Hightech Therapien verdoppeln die Chance der Österreicher, nach einem Schlaganfall wieder gehen zu können. [...]
Das neue Therapiezentrum von tech2people setzt in vielerlei Hinsicht neue Standards in der österreichischen Physiotherapie- und Rehabilitationsszene: Mehr als 20 (!) der weltweit besten, robotischen Geräte im Wert von rund 1,5 Millionen Euro sowie ein Team aus neun spezialisierten Physiotherapeut:innen sind Anfang November in der Seestadt eingezogen und stellen für Menschen mit Schlaganfällen, Multipler Sklerose und traumatischer Querschnittslähmung die effektivste Therapie zusammen – und zwar ambulant, leistbar und ohne stationären Aufenthalt.
Im Hightech-Zentrum von tech2people, das von der UNIQA Privatstiftung unterstützt wird, arbeiten Organisator:innen, Therapeut:innen und Patient:innen an einem gemeinsamen Ziel: den Betroffenen eine hohe funktionale Selbstständigkeit zu ermöglichen und ihnen nach Unfällen und Schlaganfällen zu einer raschen Reintegration in ihren Alltag und in den Arbeitsmarkt zu verhelfen.
Zuständig dafür sind nicht nur die Physio- und Ergotherapeut:innen, sondern auch die robotischen Hochleistungsgeräte. Deren Besonderheit: Sie sind extrem effektiv. Einerseits durch eine extrem hohe Wiederholungsrate der Übungen innerhalb kurzer Zeit, andererseits unterstützen sie jede:n Patient:in nur genau so viel oder wenig, wie diese:r das gerade benötigt, um optimal trainieren zu können.
Selbst Querschnittgelähmte können mithilfe des Exoskeletts oder im Lokomat wieder aufstehen und physiologische Schrittmuster trainieren. Integrierte Geschicklichkeitsspiele und der Einsatz von Virtual Reality bewirken, dass das Intensiv-Training auch Spaß macht und die Compliance der Patient:innen nachweislich gesteigert wird.
Robotische Physiotherapie verdoppelt die Chance, nach Schlaganfällen wieder gehen zu können
Dass all diese Geräte in Kombination mit klassischer Physiotherapie effektiver sind als konventionelle Physiotherapie allein, weiß der querschnittsgelähmte Gründer von tech2people, Gregor Demblin, nicht nur aus eigener Erfahrung: Er hat den Spezialisten für neurologische Rehabilitation Priv.-Doz. Dr. Peter Lackner (Facharzt für Neurologie, Leiter des Karl-Landsteiner Instituts für Akutneurologische Forschung) als leitenden medizinischen Berater für das neue Zentrum gewinnen können.
Lackner kennt die Zahlen des aktuellen Forschungsstandes zur robotischen Therapie im Detail: „Es gibt Einsatzbereiche, in denen die robotische Physiotherapie schon sehr umfassend erforscht und belegt ist. So gibt es zum Beispiel eine sehr sichere Studienlage dazu, dass Schlaganfallpatient:innen eine in etwa doppelt so hohe Chance haben, wieder gehen zu können, wenn sie robotik-assistierte Gangtherapie gepaart mit klassischer Physiotherapie erhalten.“
Er erklärt das anhand eines einfachen Vergleichs: Bei konventioneller Physiotherapie können in etwa 50 bis 250 Schritte getätigt werden. Dabei müssen Patient:innen von zumindest zwei Therapeut:innen unterstützt werden bzw. in einer Aufhängung trainieren. Im Lokomat hingegen können in einer Trainingseinheit bis zu 2.000 Schritte absolviert werden. Der Fokus liegt dort, wo er sein soll, nämlich auf dem eigentlichen Gehtraining bei gleichzeitiger Normalbelastung von Armen und Beinen.
