Flash-Storage bei Mercedes AMG Petronas

Im Rennstall rund um Lewis Hamilton und Nico Rosberg stapeln sich die Daten. Um Rundenzeiten damit zu verbessern, setzen die ITler bei Storage ausschließlich auf Solid State Arrays (SSA). [...]

Paddy Lowe mag alles, was sich dreht – am liebsten, wenn es sich schnell dreht. Der IT-Verantwortliche bei Mercedes AMG Petronas lauscht zufrieden dem Dröhnen der Boliden, die am Circuit de Catalunya um ihn herum sausen. Lowe sitzt in der VIP-Lounge, nebenan plaudert Rennstall-Mitbesitzer Nikki Lauda mit Besuchern, die gerade aus Barcelona gekommen sind.
Gut 20 Techniker wuseln um die Fahrer Lewis Hamilton und Nico Rosberg. Mit zwei weiteren Kollegen hat Lowe die IT fertig aufgebaut. In seinem Bereich dreht sich jetzt erst mal nichts mehr. Festplatten reisen bei Lowe schon lange nicht mehr mit. „Beim Speichern ist es schön, wenn sich mal nix dreht“, sagt der ansonsten eher unter Strom stehende IT-Mann.
Mercedes greift damit einem Trend vorweg: „IDC ist davon überzeugt, dass das All-Flash-Rechenzentrum für Primär-Storage in Kürze überall Realität sein wird“, meint Eric Burgener, Research Director Storage bei IDC. Damit Flash in höherem Maße auch in sekundären Storage-Umgebungen eingesetzt werden kann, seien jedoch neue Storage-Architekturen von Nöten, die auch bei einer Skalierung eine noch stärkere Kosteneffizienz aufweisen. Denn so schön, wie das Speichern auf SSA auch ist: Erst einmal stehen die Kosten bei der Anschaffung – und die Ablösung der alten Architektur.
Komplexität war nicht mehr schnell genug zu bewältigen
„Früher haben wir eine umfassende Storage-Virtualisierung betrieben, um Lösungen jedes beliebigen Anbieters einsetzen zu können“, sagt Matt Harris, Leiter der IT-Abteilung des Mercedes Formel 1 Teams mit Sitz in England. Die Flexibilität war schön, doch dann sei deutlich geworden, wie sehr die verschachtelte Architektur sich zu einer Bremse entwickelte. Durch den ständig steigenden Speicherbedarf sei eine Komplexität entstanden, die nicht mehr schnell genug zu bewältigen war – im Rennsport ein K.O.-Kriterium.
Ein Administrator betreut 299 TByte
Doch auch dort, wo es nicht um Sekunden geht, sollten CIOs über Architektur und Personalbedarf im Bereich Speicher nachdenken: Die Analysten von Gartner haben in ihrer „IT-Metrics 2015“ ermittelt, wie sehr sich das Verhältnis von Administratoren zu betreuter Speichermenge in den letzten Jahren schon verändert hat: 2010 betreute ein Storage-Administrator im Schnitt noch 81 TByte, 2014 bereits waren es bereits 299 TByte. „Es ist davon auszugehen, dass dieser Wert steigt und somit die Verantwortung der IT-Mitarbeiter für die Datenverfügbarkeit zunehmen wird“, sagt Peter Wüst, der seit April 2016 die Emerging Solutions and Innovation Group EMEA bei NetApp leitet.
Möglicherweise kommt dieses Wachstum auch von Festplatten. Das Advanced Storage Technology Consortium1 (ASTC) schätzt, dass im Jahr 2025 erste Festplatten mit 100 TB zum Einsatz kommen. Ob sich der hierfür notwendige technologische Aufwand bei den fallenden Flash-Preisen rechne, das wagt Wüst jedoch zu bezweifeln. Er rät in jedem Fall dazu, den Einsatz von Flash zu prüfen. Dies schließe die Frage ein, ob Backup-Kopien auf schnellem Flash-Speicher gesichert werden müssen, meint Wüst: „Das kann sinnvoll sein, wenn ein sehr schnelles Umschalten im Disaster-Recovery-Fall verlangt wird“.
Schnelle Speicherarchitektur mit schneller Anbindung
