Während die Führungsspitze in vielen Unternehmen eher zögerlich dabei ist, sich über die Einführung Künstlicher Intelligenz (KI) Gedanken zu machen, nutzen viele Beschäftigte KI längst „still und heimlich“ für zahlreiche betriebliche Aufgaben. [...]
Zu dieser Einschätzung gelangt der Management-Experte Dr. Harald Schönfeld, Herausgeber des Fachbuchs „Künstliche Intelligenz als Business-Booster im Unternehmen“ im Verlag der Denkfabrik Diplomatic Council und Geschäftsführer der Personalberatung Butterflymanager, die Interim Manager als Führungskräfte auf Zeit an Firmen vermittelt.
Er erklärt: „Die Interim Manager stoßen in den Unternehmen regelmäßig auf eine um sich greifende Schatten-KI. Teilweise werden längst KI-Tools wie ChatGPT im großen Stil für E-Mails, Kundenbriefe, betriebliche Analysen oder Zusammenfassungen für das Management eingesetzt.
Das weist für die Firmen erhebliche Probleme etwa in Bezug auf Compliance, Datenschutz, Datensicherheit und Schutz von Betriebsgeheimnissen auf, ohne dass sich die Führungsspitze in der Regel dessen überhaupt bewusst ist. Die KI-Revolution kommt von unten und findet längst mit Macht statt.“
Es droht Kontrollverlust auf Vorstandsebene
Management-Experte Dr. Harald Schönfeld, der auch Geschäftsführer von United Interim ist, der laut Angaben größten Community für Interim Manager im deutschsprachigen Raum, sagt: „Schatten-IT gab es schon immer und hat zu einem gewissen Kontrollverlust der IT-Abteilung geführt. Doch die Schatten-KI birgt weit darüberhinausgehend die Gefahr des Kontrollverlustes auf Geschäftsführungs- oder Vorstandsebene.“
Aufgrund zahlreicher Gespräche mit Interim Managern, die an KI-Projekten in der Wirtschaft beteiligt sind, schätzt Schönfeld, dass über die Hälfte aller Büroangestellten in Deutschland „in der einen oder anderen Form“ KI im Arbeitsalltag einsetzt. „Je höher die Position, desto stärker die KI-Nutzung“, fasst er eine Erkenntnis aus den KI-Projekten von Interim Managern zusammen.
Wie mannigfach die Potenziale und die Verbreitung von KI in unterschiedlichen Firmenfunktionen wie Personalwesen, Marketing oder Controlling bzw. in verschiedenen Marktsegmenten wie der Bau- oder der Modebranche sind, dokumentiert Dr. Harald Schönfeld in seinem neuen Buch „Künstliche Intelligenz als Business-Booster für Unternehmen“. Darin kommen nämlich elf Interim Manager zu Wort, die von ihren Erfahrungen beim betrieblichen KI-Einsatz berichten.
Gefahren des KI-Einsatzes werden häufig übersehen
Dr. Harald Schönfeld warnt: „An der Firmenspitze wird häufig die enorme Gefahr übersehen, die heute schon durch den teilweise breitflächigen KI-Einsatz an vielen Büroarbeitsplätzen heranwächst.“
Er gibt Beispiele: das Hochladen von Kundendaten verletzt die Datenschutz-Grundverordnung, die Erstellung neuer Texte anhand vorhandener Dokumente verrät unbeabsichtigt Betriebsgeheimnisse, die KI-Nutzung als Grundlage für Bewertungen oder Entscheidungen führt zu ethisch bedenklichen Ergebnissen, ohne dass es zunächst auffällt. „Es ist keine Frage, dass wir alsbald einen ersten großen KI-Skandal erleben werden“, ist sich Dr. Harald Schönfeld sicher, und fügt hinzu: „Nur welche Firma es trifft, bleibt abzuwarten.“
Der Management-Experte weist darauf hin, dass die aktuelle KI-Regulierung der Europäischen Union durch den EU AI Act bei „Schatten-KI weitgehend ins Leere läuft“. Schönfeld: „Wenn die Marketingabteilung Kundendaten in eine KI hochlädt, um darauf basierend gut formulierte Anschreiben an die Kundschaft zu verschicken, mag dies zwar keinen Verstoß gegen den AI Act darstellen, aber sicherlich gegen die Datenschutz-Grundverordnung.
Und wenn die HR-Abteilung Bewerberprofile durch die KI prüfen und bewerten lässt, verstößt dies über den AI Act hinaus gegen weitere Rechtsgrundsätze. Es gibt heute schon etliche weitere potenzielle Compliance-, Rechts- und Sicherheitsverstöße, die im Rahmen der Schatten-KI passieren. Das kann monate- oder gar jahrelang gutgehen – bis es irgendwann auffällt und zum Skandal führt.“
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