Fit für die Zukunft: Mainframe meets Cloud

Mainframes sind im Bankenwesen immer noch weit verbreitet und halten kritische Produkte und Prozesse am Laufen. Aktuell denken viele Bankinstitute über die Zukunft ihrer Mainframe-Lösungen nach. [...]

Foto: BethanyDrouin/Pixabay

Dies wird getrieben durch die Regulatorik, die einen sicheren Betrieb gewährleisten möchte – was angesichts von fehlenden und immer älter werdenden IT-Talenten mit Mainframe-Know-how zunehmend zur Herausforderung wird. Neue Cloud-Technologien sowie Tools zur einfachen Migration erleichtern den Umstieg von Mainframe auf die Cloud.

Mainframes sind robust, äußerst performant und zuverlässig. In vielen Finanzinstituten sind sie nach wie vor fester Bestandteil der IT-Infrastruktur. Dort wickeln sie täglich bis zu 100 Millionen geschäftskritische Transaktionen gleichzeitig ab. Gerade hinsichtlich regulatorischer Anforderungen und Prüfungen durch Aufsichtsbehörden garantiert die Plattform hohe Sicherheit.

Die Rolle von hoch performanten Großrechnern in Unternehmen ist unbestritten. Das wird auch künftig so bleiben. Es zeichnet sich jedoch ein Wandel ab. In den letzten Jahren hatten viele Faktoren sowohl branchenspezifisch also auch branchenunabhängig Auswirkungen auf die IT-Umgebung, beispielsweise Fusionen, gestiegene Compliance-Anforderungen, Streben nach mehr Kundennähe, anhaltender Kostendruck und der Anspruch, Kunden, Mitarbeitenden und Geschäftspartnern intuitivere Erfahrungen zu bieten. Das wirkt sich auch auf die klassischen Mainframe-Plattformen aus.

Diese Marktentwicklungen bedingen ein umfassendes Upgrade der Plattform-, Anwendungs-, Daten und Prozessschichten. Digitale Prozesse und Systeme für erfolgreiche Kundenerfahrungen erfordern die Integration von Legacy-Anwendungen in die neue digitale Welt. Diesem Wandel folgen immer Unternehmen aus der Finanzbranche.

Nach Einschätzungen von Branchenkenner:innen hat der Großteil der Finanzinstitute eine Vision oder Exit-Strategie. In etwa zehn Jahren werden sie sich von ihren Mainframe-Systemen verabschiedet und – wenn nicht vollständig, so doch zumindest teilweise – in die Cloud gewechselt haben.

Dies bestätigt auch die aktuellen Marktuntersuchung „The great cloud mainframe migration: what banks need to know“ von Accenture aus dem Jahr 2022. Darin wurden 150 Bank-Manager:innen aus 16 Ländern befragt, deren Institute die Migration ihrer Mainframes in die Cloud planen oder bereits begonnen haben.

Im Ergebnis gaben vier von fünf Befragten (82 %) an, dass sie beabsichtigen, mehr als die Hälfte ihres Mainframe-Workloads in die Cloud zu verlegen.

Fast jeder Vierte (22 %) erklärt sogar, mehr als drei Viertel der Mainframe-Kapazitäten verlagern zu wollen und die überwiegende Mehrheit will dies in den nächsten zwei bis fünf Jahren erreichen. Dabei haben die meisten Banken damit begonnen, bestimmte Anwendungen – darunter das Kernbanksystem – nach und nach in die Cloud zu überführen.

Was spricht für die Cloud?

Die Gründe, in die Cloud zu wechseln sind vielfältig. Neben Steigerung von Effizienz, Agilität, Flexibilität und Senkung von Kosten sind es zunehmend auch fehlende IT-Spezialisten, die in Mainframe-Programmiersprachen wie Cobol oder PL/1 versiert sind.

