„Facebook muss Datenschutz monetarisieren“

Der bereits zwei Wochen zurückliegende IPO von Facebook setzt das Management aufgrund zusehends einbrechender Kurse mehr und mehr unter Druck. Der Marketing-Experte Ralf Kreutzer sieht aber trotz IPO-Debakel Potenzial. [...]

„Neue, innovative Konzepte sind nötig, die wirklich deutlich machen, dass es Facebook in Zukunft in viel höherem Maße wie bisher gelingt, seinen Datenschatz konsequent zu monetarisieren. Da sind die Manager von Facebook gefragt“, meint Marketing-Experte Ralf Kreutzer von der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht im Gespräch mit der Nachrichtenagentur pressetext.
Die Schlagzeilen in der ersten Börsenwoche der Facebook-Aktie lauteten allerdings anders: Aktionäre klagen, verprellte Freunde, das neue AOL, geplatzte Blase, Politik und Behörden ermitteln, Banken-Desaster, Versagen der Börse, Fiasko und berauschte Investoren. Dabei hat der Facebook-Chef im Vorfeld klar und deutlich vor zu hohen Erwartungen gewarnt, so Karl-Heinz Land von MicroStrategy, auf Nachfrage von pressetext.
Zuckerberg habe von Anfang an unterstrichen, dass er den Börsengang umsetzen wolle, um die Weiterentwicklung seines Unternehmens als soziales Netzwerk sicherzustellen. Deshalb seien auch die eingereichten Aktionärsklagen wegen des Kursrückganges nicht sachgemäß. Facebook sei kein Zockerpapier für schnelle Gewinne. „Der Kursverlust ist eine gute Option, um Aktien zu kaufen für eine langfristige Perspektive“, macht Land deutlich.
Sieht man sich den Status Quo der Geschäftsausrichtung an, so ist Facebook gut positioniert, betont Kreutzer: „Wir brauchen maßgeschneiderte Werbung. Mit der Gießkannenmethode kommen Unternehmen heute nicht weiter. Das ist viel zu kostenintensiv. Jetzt sind wir auf dem Weg, dass man an vielen Stellen One-to-One-Angebote machen kann. Ein Unternehmen spricht seinen einzelnen Kunden mit relevanten Angeboten sehr gezielt an. Das uns nicht alle Werbemaßnahmen gefallen, ist klar.“
Wenn man pro Tag Werbung bekommt, für die ein Opt-in gegeben wurde, dann signalisiert der User damit die Relevanz. „Wenn ein Unternehmen das überstrapaziert, weil es mir drei E-Mails am Tag schickt, dann bin ich relativ frei, das auch wieder abzubestellen. Von daher haben wir schon viele Handlungsmöglichkeiten und ich würde mir vonseiten der Politik wünschen, dass gesagt wird, Werbung ist genauso wertschöpfend wie die Produktion eines Produktes. Wenn ich ein Produkt produziere und nicht werben darf und keiner mein Produkt kauft, dann bin ich als Unternehmen nicht erfolgreich“, so Kreutzer.
Die Entwicklung von Facebook in den vergangenen Monaten zeigt, dass Social Ads wichtig bleiben. „Das sind sozial ausgerichtete werbliche Einblendungen, die informatorisch darauf aufbauen, was meine Freunde geliked und was sie gekauft haben. Nach einer Studie aus den USA liegt deren Anteil schon heute bei etwa 20 Prozent. Es wird damit gerechnet, dass deren Anteil bei Facebook Ende des Jahres auf 50 Prozent ansteigen wird“, verdeutlicht Kreutzer. Das Entscheidende sei, dass auf diese Ads viel stärker geklickt werde, weil sie mit dem relevanten Freundesumfeld etwas zu tun haben.
Luft nach oben hat Facebook aber auch im Mobile Business – Stichwort: Location Based Services. „Das sind Angebote, die meine Lokalisierung berücksichtigen. Hier ist es ganz wichtig, dass bei den seriösen Apps immer ein Opt-in verbunden ist – also die Zustimmung für lokale Angebote. Wenn ich in Berlin unterwegs bin und mich in der Nähe von Burger King aufhalte, bekomme ich einen Coupon mit Sonderangeboten auf mein Smartphone. Auf diese Weise kann versucht werden, werbliche Aussagen noch relevanter zu machen“, weiß Kreutzer.
Ein großer Trend geht demnach in Richtung Relevanz durch Lokalisierung. Laut dem Experten kann Facebook in hohem Maße partizipieren. Aufgrund der Likes kenne der Zuckerberg-Konzern die Kundenpräferenzen sehr gut und könne Informationen für die Werbewirtschaft bieten, um personalisierte und ortsgebundene Botschaften zu vermitteln. Eine besondere Rolle spiele hierbei auch der Social Graph von Facebook. (pte)

Mehr Artikel

Gregor Schmid, Projektcenterleiter bei Kumavision, über die Digitalisierung im Mittelstand und die Chancen durch Künstliche Intelligenz. (c) timeline/Rudi Handl
Interview

„Die Zukunft ist modular, flexibel und KI-gestützt“

Im Gespräch mit der ITWELT.at verdeutlicht Gregor Schmid, Projektcenterleiter bei Kumavision, wie sehr sich die Anforderungen an ERP-Systeme und die digitale Transformation in den letzten Jahren verändert haben und verweist dabei auf den Trend zu modularen Lösungen, die Bedeutung der Cloud und die Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Unternehmenspraxis. […]

News

Richtlinien für sichere KI-Entwicklung

Die „Guidelines for Secure Development and Deployment of AI Systems“ von Kaspersky behandeln zentrale Aspekte der Entwicklung, Bereitstellung und des Betriebs von KI-Systemen, einschließlich Design, bewährter Sicherheitspraktiken und Integration, ohne sich auf die Entwicklung grundlegender Modelle zu fokussieren. […]

News

Datensilos blockieren Abwehrkräfte von generativer KI

Damit KI eine Rolle in der Cyberabwehr spielen kann, ist sie auf leicht zugängliche Echtzeitdaten angewiesen. Das heißt, die zunehmende Leistungsfähigkeit von GenAI kann nur dann wirksam werden, wenn die KI Zugriff auf einwandfreie, validierte, standardisierte und vor allem hochverfügbare Daten in allen Anwendungen und Systemen sowie für alle Nutzer hat. Dies setzt allerdings voraus, dass Unternehmen in der Lage sind, ihre Datensilos aufzulösen. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*