Unternehmenspfeiler und der Wertestruktur zu verändern. Lesen Sie, wie Sie vorgehen. [...]
Soziale und ökologische Verantwortung schreiben sich inzwischen fast alle Unternehmen auf die Fahne bzw. auf die eigene Website. Doch wer die unternehmerische Verantwortung ernst meint und sich nicht nur mit gepflanzten Bäumen schmücken möchte, muss weiter gehen, als mit einigen punktuellen Aktionen sein schlechtes Gewissen zu beruhigen. Environmental Social Governance (ESG) in alle Bereiche eines IT-Unternehmens einzubinden, bedeutet, die eigene Produktentwicklung, die Technologiestrategie, eigene Geschäftsmodelle und die gesamte Firmenkultur nach ESG-Werten auszurichten. Wenn diese Umorientierung anfangs nicht ganz ohne Kraftanstrengung erfolgen mag, so können mittel- und langfristig wertvolle Potentiale und einzigartige Werte freigesetzt werden.
Environmental Social Governance – Definition
Environmental Social Governance (ESG), zu Deutsch „Umwelt, Soziales und Unternehmensführung“, ist die Weiterentwicklung der Inhalte von Corporate Social Responsibility (CSR). Hierbei handelt es sich um die Evaluierung der unternehmerischen Sozialverantwortung, die derzeit immens propagiert wird. In den letzten 20 Jahren hat sich die ESG-Bewegung von einer von den Vereinten Nationen ins Leben gerufenen Initiative zur sozialen Verantwortung von Unternehmen zu einem globalen Phänomen entwickelt, das mittlerweile mehr als 30 Billionen US-Dollar an verwalteten Vermögenswerten repräsentiert. Ausgewählte Beispiele in den drei ESG-Bereichen sind:
- Umwelt (Environmental): Nachhaltiges Wirtschaften und Investieren, ökologisches Engagement des Unternehmens und der Mitarbeiter, Umgang mit Abfall/Sondermüll, Ausrichtung auf die eigene Öko-Effizienz (Energie, Wasser, CO2-Emissionen), Flächenversiegelung, Umweltmanagement, Supply Chain uvm.
- Soziales (Social): Arbeitsbedingungen, Arbeitssicherheit, Produktverantwortung, Chancengleichheit und Lieferantenmanagement
- Unternehmensführung (Governance): Compliance, Unternehmensethik, Unabhängigkeit des Aufsichtsrats und Aktionärsstruktur
ESG und CSR – Unterschiede
Der entscheidende Unterschied zwischen ESG und CSR besteht darin, dass es sich bei Corporate Social Responsibility eher um ein „Add-on“ handelt(e). Zusätzlich zum eigentlichen Unternehmensziel sollte man die unternehmerische Verantwortung nicht vergessen. Also schnell noch den örtlichen Fußballverein mit ein paar Trikots ausstatten (ohne ein solches Engagement schmälern zu wollen!). Environmental Social Governance geht weiter als CSR und ist intrinsisch. Es erreicht das Herz der Unternehmen und zeichnet eine verinnerlichte Firmenkultur aus, die nach ökologischen und sozialen Kriterien handelt.
Ist CSR das Sponsoring eines Baumpflanzprojekts, so ist ESG das Erreichen von Netto-Null-Emissionen des eigenen Unternehmens – sowie dem von Kunden und Partnern. Oder im sozialen Bereich: Es ist der Unterschied zwischen dem Angebot von Praktika an örtlichen Schulen und dem Aufbau einer lebenswerten Zukunft mit echter Chancengleichheit für alle.
ESG – Klimawandel und Inklusion als Ansporn
Tatsächlich nachhaltig und sozial zu handeln, betrifft alle Bereiche eines Unternehmens:
- Produkte und Dienstleistungen,
- Management,
- Betrieb,
- Mitarbeiter,
- Finanzen,
- Lieferkette,
- HR,
- IT,
- Marketing,
- Vertrieb und mehr.