Für Matt Harris, Paddy Lowe und ihre Mercedes-Kollegen kam am Ende ein ganz anderes Argument zum Tragen: Das Team reist im Jahr zu 21 Austragungsorten. Von überall auf der Welt muss mit möglichst wenigen Mitarbeiten eine schnelle Speicherarchitektur mit schneller Anbindung an die Zentrale in UK aufgebaut werden. Die IT wird genauso geflogen, wie das meiste andere Equipment. „Die Entscheidung für die Flashtechnik fiel uns leicht, als wir feststellten, dass wir ohne sperrige Hardware unsere Performance steigern und außerdem noch Geld sparen konnten,“ erklärt Harris“, ganz einfach, indem wir die Technologie überall hin mitnehmen konnten.
„FlashBlade“ – speichern für einen Dollar pro GB
Pure Storage kündigt mit „FlashBlade“ eine All-Flash-Storage-Plattform an, mit der sich unstrukturierte Datenvolumen speichern und nahezu latenzfrei zugänglich machen lassen. Der Anbieter verspricht ein flexibles Scale-out-System, mit dem Unternehmen All-Flash-Leistung für weniger als einen US-Dollar pro GB erhalten. Eric Burgener von IDC meint dazu: „Die Ankündigung zeigt, dass Pure Storage jetzt über ein integriertes Portfolio von All-Flash-Angeboten verfügt, die Block-, Datei- und/oder Objektzugriff unterstützen und sowohl primäre als auch sekundäre Storage-Umgebungen kosteneffizient abdecken.“
Die Ergebnisse bisher
Heute kommt bei Mercedes AMG Petronas die Speichertechnik von Pure Storage zum Einsatz: Zwei FlashArray//m70-Arrays und vier FlashArray//m20-Arrays werden in drei Paaren ausgeführt. Gleichzeitig kommt FlashStack CI zum Einsatz, die konvergierte All-Flash-Infrastrukturlösung von Pure Storage. Harris lobt folgende Ergebnisse:
  • Das Mercedes Team kann mittlerweile während der normalen Betriebszeiten unterbrechungsfrei eine Kapazität von 40 TB nutzen.
  • Die FlashArrays waren in vier Stunden betriebsbereit, statt wie bei früheren Installationen in sechs bis acht Wochen
  • Transaktionen wie das Öffnen der Telemetriedateien von Rennwagen wurden um 35 Prozent beschleunigt.
  • Die Verarbeitungszeiten für SQL-Abfragen am Backend wurden um 95 Prozent verkürzt.
  • Services können schneller erbracht werden – die IT kann beispielsweise 60 oder 70 virtuelle Maschinen pro Tag aufstellen statt wie zuvor nur eine oder zwei.
„Wir machen Lewis schneller“, jubiliert denn auch David Hatfield, Präsident bei Pure Storage. „Storage sollte wirklich in keinem Bereich mehr ein Bottleneck sein“, findet Hatfield, wobei ihm dann gleich ein Fall einfällt, bei dem das wohl eintreten wird: Die Federation Internationale de l’Automobile (FIA) hat sich ein neues Verfahren ausgedacht, um in Zukunft den Druck in den Reifen zu messen. Nachdem sich Mercedes dabei in letzter Zeit einen netten kleinen Vorteil herausgearbeitet hatte – in verschiedenen Quellen auch Trickserei genannt – müssen jetzt wieder neue Wege gefunden werden, um die richtigen Reifen zu errechnen.
Die Herausforderung: Intelligenz aus Bändern holen
Harris, Lowe und ihre Mercedes-Kollegen können dabei auf Jahrzehnte von Daten zurückgreifen. In den 80er Jahren habe es schon mal vergleichbare Rennordnung gegeben, die man jetzt vielleicht aufschlussreich analysieren könne, meint Hatfield. Problem: Alle Daten liegen auf Tapes. „Die Intelligenz aus den Bändern zu holen, das wird noch eine größere Herausforderung“, meint der Pure Storage Präsident.
* Horst Ellermann ist Herausgeber des CIO-Magazins.

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