Immer mehr Systementwickler:innen und -administrator:innen mit Mainframe-Kenntnissen gehen in den nächsten Jahren in den Ruhestand. Rund 60 Prozent aller Mainframe-Expert:innen sind heute bereits über 50 Jahre alt. Junge Spezialist:innen für dieses Gebiet kommen kaum nach.

Hinzu kommen Feature-Updates, die in Mainframe-Umgebungen aufwendiger sind als in modernen IT-Landschaften. Als Entwicklungsplattform mit proprietärer Hardware, Netzwerk, Storage und Computersystemen sind Mainframes über viele Jahrzehnte beliebig gewachsen und sehr aufwendig anzubinden.

Die Administration ist daher meist mit hohen Kosten verbunden. Nicht selten entstehen Mainframe-Umgebungen mit „Ecken und Kanten“, was darauf zurückzuführen ist, dass Entwickler:innen beim Implementieren neuer Produkte schon mal einfach ein Stück Code kopieren, ihn umschreiben und wieder einfügen.

Außerdem haben die IT-Verantwortlichen oftmals keinen Überblick, welche Batches an welchen Tagen laufen und ob sie überhaupt notwendig sind. Es gibt keine Datenbank zur Dokumentation. Außerdem fehlen Micro-Services, um Produkte künftig schneller entwickeln zu können. Geplante Produktentwicklungszeiten werden oft nicht eingehalten.  

Jeder Umstieg ist individuell

Die Notwendigkeit zur Digitalisierung in Verbindung mit Kosten- und Qualifikationsfaktoren veranlasst Finanzinstitute immer häufiger, ihre Entscheidung pro/contra Mainframe neu zu bewerten. Sollen sie ihre Legacy-Anwendungen modernisieren? Und wenn ja, wie?

Die Umstellung von Mainframe auf Cloud und die Modernisierung der Altsysteme ist ein anspruchsvolles Unterfangen. Eine „one-size-fits-all“-Lösung oder eine klassische Customer Journey existieren nicht.

Wichtig ist, jeweils die individuelle Ausgangssituation der Unternehmen genau zu beleuchten. Ein umfassendes Assessment zur Analyse der Gegebenheiten bildet die Grundlage für die erfolgreiche Einführung einer Cloud-Lösung. Mit IT-Partnern wie Cognizant ist das innerhalb von sechs bis acht Wochen möglich. Dabei sind viele Fragen zu beantworten:

  • Welche Business-Benefits sollen durch die Mainframe-to-Cloud Ablösung erzielt werden?
  • Inwieweit kann das bisherige Mainframe-System noch modernisiert werden, inwieweit muss es transformiert werden?
  • Welche Komponenten sind irrelevant geworden, weil bestimmte Funktionalitäten nicht mehr benutzt oder betrieben werden?
  • Welche Teile sollen umziehen?
  • Welche Systeme können 1:1 übertragen werden?
  • Was ist betriebswirtschaftlich sinnvoll und rechnet sich?
  • Wie groß und komplex wird das ganze Unterfangen?
  • Welche Prozesse sollen durch die Migration wie laufen?
  • Welche Vorgehensweise ist ratsam: Big Bang oder Small Steps?
  • Mit welchen Kosten ist zu rechnen?

Besser “Cloud Smart” als “Cloud First”

Denken Finanzinstitute über einen Umstieg in die Cloud nach, empfiehlt sich ein smarter Cloud-Ansatz. Der smarte Cloud-Ansatz besteht darin, schrittweise zu modernisieren, stillzulegen, zu ersetzen, mit dem Ziel kurzfristigen Erfolg und langfristigen Geschäftswert zu gewährleisten – anstatt überstürzt alle Arbeits(alt)lasten auf einmal in die Cloud zu migrieren.

Der smarte Ansatz setzt voraus, dass IT-Führungsteams die spezifischen Branchen-und Technologieanforderungen adressieren. Außerdem müssen sie die komplexen Auswirkungen und den vollen Nutzen einer erfolgreichen Cloud-Einführung berücksichtigen, und zwar in Bezug auf Menschen, Prozesse, Technologie, Beschaffung und Geschäftsschnittstellen.

