Musik für Filme und Games einfach selbst komponieren. Dies wird nun möglich durch das von der Fachhochschule St. Pölten entwickelte Software-Framework GeMMA. Dieses nützt ausgeklügelte Algorithmen, um die Kompositionswünsche der Nutzer umzusetzen. [...]
Die Einsatzmöglichkeiten von GeMMA stießen bereits vor Kurzem auf internationalen Konferenzen in Laibach und Korfu auf großes Interesse. Tatsächlich ist das Framework auch eine Basis für pädagogisch wertvolle Applikationen. Diese können zukünftig Kindern und Jugendlichen einen spielerischen Zugang zu klassischer Musik sowie Jazz eröffnen. Damit entwickelt die FH St. Pölten erneut Technologien, die zum interaktiven Entdecken von Komposition und Musik einladen.
Bewegte Bilder bewegen Gemüter erst mit dem richtigen Soundtrack. Doch woher nehmen, ohne zu stehlen? GeMMA (Generative Music for Media Applications) verwandelt Musikwünsche durch Beschreibung in Worten in eigens komponierte Musikstücke. Hannes Raffaseder, Leiter des ICM/T – Institut für CreativeMedia/Technologies – über GeMMA: „Die Einsatzmöglichkeiten reichen von der Erstellung von Soundtracks, Games und Imagevideos bis hin zur pädagogischen Musikvermittlung.“
Zum Komponieren mit GeMMA brauchen Nutzer neben dem Bildmaterial, das vertont werden soll, ein wichtiges Hilfsmittel: die Sprache. Den Kompositionsprozess beginnen Nutzer nämlich mit sogenannten „semantischen Beschreibungen“ der einzelnen Szenen im Film, Video oder Spiel. Diese lassen sich aus einer Vielzahl an Möglichkeiten wie z. B. „Liebe“, „Krieg“ oder „Tod“ in einem Pulldown-Menü anwählen und festlegen. Aus diesen Einzel-Beschreibungen erstellt das Software-Framework ein Beschreibungsdokument. Es „erkennt“ diese darin zusammengefassten Annotationen, indem es sie mit der eigens von der FH St. Pölten entwickelten Datenbank „Clip Library“ vergleicht. In dieser befinden sich 500 Szene-Clips von 250 Blockbustern verschiedener Genres – von Madagaskar bis Matrix – gemeinsam mit Soundtracks und Beschreibungen dafür. Die Komposition erfolgt mithilfe von Algorithmen und auf Basis mathematisch formulierter Gesetzmäßigkeiten von Kompositionen, welche je nach Genre variieren. Nach Fertigstellung erhalten Nutzer eine Komposition basierend auf ihrem Beschreibungsdokument. Das Musikstück wird als MIDI-Datei ausgegeben und darf, als Neukomposition, lizenzfrei genutzt werden. Alternativ können Nutzer auch Referenzstücke als MIDI-Dateien an das System übergeben. Diese werden auf ihre Struktur hin analysiert und zu neuen Stücken verarbeitet, wobei NutzerInnen die „Distanz“ bzw. „Ähnlichkeit“ zu dem vorgegebenen Musikstück selbst wählen und einstellen können. Die Gestaltung bleibt also, ob beim Annotieren oder beim Komponieren auf Basis eines Referenzstücks, immer in den Händen der Nutzer.
Bei der Entwicklung der Algorithmen von GeMMA achtete das Team der FH St. Pölten von Beginn an darauf, dass diese auch für weitere Anwendungen genutzt werden können. Ein Beispiel dafür ist die Applikation „JazzPainter“. Mithilfe dieser Applikation können Nutzer auf einem Tablet-PC ein virtuelles Jazz-Ensemble aus Bass, Gitarre, Klavier und Schlagzeug interaktiv zum Klingen bringen. Durch einfache Fingerbewegungen werden dabei die Instrumente in Relation zueinander auf dem Bildschirm positioniert: Nach „hinten“ gestellte Instrumente werden hörbar leiser, während nach vorne gezogene Instrumente lauter werden. Möglich macht dies GeMMA, das im Hintergrund auf eine Datenbank mit Jazz-Standard-Melodien zugreift und laufend auf Basis der auf der Oberfläche veränderten Parameter Musik generiert. Nach zwei Jahren umfangreicher Entwicklungsarbeit wurde nun auf internationalen Konferenzen in Laibach und Korfu ein Teil der Projektergebnisse einem internationalen Fachpublikum vorgestellt.
Auch Institutionen, die sich mit Musikvermittlung beschäftigen, haben das Potenzial softwaregestützter Lernangebote längst erkannt. So entwickelt die FH St. Pölten derzeit eine Software-Anwendung für den schulischen Musikunterricht gemeinsam mit dem Ernst-Krenek-Forum Krems: Kinder und Jugendliche können damit künftig unterschiedliche Kompositionsmodelle Musikspielerisch verstehen. Möglich wird dies durch eigens dafür konzipierte Benutzeroberflächen, die zum spielerischen Entdecken einladen.
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