Erfolgreiches Design von Chatbots

Die Entwicklung von Chatbots dient auf der einen Seite dazu, Unternehmensabläufe zunehmend zu automatisieren. Aber auch die Kundenerwartungen sind elementarer Bestandteil bei der Planung. Lesen Sie hier, auf was es ankommt. [...]

Um den Kontakt über einen Chatbot für Anbieter und Kunden so erfolgreich wie möglich zu machen, sollte im Vorfeld eine gute Projektplanung erfolgen (c) pixabay.com

Die Interaktion mit Software über natürliche Sprache, geschrieben in Form von Chatbots und auch gesprochen in Form von Produkten wie Amazons Alexa, findet zunehmend Verbreitung. Unternehmen setzen insbesondere Chatbots mehr und mehr zur Innovation und Automatisierung an der Kundenschnittstelle wie im Marketing und Vertrieb oder im Kundenservice ein. Erfolgreiche Beispiele hierfür sind das amerikanische Bahnunternehmen Amtrak, dessen virtueller Assistent „Julie“ mehr als eine Million Kundenanfragen pro Jahr beantwortet, oder das schwedische Modeunternehmen H&M wo ein digitaler Shoppingassistent individualisiert Produktempfehlungen gibt und den Vertrieb unterstützt.

Viele Chatbots im Unternehmenskontext bleiben jedoch oftmals hinter den (hohen) Erwartungen der Nutzer zurück. Fehlende Personalisierung, stark standardisierte Dialoge und falsche oder unpassende Antworten können Nutzer frustrieren und die Kundenzufriedenheit reduzieren. Um den Anforderungen von Benutzern gerecht zu werden, ist es empfehlenswert sechs grundlegende Prinzipien beim Design von Chatbots zu beachten:

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1. Relevante, adäquate und variable Antworten sicherstellen

Der Chatbot muss dem Nutzer zu dessen Anliegen hilfreiche Antworten geben können, welche adäquat formuliert sind – zum Beispiel orientiert an den Standards zur Kundenkommunikation im Unternehmen. Parallel sollte es verschiedene Varianten der inhaltlich gleichen Antworten geben, zum Beispiel im Hinblick auf die Wortwahl oder Formulierung.

2. Künstliche Identität ansprechend gestalten

Durch die Nutzung eines (menschlichen) Namens und eines Avatars kann der Chatbot mit einer künstlichen Identität versehen werden. Diese lässt den Bot für Kunden persönlich und nahbar wirken. Da sich die Darstellung des Chatbots leicht variieren lässt, können beispielsweise verschiedene, potenzielle Identitäten von den zukünftigen Nutzern während der Implementierungsphase evaluiert werden.

3. Kundenerwartungen proaktiv managen

Während bei traditionellen Kommunikationskanälen wie Unternehmenswebseiten der Kunde in den meisten Fällen früh erkennt, welche Möglichkeiten und Einschränkungen beispielsweise ein Self-Service-Portal bietet, ist dies bei Chatbots nicht direkt der Fall. Folglich variieren Benutzereingaben stark, was wiederum die Umsetzung des ersten Designprinzips erschwert.
Daher empfiehlt es sich, die Fähigkeiten des Chatbots dem Nutzer in der Interaktion transparent zu machen, beispielsweise direkt nach der Begrüßung durch eine kurze, verbale Erläuterung der (wesentlichen) Funktionen.

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4. Gestaltungsmöglichkeiten aus der traditionellen Kundeninteraktion nutzen

Durch die natürlichsprachige Interaktion mit Kunden können Chatbots Möglichkeiten aus der traditionellen Kundeninteraktion nutzen wie Humor oder Empathie. Beispielsweise können selektiv empathische Antworten die Wahrnehmung des Chatbots bei frustrierten Nutzern verbessern oder punktuell unterhaltsame Statements die Konversation ansprechender gestalten.

5. Fallback-Antworten und Exit-Prozesse berücksichtigen

Um auch bei Kundenanfragen sprachfähig zu sein, welche bei der Implementierung des Chatbots nicht aufgenommen wurden, sollte der Bot mit entsprechenden Fallback-Antworten ausgestattet werden. Diese können den Kunden beispielsweise an einen menschlichen Kundenbetreuer weiterleiten oder auf andere Kontaktmöglichkeiten verweisen. Hierbei sollte der Exit-Prozess aus der Interaktion mit dem Chatbot möglichst kundenfreundlich gestaltet werden. Zum Beispiel könnte die Historie der Interaktion mit dem Bot an den zuständigen Kundenbetreuer weitergeleitet werden, sodass dieser bereits erste Informationen zum Anliegen des Kunden erhält.

6. Performance beobachten und inkrementell verbessern

Die Interaktion der Kunden mit dem Chatbot sollte fortlaufend beobachtet werden, insbesondere im Hinblick auf Anliegen, welcher durch den Bot nicht bearbeitet werden konnten. Diese können nach einer systematischen Kosten-/Nutzenbetrachtung bei Bedarf implementiert werden und so den Funktionsumfang des Chatbots inkrementell erweitern.
Viele Plattformen zum Design von Chatbots bieten vielfältige Analysemöglichkeiten wie Auswertungen zur Nutzung von Fallback-Antworten, welche Aufschluss über existierende Limitationen des Bots geben können.

Zusammengefasst stellt das erfolgreiche Design von Chatbots eine nicht zu unterschätzende Herausforderung dar, welcher jedoch durch die Berücksichtigung der sechs beschriebenen Prinzipien begegnet werden kann. Insbesondere zu Beginn der Implementierung ist es sinnvoll, die Umsetzung der Prinzipien im Hinblick auf Komplexität und Aufwand ganzheitlich zu bewerten, da diese von Fall zu Fall stark variiert.

Ein Chatbot, der beispielsweise eine hohe Vielfalt an geringfügig strukturierten Nutzeranfragen unter Zugriff auf mehrere Backendsysteme abdecken soll, ist ein deutlich komplexeres Unterfangen als ein Assistent, welcher ohne die Integration in bestehende Systeme häufige Fragen von Kunden zu Produkten beantworten soll. Berücksichtigt man diese Aspekte jedoch frühzeitig, können Chatbots eine sinnvolle Ergänzung des Vertriebs oder Kundenservice darstellen und traditionelle Kanäle wie die Unternehmenswebseite oder Self-Service-Portale innovativ ergänzen.

*Stephan Diederich ist Senior Consultant bei Roland Berger im Bereich Digitale Technologien und IT. Parallel zu seiner Tätigkeit als Unternehmensberater forscht er an der Georg-August-Universität Göttingen zum erfolgreichen Design von Chatbots für Unternehmen.


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