Touchscreens sind praktisch, noch praktischer aber wären Touchless-Screens. Denn auch wenn mit berührungsempfindlichen Bildschirmen der Siegeszug der Smartphones begann und Bank- oder Fahrkartenautomaten über sie gesteuert werden, haben sie einige Nachteile. So zeigen Touchscreens mit der Zeit mechanischen Verschleiß und wirken als Übertragungsweg für Bakterien und Viren. Um das zu vermeiden, haben Forscher des Stuttgarter Max-Planck-Instituts für Festkörperforschung und der Ludwig-Maximilians-Universität München nun Nanostrukturen entwickelt, die ihre elektrischen und wahlweise auch ihre optischen Eigenschaften ändern, sobald sich ihnen ein Finger nur nähert. [...]
Ein berührungsloser Bildschirm könnte sich eine menschliche Eigenschaft zunutze machen, die lebenswichtig, aber manchmal auch unangenehm ist: Unser Körper schwitzt – und gibt durch winzige Poren in der Haut ständig Wassermoleküle ab. Forscher vom Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart haben jetzt die Transpiration eines Fingers sichtbar gemacht – mit einem besonderen Feuchtigkeitssensor. Dieser spricht sofort an, sobald sich ihm etwa ein Zeigefinger bis auf wenige Millimeter nähert. Dabei wird die distanzabhängige Feuchtigkeitsmenge in ein elektrisches Signal oder in eine Farbänderung umgewandelt und kann somit gemessen werden.
Antimon-Phosphorsäure bringt dafür die nötigen Voraussetzungen mit. Dabei handelt es sich um einen bei Raumtemperatur kristallinen Feststoff, dessen Struktur aus schichtartig angeordneten Antimon-, Phosphor-, Sauerstoff- und Wasserstoffatomen aufgebaut ist. „Von diesem Material weiß man schon länger, dass es Feuchtigkeit gut aufnehmen kann und dabei stark quillt“, erklärt Pirmin Ganter, Doktorand in der Gruppe von Bettina Lotsch am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung und am Department Chemie der Ludwig-Maximilians-Universität München. Diese Wasseraufnahme verändert auch die Eigenschaften des Materials. So nimmt mit der Anzahl der eingelagerten Wassermoleküle etwa die elektrische Leitfähigkeit zu. Diese kann somit als Maß für die umgebende Feuchtigkeit dienen.
ÜBER UMWEGE
Doch die Forscher haben gar nicht so sehr im Sinn, einen neuen Feuchtigkeitssensor zu entwickeln. Ihnen geht es um den Einsatz in berührungslosen Displays. „Da diese Sensoren sehr lokal auf Feuchtigkeitserhöhung reagieren, ist es vorstellbar, dass sich ein solches Material mit feuchtigkeitsabhängigen Eigenschaften auch für berührungslos steuerbare Displays und Monitore verwenden lässt“, so Ganter. Bei derartigen Touchless-Screens müsste sich ein Finger dem Bildschirm nur nähern, um etwa die elektrischen oder optischen Eigenschaften – und damit das Eingabe-Signal – an einer konkreten Stelle des Bildschirms zu verändern.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Auf Basis der Antimon-Phosphate entwickelten die Stuttgarter Forscher nun eine photonische Nanostruktur, die auf Feuchtigkeit mit einer Farbänderung reagiert. „Im Falle einer Bildschirmanwendung hätte der Nutzer dann ein sichtbares Feedback für seine Fingersteuerung“, erklärt Katalin Szendrei, ebenfalls Doktorandin in der Gruppe von Bettina Lotsch. Zu diesem Zweck erzeugten die Forscher ein mehrlagiges Sandwich, in dem sich ultradünne Antimon-Phosphat-Schichten jeweils mit Lagen entweder aus Siliciumdioxid- (SiO2) oder Titandioxid-Nanopartikeln (TiO2) abwechseln. Der Stapel aus insgesamt mehr als zehn Schichten erreichte am Ende eine Höhe von wenig mehr als einem Millionstel Meter.
Be the first to comment