Die Hybrid-Variante: das Beste aus beiden Welten

Für viele Unternehmen ist eine Hybrid-Strategie das probate Mittel zum Erfolg. Sie fügt das Beste aus zwei Welten zusammen, minimiert das Risiko und spart zugleich Kosten.

In der Zielarchitektur können auch moderne Mainframes eine wichtige Rolle spielen. So könnte ein Unternehmen beispielsweise die Ausfallsicherheit von Mainframe-Plattformen nutzen und diese für geschäftskritische Anwendungen einsetzen. Für kundenorientierte Anwendungen hingegen greift es auf die Cloud zurück.

Bereit für das digitale Zeitalter

Die Migration in die Cloud ist ein aufwendiger und intensiver Prozess, der jedoch lohnt. Finanzinstitute, die ihre Legacy-Anwendungen fit für die Digitalisierung machen und eine Cloud-fähige Microservices-orientiere Architektur einführen, ermöglichen die Integration von Daten und Prozessen auf agile und flexible Weise.

Die Integration von Legacy-Anwendungen in moderne Softwareentwicklungsansätze wie DevSecOps bringt die erweiterten Funktionen schneller auf den Markt. Als weiterer Benefit senkt der Umstieg in die Cloud die Gesamtbetriebs- und Instandhaltungskosten.

Die Verlagerung von Mainframe-Anwendungen in die Cloud hat gezeigt, dass Unternehmen ihre Total Cost of Ownership (TCO) um bis zu 35 Prozent und die Anwendungswartung um 38 Prozent senken können.

Die Verlagerung von Legacy-Anwendungen in moderne Cloud-basierte Umgebungen verringert die Abhängigkeit von veralteten und knappen Kenntnissen. Moderne Tools und Ansätze lassen sich über die gesamte Anwendungslandschaft hinweg nutzen.

Die Transformation des Bankwesens durch Cloud-Technologie optimiert die Effizienz des Bankenbetriebs. Mit einem smarten Cloud-Ansatz schöpfen Finanzinstitute das volle Potenzial der Cloud aus und stellen sicher, dass Ihre Investitionen langfristig Bestand haben.

Sie können die Entwicklungen der Cloud-Technologie nutzen, ihre Flexibilität und Agilität erhöhen sowie die Kosten senken. Durch die Modernisierung des Kernbankwesens mit Cloud-Technologien profitieren Banken von schnelleren Innovationszyklen sowie einer zeitgemäßen Developer- und Operations-Experience.

Kunden erhalten verbesserte Bankleistungen. Dabei sollten Anwendungen nicht ohne Strategie im großen Stil in die Cloud verlagert werden.

Es gilt, den richtigen Mix aus Kosten, Risiko und Geschwindigkeit zu finden – flexibel und anpassungsfähig. Die Lösung ist oftmals eine hybride Migrationsstrategie, die Legacy-Aspekte zulässt, die richtige Balance zur Cloud-Umstellung hält sowie neue und bestehende Technologien kombiniert.

*Dr. Ulrich Faisst ist Chief Technology Officer (CTO) für die Region Central Europe bei Cognizant. Dort ist er verantwortlich für die Wachstumsstrategie und stärkt gleichzeitig die Kund:innenorientierung und Technologieführerschaft des Unternehmens in der Region. Ulrich verfügt unter anderem über Expertise in Transformationsstrategien und -umsetzung, Automatisierung und KI, IoT, Cloud, Digital Engineering, SAP und Salesforce. Vor seiner Zeit bei Cognizant war er unter anderem bei Trumpf und Carl Zeiss in leitenden Funktionen tätig, mit einem Schwerpunkt auf der digitalen Transformation. Darüber hinaus beriet er Kunden in der Transformation als Program Manager bei Bain & Company und der Fraunhofer Forschungsgruppe FIT/FIM.

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