Ende letzter Woche jubelten die Plattform für ein modernes Urheberrecht und die Internetoffensive Österreich über das Scheitern der "Festplattenabgabe". Sie deuteten das Fehlen entsprechender Passagen in einer im Parlament eingebrachten Novelle des Urheberrechts als Sieg über die "technologiefeindliche Abgabe". Doch das war wohl etwas voreilig. [...]
„Die Einführung der Abgabe ist am großen Widerstand aus der Bevölkerung gescheitert“, wird Thomas Schöfmann, Sprecher der Plattform für ein modernes Urheberrecht und Geschäftsführer von Conrad Österreich, in einer Aussendung zitiert. Die Plattform für ein modernes Urheberrecht wurde im Oktober 2012 von Unternehmen wie unter anderem Acer, Apple, Lexmark, Media Markt, Samsung und Sony gegründet – also Anbietern oder Händlern, deren Produkte sich durch eine solche Abgabe verteuern würden. Ihr Ziel ist es, die Vergebührung von Speichermedien (wie eben unter anderem Festplatten) zu verhindern, die von den Verwertungsgesellschaften seit Jahren gefordert wird. Damit sollen die Rückgänge aus den Einnahmen der Leerkassettenvergütung – die quasi die Legitimierung für das Recht des Einzelnen auf die Privatkopie darstellt – im Zuge des veränderten Medienomsumverhaltens ausgeglichen werden (mehr über die Hintergründe in dem Artikel „Festplattenabgabe: Privat- ist nicht gleich Raubkopie“)
Schöfmann weiter: „Die von uns im Sommer losgetretene Protestwelle und das laufende Feedback, das wir aus der Bevölkerung bekommen, zeigen auf: die Österreicherinnen und Österreicher sind gegen diese Steuer. Wir werden nicht locker lassen und uns weiterhin dafür einsetzen, dass heimischen Steuerzahler und unsere Wirtschaft vor dieser undurchdachten und unfairen Mehrbelastung geschützt werden. Wir treten weiter vehement ein für einen offenen und vernünftigen Dialog mit allen Beteiligten.“
TECHNOLOGIEFEINDLICHE ABGABE
Auch die „Internetoffensive Österreich“, die sich als Interessenvertretung aller Stakeholder im Bereich der IKT versteht und von mehreren IKT-Unternehmen gegründet wurde, begrüßte den Umstand, dass die Urheberrechtsnovelle (hier der Link zur veröffentlichten Novelle des Urheberrechts) scheinbar ohne Festplattenabgabe auskommt. „Eine solch technologiefeindliche Abgabe hätte zu enormen Zusatzbelastungen für Konsumenten und Wirtschaft geführt“, so die Internetoffensive in einer Aussendung. Sie trete weiterhin dafür ein, dass „bestehende Lösungsmodelle bzw. neue Vergütungsmöglichkeiten diskutiert werden, um eine tragfähige und evidenzbasierte Abgeltung für Kulturschaffende zu finden“.
Unabdinglich für eine sachliche Diskussion sei daher die Erhebung der tatsächlichen Einnahmeverluste der Kulturschaffenden durch Privatkopien. Erst danach ließe sich eine faire und zeitgemäße Lösung, auch in Hinblick auf die erhöhte Streaming-Nachfrage von Kunden und sich ändernden Trägermedien für Privatkopien, erarbeiten. Die Internetoffensive plädiert für einen „Round Table“, an dem in einer politischen Diskussion unter Einbeziehung aller beteiligter Stakeholder an einem technologieneutralen Lösungsmodell gearbeitet wird.
NICHT VOM TISCH
Der Meinung der Gegner der Festplattenabgabe schließen sich die Befürworter ebendieser nicht an. „Es kann keine Rede davon sein, dass die Festplattenabgabe gescheitert ist. Ganz im Gegenteil: wir befinden uns in laufenden Gesprächen mit den zuständigen Ministerien und arbeiten weiter an einer Lösung, die im Sinne aller ist – Künstlerinnen und Künstler sowie Konsumentinnen und Konsumenten“, so Gernot Graninger, Geschäftsführer der Verwertungsgesellschaft austro mechana. Bei der vor kurzem im Parlament eingebrachten Novelle des Urheberrechtsgesetzes hätte es sich vielmehr um die bereits erwartete Umsetzung einer EU-Richtlinie gehandelt.
Wie Franz Medwenitsch, Geschäftsführer der LSG – Wahrnehmung von Leistungsschutzrechten GmbH, gegenüber Computerwelt.at erklärt, ging es dabei um eine eigentlich schon bis Ende Oktober 2014 verpflichtend umzusetzende EU-Richtlinie über verwaiste Werke. Sie wurde vorgezogen, um sich nicht der Gefahr einer Strafzahlung an die EU wegen Nicht-Umsetzung einer Richtlinie auszusetzen. „Alle anderen Themen – von der Festplatte bis zum Leistungsschutzrecht der Zeitungsverleger – werden selbstverständlich weiter bearbeitet und sind definitiv nicht vom Tisch! Das wurde ja mittlerweile aus dem Kunstministerium auch öffentlich so bestätigt. Die Aussendung der Plattform entbehrt jeglicher Grundlage“, so Medwenitsch.
Die Festplattenabgabe ist laut den österreichischen Verwertungsgesellschaften austromechana, Bildrecht, Literar-Mechana, LSG, VAM, VDFS und VGR „nach Monaten intensiver Gespräche als jenes Modell hervorgegangen, das sich am besten eignet, faire Bedingungen für Künstlerinnen und Künstler rasch zu schaffen“. Modelle wie die Haushaltsabgabe oder auch eine Einhebung gemeinsam mit der Rundfunkgebühr hätten sich als nicht umsetzbar und nicht treffsicher herausgestellt. „Wie die Festplattenabgabe in der Praxis gehandhabt wird und wie hoch die Tarifbelastung der einzelnen Speichermedien sein wird, kann nur am Verhandlungstisch geklärt werden“, so Sandra Csillag, Geschäftsführerin der Literar-Mechana. „Wir sind jedenfalls zuversichtlich, dass wir bald zu einer Lösung kommen.“ (rnf)
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