Akuter Fachkräftemangel in Technik- und Informatik-Berufen – jede vierte Stelle unbesetzt. [...]
Derzeit fehlen in den Bereichen „Elektro- und Elektronikindustrie“ – hier sind auch Energieunternehmen umfasst –, „Metalltechnische Industrie“ und „Unternehmensberatung, Buchhaltung & IT“ österreichweit bis zu 40.000 Fachkräfte.
Rund jede vierte benötigte Stelle in den genannten Bereichen kann in heimischen Unternehmen nicht besetzt werden. Das zeigt eine repräsentative Erhebung des Industriewissenschaftlichen Instituts vom Dezember 2022. Für die österreichische Wirtschaft bedeutet das für das Jahr 2023 einen potenziellen direkten und indirekten Wertschöpfungsverlust von 6,4 Mrd. EUR. Die Zukunft sieht noch düsterer aus.
Situation verschärft sich
Bis 2030 wird sich die ohnehin schwierige Situation weiter verschärfen. Prognostiziert wird ein Fehlen von bis zu 63.400 technischen & IT-Fachkräften. 2030 kann jede dritte Stelle nicht mehr besetzt werden. Der potenzielle Wertschöpfungsentgang liegt dann bereits bei bis zu 10 Mrd. EUR.
Ohne Fachkräfte keine grüne und digitale Transformation
Um die Sicherheit der Energieversorgung heute und in Zukunft gewährleisten zu können, um grüne Technologien wie Photovoltaik oder E-Mobilität weiterzuentwickeln und um Datensicherheit garantieren zu können, braucht es dringend fachkundige Mitarbeiter:innen. Fachkräfte fehlen ganz besonders in der Mechanik, der Prozess- und der Fertigungstechnik, in der Elektronik und Elektrotechnik inkl. Energietechnik sowie in der IT.
„Der Mangel an qualifizierten Fachkräften gefährdet die Energiewende und damit das Erreichen unserer Klimaziele. Dabei birgt gerade dieser Systemwandel ein enormes Potenzial in sich, den Wirtschaftsstandort Österreich und Europa zu stärken. Wir brauchen ganz konkret Ausbildungsoffensiven in den Bereichen Elektrotechnik und Informationstechnik“, so OVE-Präsident Kari Kapsch.
Verbände fordern Qualifizierungsoffensive
Die Verbände FEEI, OVE, FMTI und UBIT fordern daher rasch die Umsetzung einer gezielten Qualifizierungsoffensive. Diese beinhaltet u.a. die Modernisierung von Lehrplänen, die Aufstockung technischer Fächer in allen Schulformen und eine verpflichtende Berufsorientierung in allen Unterstufen.
„MINT macht Spaß und hat enormes Potenzial. Darauf wollen wir aufmerksam machen. Es ist längst überfällig, veraltete Rollenklischees aufzubrechen und vor allem Mädchen und Frauen zu ermutigen, MINT-Berufe als attraktive Ausbildungs- und Jobchance zu sehen. Das sind die Jobs der Zukunft, die Berufe, die den grünen Wandel ermöglichen und mitgestalten“, sagt FEEI-Obmann-Stellvertreterin Sabine Herlitschka.
Neben Angeboten für Schüler:innen und Studierende wird eine noch praxisorientiertere Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen empfohlen, die MINT-Fächer unterrichten. OVE und FEEI werden noch dieses Jahr gemeinsam mit Branchenpartnern eine große Fachkräftekampagne umsetzen, um die Berufsbilder der Branche zu stärken.
Ausbildung auf allen Ebenen fördern
Zur adäquaten Ausbildung ist es zwingend notwendig, eine zeitgemäße (IT-)Infrastruktur und Unterrichtsmittel State-of-the-Art zur Verfügung zu stellen. Die Lehre nach Matura soll gefördert werden. Attraktive Pakete für Berufs-Wiedereinsteiger:innen oder Quereinsteiger:innen können als Anreize dienen. Studienangebote für naturwissenschaftliche Fächer und Angebote für Berufstätige sollten ausgebaut und Duale Universitäts- und FH-Studien forciert werden.
„Zugangsbeschränkungen für Technik- und Informatikstudien an Universitäten müssen aufgehoben werden“, weist UBIT-Obmann Alfred Harl hin. „Die Drop-out-Quoten an Fachhochschulen und Universitäten müssen gesenkt werden und auch andere Einstiegsmöglichkeiten in die IT-Branche, wie die IT-Lehre oder die Duale Akademie der WKÖ für Maturant:innen und Studienabbrecher:innen, verstärkt genutzt werden. Es muss ein Umdenken stattfinden, um Fachkräfte für den IT-Standort Österreich zu gewinnen und bestehende im Job zu halten.“
Verbände steuern bereits aktiv dagegen
Die Verbände setzen bereits gezielt Aktivitäten, um dem Fachkräftemangel effektiv entgegenzuwirken. „Wir finanzieren seit einigen Jahren mehrere FH-Studienplätze im Fach Maschinenbau “, sagt FMTI-Obmann Christian Knill.
„Die Prüfungsergebnisse im Fach Mechanik an der TU Wien waren in der Vergangenheit dermaßen schlecht, dass der FMTI sich entschieden hat, die Finanzierung des Tutorenwesens in diesem Fach zu übernehmen. Seither haben sich die Leistungen der Studierenden deutlich verbessert. Es ist für die Wirtschaft aber schlichtweg nicht möglich, Aufgaben, um die sich der Staat zu kümmern hat, dauerhaft zu übernehmen. Unsere Branchen tragen eine hohe Steuerlast und sollen dann noch die Grundausbildung möglicher künftiger Mitarbeiter:innen übernehmen.“
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