Frauen in IT-Jobs: Ein „Danke“ reicht nicht mehr

WeAreDevelopers-Studie: Weibliche Developer sind loyal, wollen aber gutes Gehalt und Förderung. [...]

Frauen zeigen im Schnitt mehr Loyalität und warten erst einmal ab, bevor sie überhastet das Handtuch werfen. (c) Unsplash
Frauen zeigen im Schnitt mehr Loyalität und warten erst einmal ab, bevor sie überhastet das Handtuch werfen. (c) Unsplash

Händeringend suchen Unternehmen nach neuen Talenten mit IT-Knowhow – besonders Developer sind gefragt. So kann sich keine Firma leisten, einen Teil der Erwerbsbevölkerung wie das sprichwörtliche Stiefkind zu behandeln. Gerade Frauen sind in der IT-Branche nach wie vor unterrepräsentiert, was den Talente-Pool schmerzlich verkleinert.

Die Job-Plattform WeAreDevelopers hat deshalb in einer Studie genau hingesehen, auf welche Bedürfnisse weiblicher Developer ein Arbeitgeber eingehen muss, um für potenzielle Kandidatinnen attraktiv zu sein. Dabei zeigt sich für alle Geschlechter, wie sie für ihre Leistung belohnt werden möchten: An erster Stelle steht ganz logisch das Gehalt.

Gleich danach wünschen sich Developer die Möglichkeit, an interessanten Projekten zu arbeiten sowie Unterstützung in ihrer persönlichen Weiterentwicklung.

Gefragt sind Anerkennung, Weiterbildung und Flexibilität

Besonders für Frauen (60 Prozent der Befragten) ist es heute wichtiger denn je, dass ihr beruflicher Erfolg auch anerkannt wird (Männer: 50 Prozent). Während verhältnismäßig viele Männer sich auch über Wertschätzung durch Partys, ein „Shout-out“ oder ein ganz einfaches „Danke“ freuen, lassen sich Frauen nicht mehr so leicht abkanzeln.

Sie wollen für ihre erbrachte ihre Leistung auch nachhaltig gefördert werden, etwa durch Weiterbildung. Weibliche Developer haben es satt, immer nur durch Bescheidenheit zu punkten. Das zeigt sich auch beim Wunsch nach einer Gehaltserhöhung, der bei Frauen (62 Prozent) inzwischen ausgeprägter ist als bei Männern (57 Prozent).

Flexibilität von Seiten des Arbeitgebers wünschen sich erwartungsgemäß Männer wie Frauen, besonders bei der Arbeitszeit. Für weibliche Developer ist zudem der Wunsch nach flexiblen Remote-Arbeitsmöglichkeiten (50 Prozent) besonders wichtig. Auch das menschliche Umfeld spielt für Frauen eine größere Rolle.

24 Prozent von ihnen ist besonders wichtig, mit welchen Kolleginnen und Kollegen sie zusammenarbeiten (Männer: 17 Prozent). Entwicklerinnen erkundigen sich auch beim Bewerbungsgespräch besonders oft nach den Menschen, mit denen sie im potenziellen neuen Job täglich zu tun hätten.

Wenn es um konkrete Unterstützung durch die Vorgesetzten geht, zeichnen sich Frauen (50 Prozent) nicht nur durch den klaren Wunsch nach mehr persönlichem und fachlichem Feedback aus (Männer: 42 Prozent). Sie sind es auch, die sich überdurchschnittlich oft (35 Prozent) die Möglichkeit wünschen, an einem Mentoring-Programm teilzunehmen (Männer: 22 Prozent).

Frau wirft nicht so schnell das Handtuch

Langeweile im Job – das wird für motivierte Tech-Talente und damit für ihre Arbeitgeber schnell zum Problem. Die meisten sprechen ihre Vorgesetzten darauf an oder suchen sich selbst eine Beschäftigung, um ausgelastet und herausgefordert zu bleiben. Männer sind aber auch schneller dabei, sich in ihren Netzwerken nach offenen Stellen zu erkundigen, Job-Angebote zu sichten oder mit Headhunter zu reden.

Ein weiterer, triftiger Grund für schlaue Unternehmer, sich besonders um Mitarbeiterinnen zu bemühen: Diese zeigen im Schnitt mehr Loyalität und warten erst einmal ab, bevor sie überhastet das Handtuch werfen.

