eSport – Hype oder Wirtschaftsfaktor?

Beim ISPA Forum wurde über die Grenzen zwischen Online-Gaming und eSport, die Herausforderungen des Sports und über die wirtschaftliche Relevanz desselben diskutiert. [...]

eSport – der sportliche Wettkampf mit Computerspielen – erlebt derzeit eine Professionalisierung und eine Kommerzialisierung. Was im asiatischen Raum längst etabliert ist, hält mittlerweile auch in Europa Einzug. Vor allem Jugendliche und junge Erwachsene verbringen täglich Stunden vor dem Bildschirm und träumen von einer Karriere als eSportlerin beziehungsweise eSportler. Beim diesjährigen ISPA Forum am 28. April in der SkyLounge der Universität Wien wurde über die Grenzen zwischen Online-Gaming und eSport, die Herausforderungen des Sports der Jugend und über die wirtschaftliche Relevanz desselben diskutiert. Neben dem hochkarätigen Podium hat sich auch das Publikum ausgiebig an der von ISPA Generalsekretär Maximilian Schubert moderierten Diskussion beteiligt.

WAS IST ESPORT?

15.000 Besucher in der Commerzbank-Arena in Frankfurt. Hier rollt kein Ball über den grünen Rasen, sondern Finger flitzen über Tastaturen. Das Publikum verfolgt auf großen Leinwänden gebannt, mit welchen geschickten Spielzügen die Teams beim Online-Strategiespiel Dota 2 dem Sieg näherkommen. Die Stimmung ist toll, es wirkt ein wenig wie eine Mischung aus einem Fußballmatch und einem Rockkonzert.

Ein kurzes von ESL Gaming zur Verfügung gestelltes Video zeigte beim ISPA Forum solche eindrucksvollen Szenen, die man in Österreich – noch? – nicht erleben kann. Aus Sicht von Stefan Baloh, Präsident des eSport Verbands Österreich, wird sich das auch nicht so rasch ändern, obwohl auch hierzulande eSport ein Teil der Alltagskultur von Jugendlichen aller Altersklassen ist und er ein konstantes Wachstum in allen Disziplinen, vorrangig in den Teambewerben, sieht. „Die rechtliche Situation in Österreich bietet für Veranstalterinnen und Veranstalter leider noch einige Fallstricke, welche die Organisation eigener Events oft erschweren“, spielt Baloh auf die vor allem in Wien eingehobene Vergnügungssteuer an. Erfreulich sei für ihn hingegen, dass auf politischer Ebene eine prinzipiell sehr positive Einstellung zum Thema eSport herrsche.

Über den Mangel an heimischen eSport-Events zeigt sich auch die Kärntnerin Julia Kreuzer, die unter dem Namen „Miss Rage“ sowohl als professionelle Counterstrike-Spielerin als auch als Streamerin agiert, enttäuscht. „Es hat im Bereich Gaming in den letzten zwei bis drei Jahren einen extremen Boom gegeben – Sponsoring-Einnahmen und Preisgelder steigen stetig“, so Kreuzer. „In Österreich gibt es aber leider keine großen Events, obwohl ich überzeugt bin, dass man auch bei uns locker ganze Stadien füllen könnte.“

HERAUSFORDERUNGEN AUF MEHREREN EBENEN

Darüber, dass eSport als Sport anerkannt werden sollte, waren sich die Diskussionsteilnehmer einig. Sportvisa würden die Anreise zu Turnieren vereinfachen und auch eine Anstellung, die bei vielen Clans erfolgt, wäre problemloser durchzuführen. Der Trainingsaufwand, der bei eSport betrieben wird, braucht den Vergleich mit anerkannten Sportarten jedenfalls nicht zu scheuen. Und für Alex Pfeiffer, Leiter des Zentrums für Angewandte Spieleforschung an der Donau-Universität in Krems, sind es nicht nur die Top-Gamer, die acht Stunden oder mehr pro Tag trainieren: „Neben der Entwicklung im Spitzensportbereich ist ein besonderes Augenmerk auf den Amateur- und Hobbybereich zu legen. Der enorme Aufwand der bei eSport von den Spielerinnen und Spielern betrieben wird, um weiter zu kommen, ist auch auf Bronze- und Silberniveau enorm.“ Darüber hinaus sei laut Pfeiffer auch bereits bei diesen unteren Niveaustufen Augenmerk auf die Kommunikation der oft bunt zusammengewürfelten Teammitglieder zu legen und wie „toxisch“ diese untereinander seien. Hier wären weitere Aktivitäten von den Spieleanbietern gefragt, um derartiges negatives Verhalten einzudämmen.

Der große Trainingsumfang wirft natürlich auch die Frage auf, welches Suchtpotenzial denn Computerspiele im Allgemeinen und eSport im Besonderen bergen. Die Podiumsgäste waren sich auch hier einig, dass acht Stunden Training keinesfalls acht Stunden vor dem Bildschirm bedeuten, sondern eine Mischung aus Spielen, körperlichem Sport und Taktik bzw. Analyse. „Die Gefahr, über das Computerspielen die Kontrolle zu verlieren und dadurch andere wichtige Lebensbereiche zu vernachlässigen, trifft nur bei einer Minderheit zu. Aber um diese Menschen müssen wir uns besonders kümmern, vor allem, wenn sie jung sind und negative Folgen für das weitere Leben befürchtet werden müssen”, findet etwa Dominik Batthyány, Leiter des Instituts für Verhaltenssüchte und Leiter der Abteilung Prävention beim grünen Kreis.

Auch die Game Designerin Lea Schönfelder hat Verständnis für die viele Zeit, die junge Menschen in ihre Leidenschaft investieren. „Die Skepsis ist beim Thema eSport womöglich deshalb so groß, weil Computerspiele in Europa noch nicht die gleiche Akzeptanz genießen wie „normaler“ Sport oder die Kulturindustrie. Um Probleme und Chancen von eSport objektiv diskutieren zu können, ist eine bessere Aufklärung der breiten Bevölkerung über eSport und Computerspiele im Allgemeinen nötig“, so Schönfelder, die dafür plädiert, eSport wie jede andere Sportart zu behandeln.

WIRTSCHAFTLICHE RELEVANZ

Die Anerkennung als Sport würde nicht nur den eSportlerinnen und eSportlern zugutekommen, sondern hätte auch im wirtschaftlichen Bereich positive Auswirkungen. Derzeit dürfen beispielsweise bei Übertragungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen in Deuschland die Sponsoren nicht werblich aufscheinen. Bei Sportübertragungen würde diese Einschränkung nicht gelten, meint Michael Bister, Head of Pro Gaming Germany bei ESL, dem weltweit größten Turnier- und Ligen-Organisator und –Ausrichter. Damit würden Sponsoren natürlich eine größere Reichweite erzielen und hätten einen größeren Anreiz, zu investieren. Wobei die ökonomischen Effekte für Bister, auch wenn er sie sehr positiv sieht, eher zweitrangig sind: „eSport seh ich weder als kurzfristigen Hype noch als einen neuen Wirtschaftsfaktor, sondern als eine Weiterentwicklung des Sports im Kontext einer digitalen Generation.“ Dass sich das aber durchaus rechnen kann, beweist „Miss Rage“, die nach eigenen Angaben vom eSport sehr gut leben kann. (pi)


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