B2B-Shops können sich nur bedingt an Vorbildern im B2C-Bereich orientieren. Torsten Heiob, Geschäftsführer von Acbis, einem Spezialisten für Produktkonfigurator-Software, hat die wichtigsten Erfolgsfaktoren für B2B-Portale zusammengestellt. [...]
Wenn mittelständische Unternehmen im B2B-Bereich den Schritt in den E-Commerce wagen mögen, lautet der Auftrag an ihre E-Commerce-Agentur häufig: „Ganz einfach so wie beim Webshop XY“.
Dabei gibt es zwischen dem B2C– und dem B2B-Handel im Web gravierende Unterschiede, die beachtet werden müssen:
- die Kundengruppe (meist Händler) ist eine ganz andere und nicht so heterogen
- Preise werden sehr viel komplexer ermittelt
- ein Kunde ist meist ein Unternehmen mit vielen Angestellten
- Nutzer haben unterschiedliche Rechte (z.B. Fachkraft, Einkäufer, Einkaufsleiter)
- Kunden erwarten individuelle Angebote
Ausgehend von diesen Unterschieden, müssen für ein erfolgreiches B2B-Händlerportal folgende Dinge berücksichtigt werden:
1. Verwaltung von Berechtigungen
In B2B-Händlerportalen werden oft unterschiedliche Sichten/Berechtigungen je Funktion gefordert. Dies betrifft nicht nur die Daten, die eingesehen werden können, sondern auch Bestellungen in Abhängigkeit des Preises. So darf ein Einkäufer vielleicht bis zu Summe X selbst entscheiden und bestellen, während ab einer Summe darüber das OK des Vorgesetzten eingeholt werden muss (Stichwort: Bestell-Freigabe-Prozess).
2. Individuelle Preisgestaltung
Im B2B-Umfeld sind die Preissysteme in der Regel deutlich komplexer als im B2C-Geschäft. Die Preisgestaltung bei den Webshops im B2C-Geschäft erfolgt häufig recht simpel: Die Preise können zwar im Zeitverlauf variieren, sie sind aber in der Regel für alle Kunden gleich.
Im B2B-Vertrieb hingegen wird der Preis häufig noch individuell ausgehandelt. Sie sind z.B. abhängig davon, wie lange ein Kunde bereits beim Unternehmen ist, wie oft er bestellt und wie groß das Bestellvolumen (über einen längeren Zeitraum) ist. Entsprechend gehören Staffelpreise, individuelle Rabatte auf unterschiedlichen Ebenen (Markt, Kunde, Artikel, Artikelgruppe) oder auch Rahmenverträge zu den Standard-Funktionen eines guten B2B-Händlerportals.
3. Individuelles Angebot und schnelle Bestellung
Ein typischer Schritt in der Customer Journey eines B2B-Kunden ist auch, dass er nicht gleich bestellt, sondern erst ein Angebot einholt. Und nicht selten wird das erste Angebot gar nicht angenommen, sondern noch einmal nachverhandelt. Ein B2B-Webportal muss also nicht nur mit Bestellungen umgehen können, sondern auch mit Angeboten und Angebotsversionen. Nach dem Handeln wird, wie auch im B2C-Umfeld, ein zügiger Bestellprozess erwartet. Auch Nachbestellungen müssen sehr schnell und einfach getätigt werden können. Ein großer Vorteil des B2B-Handels ist, dass Kunden regelmäßig wiederkehrende Produkte bestellen und genau wissen, was sie benötigen und in welchem Umfang. Je schneller und einfacher der Bestellprozess ist, desto besser.
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4. Kundenindividuellen Produkte
Sehr viel stärker als im B2C-Umfeld müssen in der B2B-Welt Produkte anhand von kundenindividuellen Anforderungen definiert und produziert werden. Stichwort hierbei ist Losgröße = 1. Bei den meisten Unternehmen ist dies mittlerweile kein Sonderfall mehr, sondern Alltagsgeschäft. Entsprechend gehört ein leistungsstarker Produktkonfigurator zu den wichtigsten Faktoren eines B2B-Händlerportals.
5. Ersatzteilgeschäft
Immer noch wird häufig das Ersatzteilgeschäft vergessen, vor allem bei kundenindividuellen Produkten: Nach der Konfiguration eines komplexen Produktes erhält der Händler bzw. Endkunde ein individuelles Angebot. Darin ist – für den Händler nicht zu sehen – auch eine individuelle Fertigungsliste enthalten. Ein gutes Händlerportal bietet die Möglichkeit, die individuellen Artikel der Stückliste im Webportal einsehbar zu machen, sodass der Kunde für Ersatzteilbestellungen freigegebene Artikel einfach anhand der Bestellnummer finden und nachbestellen kann und das exakt in den für ihn korrekten Maße, Farbe und Eigenschaften.
6. Responsive Design
In vielen Köpfen ist noch die Vorstellung vorhanden, dass die Einkäufer der B2B-Kunden hinter ihren Schreibtischen sitzen und von dort aus Bestellungen über ihre Desktop-Computer aufgeben. Diese Sichtweise ist längst überholt: Immer mehr Käufe werden über mobile Endgeräte getätigt. Hierbei spielt vor allem das Tablet eine immer größere Rolle. Wer das nicht berücksichtigt und seinen Händlern nicht die Möglichkeit bietet, immer und überall Bestellungen aufzugeben, muss damit rechnen, den Anschluss zu verlieren.
7. Integrierte Prozesse
Auch wenn die kundenindividuellen Produkte deutlich komplexer sind als eine einfache Handelsware, die – bildlich dargestellt – einfach aus dem Regal in den Warenkorb gelegt werden kann, so muss trotzdem – oder gerade deswegen – die Integration der Prozesse perfekt funktionieren. Beispiel: ein Händler konfiguriert ein individuelles Produkt, erhält daraufhin seinen individuellen Preis (entweder direkt im Webportal angezeigt oder als separates Angebot) und bestellt direkt.
Im Hintergrund werden nun automatisch alle relevanten Daten für die Auftragserfassung sowie die Fertigung erzeugt und an weiterführende Systeme übergeben (z.B. ERP oder MES). Die Daten können heutzutage so erstellt werden, dass der Vertriebsauftrag automatisch geprüft und in einen Fertigungsauftrag übergeben werden kann. Im Anschluss erfolgt die automatische Einplanung in der Fertigung. Der Händler erhält im Webportal ein Update über die Meilensteine der Fertigung seines Produktes (wenn es gewünscht ist).
*Torsten Heiob, Geschäftsführer von Acbis.
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