Wenn Frauen den Job dann aber doch wechseln, sind folgende Gründe gerade im Vergleich zu Männern ausschlaggebend: Gehalt (37 Prozent zu 33 Prozent), eine schlechte Arbeitsatmosphäre (36 Prozent zu 28 Prozent) sowie stressige oder ineffiziente Arbeitsbedingungen (33 Prozent zu 27 Prozent).

Auch unfaire, unklare oder intransparente Beförderungen im Unternehmen sind für weibliche Developer ein besonders großer Frustrationsfaktor (30 Prozent zu 21 Prozent).

Diskriminierung ist spürbares Problem

Dass Diskriminierung auch im IT-Sektor ein Problem darstellt, belegt die Mehrheit der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer. 55 Prozent gaben an: „Ich habe mich am Arbeitsplatz schon einmal diskriminiert gefühlt beziehungsweise Diskriminierung gesehen.“

Am häufigsten beziehen sich diese negativen Erfahrungen auf Rassismus, doch auch sexistische Diskriminierung ist ein Thema und damit Signal für Handlungsbedarf.

Das zeigt sich auch in einem Gender Gap: Von den Studienteilnehmern sind es die Frauen, von denen 72 Prozent schon einmal Diskriminierung im Job erlebt oder beobachtet haben – im Gegensatz zu 61 Prozent der Männer.

Das zeigt sich auch schon in Job-Interviews: Weibliche Developer waren laut Umfrage schon etwas öfter mit unprofessionellen Gesprächspartnerinnen und -partnern, Respektlosigkeit und indiskreten oder unzulässigen Fragen konfrontiert.

Über die Studie

Die große Umfrage „Arbeiten im IT-Bereich. Erwartungen, Präferenzen und Herausforderungen von IT-Fachkräften in der DACH-Region“ erfasst systematisch die Erfahrungen, Wünsche und Arbeitsrealitäten von Entwicklerinnen und Entwicklern in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Für die Studie hat das Marktforschungsinstitut Focus im Auftrag von WeAreDevelopers 2022 eine repräsentative Stichprobe von 756 IT-Fachkräften aller Levels und Wirtschaftsbereiche in Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt. Der komplette Bericht mit allen Ergebnissen kann hier herunterladen werden.


Mehr Artikel

Frauen berichten vielfach, dass ihre Schmerzen manchmal jahrelang nicht ernst genommen oder belächelt wurden. Künftig sollen Schmerzen gendersensibel in 3D visualisiert werden (c) mit KI generiert/DALL-E
News

Schmerzforschung und Gendermedizin

Im Projekt „Embodied Perceptions“ unter Leitung des AIT Center for Technology Experience wird das Thema Schmerzen ganzheitlich und gendersensibel betrachtet: Das Projektteam forscht zu Möglichkeiten, subjektives Schmerzempfinden über 3D-Avatare zu visualisieren. […]

News

KI ist das neue Lernfach für uns alle

Die Mystifizierung künstlicher Intelligenz treibt mitunter seltsame Blüten. Dabei ist sie weder der Motor einer schönen neuen Welt, noch eine apokalyptische Gefahr. Sie ist schlicht und einfach eine neue, wenn auch höchst anspruchsvolle Technologie, mit der wir alle lernen müssen, sinnvoll umzugehen. Und dafür sind wir selbst verantwortlich. […]

Case-Study

Erfolgreiche Migration auf SAP S/4HANA

Energieschub für die IT-Infrastruktur von Burgenland Energie: Der Energieversorger hat zusammen mit Tietoevry Austria die erste Phase des Umstieges auf SAP S/4HANA abgeschlossen. Das burgenländische Green-Tech-Unternehmen profitiert nun von optimierten Finanz-, Logistik- und HR-Prozessen und schafft damit die Basis für die zukünftige Entflechtung von Energiebereitstellung und Netzbetrieb. […]

FH-Hon.Prof. Ing. Dipl.-Ing. (FH) Dipl.-Ing. Dr. techn. Michael Georg Grasser, MBA MPA CMC, Leiter FA IT-Infrastruktur der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft m.b.H. (KAGes). (c) © FH CAMPUS 02
Interview

Krankenanstalten im Jahr 2030

Um sich schon heute auf die Herausforderungen in fünf Jahren vorbereiten zu können, hat die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft (KAGes) die Strategie 2030 formuliert. transform! sprach mit Michael Georg Grasser, Leiter der Fachabteilung IT-Infrastruktur. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*