Daher ist es essenziell, Unternehmen bei der Umsetzung einer effizienten ESG-Strategie zu unterstützen. Eine solche Strategie ist weitaus mehr als eine reine Marketingkampagne und erfordert in vielen Fällen einen tiefgreifenden Wandel der Organisationsstrukturen, Strategien, Praktiken und Prozesse innerhalb eines Unternehmens. Es geht darum, Vertrauen zu allen Stakeholdern aufzubauen. Es bedeutet mitunter aber auch, sich von langjährigen Partnern zu verabschieden, die diesen Weg nicht mitgehen möchten oder können, z.B. wenn es bei Zulieferern um faire Bezahlung und Lebensbedingungen in anderen Ländern geht. Das kann am Anfang unangenehm sein, zahlt sich aber am Ende für alle aus.
Um diese Verankerung in die Unternehmenskultur zu vollziehen, darf eine Ausrichtung nach ökologischen und sozialen Kriterien nicht als Kostenverursacher, sondern als Werttreiber gesehen werden. Nachhaltigkeits- oder Fair-Trade-Maxime können als Ansporn verstanden werden, die eigenen Prozesse und Produkte neu aufzusetzen. Eine gelebte Integration, die Mitarbeiter aus verschiedenen Kulturkreisen vereint, eine Inklusion, die Menschen mit und ohne Handicap zusammenbringt, fördert das gemeinschaftliche Miteinander und erleichtert mitunter auch den Umgang mit Partnern und Kunden weltweit. Die Frage sollte immer lauten: „Was können wir besser machen?“
- Können wir z.B. unsere Verpackung reduzieren, um Material und auch Transportkosten und damit Energie zu sparen?
- Lässt sich ein Entwicklungsprozess durch optimierte digitale Abläufe beschleunigen, um nicht nur Staus auf der Produktionsstraße zu reduzieren, sondern letztlich auch die Kunden mit schnelleren Lieferzeiten zufriedenzustellen?
- Wenn wir vor Ort kein qualifiziertes Fachpersonal finden, lohnt sich dann nicht der Blick in andere Länder? Den Schritt wagen, dort einen Standort zu eröffnen und somit den Menschen vor Ort eine andere Perspektive als eine Abwanderung zu eröffnen? Die Technologien zur Remote Work machen es möglich!
Wer so denkt, verinnerlicht Environmental Social Governance als Teil einer neuen Normalität und nutzt ESG-Kriterien als gewinnbringenden Werttreiber.
Environmental Social Governance – Good Business
Die Implementierung von ESG-Kriterien in der gesamten Wertschöpfungskette kann Wettbewerbsvorteile wie etwa eine höhere Attraktivität des Unternehmens für die Angestellten bewirken und damit ein höheres Wachstum begründen. Auch hat sich gezeigt, dass Firmen, die Environmental Social Governance berücksichtigen, besser durch die Pandemie gekommen sind. Die Folgen eines Verzichts auf ESG sind sehr real geworden, ebenso wie die Risiken des Verlusts von Investitionen, Ansehen, Kunden, Mitarbeitern und Geschäftsmöglichkeiten.
Das ESG-Rating lässt sich damit als ein nachweisbarer Werttreiber klassifizieren. Die Art und Weise, wie sich Unternehmen in ihrer lokalen und globalen Gemeinschaft engagieren, ist nicht mehr nur eine Seite im Jahresbericht oder ein Gesprächsthema in Investor Relations Meetings. Es ist eine Art, Geschäfte zu machen. Und die Unternehmen engagieren sich nicht nur, weil es gut für den Gewinn ist – auch wenn es das ist -, sondern weil es das Richtige ist.
*Armin Müller ist VP & Country Manager Germany bei VMware. Gemeinsam mit namhaften Technologiepartnern unterstützt er Unternehmen bei der digitalen Transformation und berät sie zu Lösungen aus den Bereichen Rechenzentrum, Cloud, Mobility, Netzwerk und Security. Er verfügt über mehr als dreißig Jahre Erfahrung in der Technologiebranche.
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