„Durch die hohe Wiederholungsrate wird zum Beispiel die Neuroplastizität optimal gefördert, d.h. die Bildung neuer Nervenbahnen wird angeregt. Weitere positive Effekte sind die Reduktion von Spastik bei Querschnittslähmung, einem reduzierten Medikamentenbedarf oder der Verringerung von Folgeerkrankungen wie Osteoporose.“
Versorgungslücke durch ambulante Reha 2 Phase schließen
„In der stationären Akut-Reha sind wir in Österreich sehr gut aufgestellt, aber der Bedarf an ambulanter Rehabilitation steigt massiv“, erläutert Lackner weiter. „Die Vorzüge liegen dabei auf der Hand: Weniger stationäre Aufenthalte, eine effektivere Behandlung für die Patient:innen und eine kostenschonendere Alternative für die öffentliche Hand.“
„Leider ist das Gesundheitssystem in Österreich viel zu bürokratisch und es ist schwer, neue Lösungen zu etablieren, selbst wenn diese hocheffektiv und langfristig kostengünstiger sind“, unterstreicht Gregor Demblin die aktuelle Herausforderung.
Gleichzeitig lägen die Vorteile klar auf der Hand: „Es braucht in der konventionellen Physiotherapie in vielen Fällen zwei Therapeut:innen pro Patient:in (2:1), während für die robotik-gestützte Physiotherapie auch bei schweren Fällen nur ein Verhältnis von 1:1, also ein:e Therapeut:in pro Patient:in, notwendig ist.“
Um das Therapieangebot möglichst vielen Menschen zuteilwerden zu lassen, ist derzeit die Unterstützung von vielen Sponsoren und Prominenten notwendig, die das erst möglich machen.
„Bei uns kostet diese Therapieform dank unserer Sponsoren nur 135 Euro, davon werden weitere 55 Euro von der Krankenkasse ersetzt. Wenn ich dieselbe Therapie in den USA machen will, kostet es dort das Dreifache“, so Demblin.
„Wings for Life“ und UNIQA: Prominente Fürsprecher und Sponsoren sorgen für Leistbarkeit der Physiotherapie
Einer von ihnen ist Hannes Kinigadner. Nach dessen Unfall gründeten sein Vater, der Doppel-Motocross-Weltmeister und Rally-Ikone Heinz Kinigadner zusammen mit Red Bull-Gründer Dietrich Mateschitz die Stiftung „Wings for Life“, die sich für die Heilung von Querschnittslähmung stark macht.
Er trainiert selbst mit dem Exoskelett und weiß aus eigener Erfahrung: „Wenn dir so ein Unfall passiert, brauchst du jede Unterstützung, die du kriegen kannst – persönlich und technisch. Es ist wichtig, dass wir als Gesellschaft neu gewonnenes technologisches Know-how dafür einsetzen, dass Betroffene wieder in eine höhere Selbstwirksamkeit kommen.“
Dr. Peter Eichler, Vorstand für Personenversicherung bei der UNIQA Insurance Group AG, betont: „Mehr als 1,4 Millionen Menschen in Österreich vertrauen uns ihre Gesundheit an. Als größte Gesundheitsversicherung des Landes sehen wir es als unsere Verantwortung jene Personen zu unterstützen, die Pionierarbeit leisten und das Gesundheitssystem verbessern.“
Zudem unterstreicht Eichler die Bedeutung von Innovation im Bereich der medizinischen Technologie für unsere Gesellschaft: „Vieles, was vor 15 Jahren technisch undenkbar war, ist heute Behandlungsstandard. Entsprechende Entwicklungen möchten wir unterstützen, denn sie ermöglichen vielen Menschen die Teilhabe an der Gesellschaft und damit letztlich ein besseres Leben.“
Zahlen & Fakten – Welche Menschen sind betroffen?
Das Angebot des neuen Therapiezentrums von tech2people zielt auf die optimale Behandlung aller neurologischen Krankheitsbilder ab, unabhängig von deren Schweregrad. Im Hauptfokus liegen dabei die Krankheitsbilder Schlaganfall, Multiple Sklerose und traumatische Querschnittslähmung.
In Europa leben derzeit 520.000 Menschen mit Multipler Sklerose (2017), jährlich kommen 12.000 Betroffene hinzu. 9,53 Millionen Menschen erleiden in Europa einen Schlaganfall, jährlich gibt es eine Million Neuerkrankungen.
Der Schlaganfall zählt zur dritthäufigsten Todesursache überhaupt. In Österreich sind rund 50.000 Menschen auf einen Rollstuhl angewiesen, ca. 4.000 davon aufgrund einer Querschnittlähmung.
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