EU-Parlament kippt Copyright-Reform

Weil viele Abgeordnete Bedenken hatten, wurde die EU-Urheberrechtsreform im Plenum des Europaparlaments gebremst. [...]

Vorläufig gibt es keine Upload-Filter für YouTube und Co. (c) EU
Vorläufig gibt es keine Upload-Filter für YouTube und Co. (c) EU

Am heutigen Donnerstag stimmte das Plenum des EU-Parlaments über Reformvorschläge beim Urheberrecht ab. 318 Abgeordnete stimmten dagegen, 278 befürworteten eine EU-Urheberrechtsreform und 31 Abgeordnete enthielten sich ihrer Stimme. Die Abstimmung sollte zeigen, ob die Reform der EU-Urheberrechtsrichtlinie aus dem Jahr 2001 in ihrer aktuellen Form weiter vorangetrieben werden soll. Angesichts der hohen Anzahl an Gegenstimmen muss die Reform nun noch einmal überarbeitet werden, bevor Verhandlungen mit dem EU-Rat aufgenommen werden können.

Allein der Netzwerk-Gigant Google soll – laut Industrieverbänden – Millionen von Euro in Loggying investiert haben. Die Investition scheint sich gelohnt zu haben. Was Netzaktivisten freut, sorgt bei Künstlern und Verlagen für Frust. Denn dass Europa das 17 Jahre alte Urheberrecht auf den Stand der digitalen Ära bringen muss, darüber herrscht weitgehend Einigkeit.

Strittig in der Urheberrechtsreform sind eigentlich nur zwei Artikel. Artikel 11 befasst sich mit einem Leistungsschutzrecht auf EU-Ebene. Große Nachrichtenportale oder Suchmaschinen wie Google dürften damit in Zukunft nicht mehr einfach Überschriften und Anreißertexte von Publikationen übernehmen und auf ihren Seiten anzeigen. Nach dem Scheitern des Leistungsschutzrechts erhoffen sich die Verlage damit neue Einnahmen, denn Google und Co. sollen für die Nutzung von Textpassagen und Überschriften zahlen.

Ebenfalls umstritten ist Artikel 13 der Urheberrechtsreform, der sich mit so genannten Upload-Filtern befasst. Diese sollen vorab schon beim Upload von Bildern, Musik oder Videos durch Nutzer prüfen, ob es sich bei den Inhalten um urheberrechtlich geschützte Inhalte handelt. Betroffen wären hier etwa große Plattformen wie Youtube. Diese könnten beanstandete Inhalte dann nicht mehr im Nachhinein löschen, sondern müssten sie schon während des Uploads überprüfen. Obwohl in Artikel 13 konkret nicht von Upload-Filtern die Rede ist, könnte die Richtlinie zur Vorab-Prüfung über eine solche Lösung umgesetzt werden.

Kritik: Zensur & endgültiges Daten-Monopol

Dies ruft Kritiker auf den Plan: Mit der Massnahme würde eine Art Zensur eingeführt, argumentieren sie. Zudem würden die Filter wohl auch viele legale Inhalte wie zB Satiren blocken. Das Online-Lexikon Wikipedia hat unlängst Teile seiner Seiten aus Protest geschwärzt, um die Folgen derartiger Maßnahmen zu zeigen.

Der Chaos Computer Club (CCC) warnt davor, dass derartige Filter einen immensen technischen Aufwand darstellen, der nur von den bestehenden großen Plattformen geleistet werden könnte.  Man würde „eine immens große, ständig aktualisierte Datenbank sämtlicher Text-, Audio- und Video-Ausschnitte benötigen, für die Verwertungsrechte geltend gemacht werden“. Darüber hinaus müsste man in „smarte“ Algorithmen investieren, welche Abwandlungen des Originals erkennen können. Ein Großteil der nicht-globalen Anbieter könnte sich dies nicht mehr leisten und wäre aus dem Wettbewerb. Für die „datenhungrigen Dauerwerbe-Plattformen wären die Filter also ein Geschenk des Himmels“.

Ganz vom Tisch ist das neue Gesetz noch nicht, obwohl das Parlament zum ersten Mal in der Geschichte die Empfehlung des Rechtsausschusses abgelehnt hat. Nach der Sommerpause wird sich das Plenum im September erneut mit den Reformvorschlägen befassen.


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Die Teilnehmer des Roundtables (v.l.n.r.): Roswitha Bachbauer (CANCOM Austria), Thomas Boll (Boll Engineering AG), Manfred Weiss (ITWelt.at) und Udo Schneider (Trend Micro). (c) timeline/Rudi Handl
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